Pearl im Schwebezustand zwischen Zerfledderung und Normierung:

DFVLR/BMFT: Spacelab-Prozesse mit Pearl steuern

21.12.1979

OBERPFAFFENHOFEN - Pearl sei als höhere, weitgehend rechnerunabhängige Programmiersprache dazu geeignet, anspruchsvolle Prozeßsteuerungsaufgaben in der nutzungsorientierten Raumfahrt zu lösen. Ferner habe Ministerialrat Dr. Gottfried Greger vom BMFT inzwischen angeordnet, daß Pearl für alle Programmierungen vorzusehen ist, die im Bereich des deutschen Anteils am Spacelab-Projekt anfallen. Dies nannte Forschungsbeauftragter August Kurau als Hauptergebnis des von ihm geleiteten Vorhabens "EBOSIPES".

EBOSIPES (Erarbeiten von benutzerorientierten Softwaremoduln in Pearl für Experimentatoren im Spacelab) ist ein Vorhaben, das die Deutsche Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt (DFVLR) e. V. unter der Projecktträgerschaft "Prozeßlenkung mit DV-Anlagen (PDV)" des Kernforschungszentrums Karlsruhe (KfK) jetzt beendet hat - pünktlich mit dem Auslaufen der Fördermittel aus dem dritten DV-Programm der Bundesregierung.

Das am 13. und 14. Dezember im Forschungszentrum Oberpfaffenhofen der DFVLR zur EBOSIPES-Abschlußpräsentation versammelte Gremium von Pearl-Experten aus Forschung und Wirtschaft ließ sich in einer Vielzahl von Referaten über den Stand der Forschung und über Anwendungsbeispiele unterrichten aus den Gebieten

- Historie der "Process and Experiment Automation Realtime Language (PEARL)",

- industrielle Pearl-Implementationen (Dornier, AEG, Krupp-Atlas, DEC),

- EBOSIPES,

- diverse Spacelab-Spezialuntersuchungen.

Die Versammlung beschloß für den 18. Dezember die Gründung eines Pearl-Vereins in Karlsruhe, dessen Geschäftsstelle im Düsseldorfer VDI-Gebäude untergebracht werden soll. In einer Aussprache zum Abschluß der Veranstaltung verwies Diskussionsleiter Professor Dr. Helmut Rzehak von der Bundeswehrhochschule München darauf,

- daß Basic-Pearl - "damals als gemeinsamer Durchschnitt aller Implementierungen entstanden" - inzwischen als Kandidat für eine internationale Norm bei der International Organization for Standardization (ISO) eingereicht und ein baldiger Beschluß zu erwarten sei,

- daß Full-Pearl dem DIN-Gremium als Beschreibung vorliege.

Rzehak rief die Pearl-Anwender dazu auf, die nach der Herausgabe des DIN-Normentwurfs zur Verfügung stehende Einspruchsfrist im Interesse der Sache zu Verbesserungsvorschlägen zu nutzen. Die Schwierigkeiten einer Full-Pearl-Normung, die sich aus der Existenz der Untermenge Basic-Pearl ergäben, bezeichnete er als gering.

Die Versammlung war sich darin einig, daß eine "Sprachzerfledderung", ähnlich wie sie bei Cobol zu beobachten sei und durch die Herausbildung diverser Pearl-Subsets bereits eingetreten sei, mit allen Kräften vermieden werden müsse. An die Programmierer erging der Tip, wegen der "mächtigen" Pearl-Statements, die viel run-time beanspruchten, betont zurückhaltend zu programmieren. Dr. Theodor Martin (KfK) meinte mit Blick auf den "riesigen Pearl-Markt", die freie Wirtschaft sei selbst schuld, wenn sie jetzt nichts tue.

Forschungsbeauftragter Kurau faßte zusammen, die besondere Eignung von Pearl für Langfrist-Projekte und komplexe Prozesse beruhe darauf, daß es - anders als etwa Fortran - die Echtzeit - Bedingungen exakt festlege und alle Dokumentationserfordernisse erfülle. Zudem sei die Mensch/Maschine-Schnittstelle bei Pearl ein ausgesprochener

Pluspunkt. Von diesen Qualitäten ist auch das Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) der Fraunhofer-Gesellschaft überzeugt: Sie will als Ergebnis der Oberpfaffenhofener Tagung auf die Pearl-Implementierung durch Digital Equipment warten.

Deutsche Inforex stabil

FRANKFURT - Die amerikanische Inforex Inc., Burlington, Massachusetts, hat wie berichtet (CW Nr. 50 vom 14. Dezember) ihren Personalbestand um 25 Prozent abgebaut. Die deutsche Inforex GmbH, Frankfurt, legt Wert auf die Feststellung, daß sie von diesen Maßnahmen nicht betroffen ist.