Anforderungen an strategische Planung steigen bei den Zulieferbetrieben:

DFÜ muß Online-Verarbeitung einkalkulieren

20.06.1986

Neue Zeiten brechen für die Datenfernübertragung an: In den typischen Anwendungsbereichen ist ein reiner Datenaustausch durch Filetransfer nicht länger ausreichend, vielmehr wird der Durchgriff auf Online-Systeme notwendig. Daraus erwächst die Forderung nach einem universell einsetzbaren DFÜ-Konzept im Rahmen einer integrierten Gesamtlösung (CIM). Johannes Laxander* zeigt ein Beispiel aus der Kfz-Zuliefererbranche.

Der Druck der Automobilhersteller auf ihre Zulieferer wächst: Mit der DFÜ soll das Just-in-time-Konzept der Kfz-Hersteller weiter ausgebaut und schneller realisiert werden. Doch damit steigen auch die Anforderungen an die strategische Planung bei den Zulieferbetrieben.

Während allerdings in den letzten Jahren Dispositionsverfahren und logistische Abwicklungen im Vordergrund standen, nehmen in jüngster Zeit Fragen der Qualitätssicherung und der Chargen- oder Stückverfolgung einen immer höheren Stellenwert ein. Darüber hinaus stellt die Forderung nach zusätzlichen Bearbeitungsschritten im Fertigungs- und Montagebereich, vor allen Dingen monostrukturierte Unternehmen wie Gießereien, Schmieden, Preßwerke und ähnliche, vor erhebliche organisatorische Probleme.

Mit der Diskussion der Datenaustauschverfahren ist nur eine Komponente der Gesamtproblematik in den Vordergrund gerückt worden. Für viele Zulieferer sitzt das Problem tiefer. Sie sind gerade erst mit viel Mühe neue organisatorische Strukturen auf der Produktions-, Planungs- und Steuerungsebene angegangen. Auch die Einbindung von CAD-/CAE-Komponenten in eine umfassende CIM-Lösung ist ihnen ins Bewußtsein gerückt. Jetzt sollen sie also durch Übernahme von Fortschrittszahlen ihre mit Mühe aufgebauten Produktionsanlagen- und verfahrensorientierten Optimierungssysteme zugunsten einer Just-in-time-Planung aufgeben.

Funktionsfähiges PPS sorgt für hohe Lieferfähigkeit

DFÜ-Disposition und Produktionsplanung kann und soll sicherlich nicht der Sinn neuer Dispositions-Strategien sein. Vielmehr versetzt ein funktionsfähiges PPS den Zulieferer eigentlich erst in die Lage, hohe Lieferfähigkeit zu garantieren, ohne gleichzeitig Bestände aufzubauen; dies um so mehr, als viele Betriebe Vormaterialien oder Zukaufteile längerfristig disponieren müssen. In anderen Unternehmen veranlassen tiefe Fertigungsstrukturen das Puffern von Baugruppen. Wenn darüber hinaus dann noch baugleiche Teile verschiedener Kfz-Hersteller erst in der Endmontage zum Ident-Teil werden, wird deutlich, daß Liefereinteilungen und Abrufe als Bedarfsverursacher nicht allein die Produktionsterminierung bestimmen dürfen.

Aufgrund der bereits aufgezeigten Aspekte muß eine der Materialdisposition vorgelagerte enderzeugnisorientierte Planung unter Berücksichtigung der verfügbaren Ressourcen erfolgen. Dadurch kann die Materialbedarfsplanung von den direkten Auswirkungen wie Ressourcenbeschränkungen, mangelnde Verfügbarkeit kritischer Komponenten und Materialien, zu großer Planungshorizont und zu häufige Änderungen entlastet werden. Gleichzeitig aber kann bezüglich der Langfristplanung ein über den Planungshorizont der Kfz-Hersteller hinausreichender eigener Planungshorizont abgedeckt werden.

Ein direkter Nutzen entsteht schon dann, wenn die Wiederbeschaffungszeit für bestimmte Materialien an die Grenze des Planungshorizonts der Vorschauen heranreicht oder dieser gar überschritten wird. Längerfristig führt dies zu realistischeren Produktionsprogrammen und damit auch zum Balancing zwischen Bedarf, Bestandspolitik und verfügbaren Ressourcen. Voraussetzung ist eine im PPS integrierte EDV-technische Anwendungslösung und eine EDV-mäßig unterstützte Historienverfolgung zur eigenen Einschätzung der Entwicklung der Lieferabrufe über den vom Kunden vorgegebenen Planungshorizont hinaus.

Eigentliche Abwicklung erfolgt auf Vorrechner

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie ein gutes Lösungskonzept aussehen sollte:

Die eigentliche DFÜ-Abwicklung erfolgt auf einem Vorrechner. Die hierfür entwickelte Software unterstützt im Senden und Empfangen von Daten alle gängigen Übertragungsprozeduren und Übertragungswege. Ebenso können unterschiedliche Datenformate verarbeitet werden.

DFÜ-Anwendungsinterfaces übernehmen die gesendeten Lieferabrufe und stellen diese automatisch in die Kundenauftragsdatenbank ein, erstellen Nachweise über dispositive Veränderungen und zeigen erforderliche Eingriffe beim Mengenabgleich oder in der kurzfristigen Produktionsplanung auf.

Mit den LEA-Funktionen (Liefereinteilungen für Erstausrüster der Automobilindustrie) erfolgt die Abwicklung von Liefereinteilungen und Abrufen. Damit ist auch sichergestellt, daß eine Zug-um-Zug-Umstellung auf DFÜ möglich ist. Diese Funktionen sind in die Kundenauftragsbearbeitung eingebunden. Über die Produkt- und Planungsdatenbank ist auch die Anbindung an das PPS sichergestellt.

Zunehmende Vernetzung ist das zentrale Thema

History-Verfolgung mit der Betrachtung der Entwicklung der Lieferabrufe über längere Zeiträume, unterstützt den Abgleich und die Disposition für das kundeneigene PPS.

Alle diese Aktivitäten müssen unter dem Blickwinkel der immer stärkeren Vernetzung der Unternehmen im Zuge von Company-to-Company-Abwicklungen gesehen werden. Der Kfz-Zulieferer wird ähnliche Strategien mit seinem Zulieferer anwenden. Für all diese Aktivitäten sind ein gut funktionierendes PPS und integrierte DFÜ-Abwicklungen in alle Richtungen unabdingbare Voraussetzungen. Eingebunden in unternehmensspezifische CIM-Lösungen wird der Betrieb auch für Just-in-time-Konzepte die Beweglichkeit erhalten, zukünftige Anforderungen auch und vor allen Dingen qualitativ zu erfüllen.

*Johannes Laxander ist Leiter des Ressorts Industrieanwendungen der Systor GmbH, Essen.