Keine Zukunft für Mainframes als Datenserver

DG-Manager sagt rasches Ende der proprietären Systeme voraus

02.08.1991

MÜNCHEN (CW) - Die Welt der proprietären Midrange-Systeme und der Großrechner geht unter. Noch in diesem Jahrzehnt, so prophezeit Edson DeCastro, Gründer und Senior Chairman h.c. der Data General Corp. (DG), Westboro/ Massachusetts, werden sie von offenen Client-Server-Umgebungen verdrängt.

DeCastro verkündete in einer Rede vor der Venture Association in Morristown/New Jersey, das Ende der Midrange- und Großsysteme, deren Boom er vor Jahren maßgeblich mitherbeigeführt hat: "Es würde mich wundern, wenn es in zehn Jahren noch VAX-Rechner und 390-Mainframes gäbe."

Für den DG-Manager entwickelt sich die DV-Zukunft in den kommenden Jahren eindeutig zugunsten von Client-Server-Umgebungen mit dem Unix-Betriebssystem. Die ersten Anwenderunternehmen hätten bereits begonnen, ihre Applikationen schrittweise vom Mainframe abzuziehen. Langfristig werde diese Migration die großen Rechner überflüssig machen.

Die häufig genannte Möglichkeit, die proprietären Systeme als Datenserver im Client-Server-Konzept einzusetzen, sieht DeCastro nicht: "Die Anwender werden sich ausrechnen, daß Großrechner zu teuer sind, um auf ihnen lediglich Daten zu halten, und sie deshalb durch dedizierte Datenbankserver ersetzen."

"Der Großrechner wird nicht verschwinden, und schon gar nicht in den 90er Jahren", widerspricht Ben Parke, President der IBM-Großkundenvereinigung Guide International, der Prognose des DG-Gründers. Seiner Ansicht nach werde das Phänomen "Downsizing" weit überschätzt. Einen generellen Trend in diese Richtung könne er nicht ausmachen. Dafür seien die Umstellungskosten auf kleinere Hardwareplattformen viel zu hoch.

Der Guide-Vorsitzende vertraut eigenen Angaben zufolge darauf, daß IBM seine Mainframe-Kunden weiterhin mit neuen Produkten unterstützt. Dagegen äußerte DeCastro die Überzeugung, daß selbst Big Blue seine Großrechner-Flaggschiffe durch RISC-Systeme ersetzen werde. "Die IBM weiß, daß sie nie mehr in der Lage sein wird, ein proprietäres System am Markt durchzusetzen", zitiert ihn die CW-Schwesterpublikation "Computerworld".

Der Manager h.c. von Data General geht bei diese Behauptung davon aus, daß IBM in den vergangenen Jahren ähnliche Erfahrungen gemacht hat wie sein Unternehmen. Die Data General Corp., die wie alle Hardwareproduzenten mit stagnierenden Absätzen zu kämpfen hat, verdankt es vor allem den Unix-Workstations der Aviion-Reihe, daß sie nach zwei Verlustjahren wieder schwarze Zahlen schreiben kann. Auch bei Big Blue ordern die Kunden mit der RS/6000 bevorzugt einen Unix-Rechner.