Bundesregierung hält an ihrer Online-Strategie fest

Deutschland rutscht im E-Government-Ranking weiter ab

09.01.2004
MÜNCHEN (CW) - Laut einer Studie von TNS Emnid fällt Deutschland im internationalen E-Government-Ranking um einen Rang auf Platz 19 zurück. Trotzdem wollen Vertreter der Bundesregierung weiter an der Strategie des "Bund-Online-2005"-Projekts festhalten.

Zwar nutzen in Deutschland mittlerweile 53 Prozent aller Menschen das Internet, das sind drei Prozent mehr als noch zur Jahresmitte 2003. Jedoch kann die Akzeptanz von E-GovernmentAngeboten da nicht mithalten. Zu diesem Ergebnis kommen die Marktforscher von TNS Emnid in ihrer Studie "Government Online 2003", in der 32 Staaten bewertet wurden. Demnach haben im vergangenen Jahr rund 55 Prozent aller deutschen Online-Nutzer E-Government-Angebote im Netz angesteuert. Ein Jahr zuvor lag die Quote noch bei 57 Prozent.

"Zwar ist eine Vielzahl von Angeboten online, sie werden jedoch von den Bürgern offenbar kaum wahrgenommen", berichtet Tristan Helmreich, Senior Research Consultant bei TNS Emnid. Es müssten endlich mehr attraktive Angebote ins Netz gestellt werden, fordert er. Nur dann könne sich die Einbahnstraße vom Anbieter zum Nutzer in einen beiderseitig stärker genutzten virtuellen Daten-Highway wandeln.

Der überwiegende Teil der Internet-User nutzt das E-Government-Angebot, um sich Informationen zu beschaffen. Acht Prozent laden Daten von den Behördenseiten herunter, und nur sechs Prozent wickeln Transaktionen mit Angaben zur Kreditkarten- und Kontonummer über das Internet ab. Vor allem Sicherheitsbedenken lassen viele Bürger vor den E-Government-Transaktionen zurückschrecken. 81 Prozent der deutschen Internet-Nutzer halten diesen Weg für zu unsicher. Die internationale Quote liegt in diesem Punkt bei 58 Prozent.

Das Ranking in Sachen E-Government-Nutzung führen skandinavische Länder an. An der Spitze liegt Dänemark knapp vor Norwegen. Hier nutzen 63 beziehungsweise 62 Prozent aller Menschen die Online-Angebote der Regierungen. Auf Platz drei folgt Finnland mit einer Quote von 58 Prozent. Deutschland liegt mit seinem Anteil von 26 Prozent hinter Südkorea und Irland sowie knapp vor Italien und der Tschechischen Republik.

"E-Government ist in Deutschland auf einem guten Weg", glaubt dennoch Bundesinnenminister Otto Schily. Derzeit seien 248 Dienstleistungen der Bundesverwaltung online zugänglich. Bis Ende 2005 sollen es 449 sein. Damit liege die Regierung mit ihrem Projekt Bund Online 2005 voll im Zeitplan. Anlässlich einer Zwischenbilanz von Mitte Dezember 2003 führt der Minister die Versteigerungsplattform "Zoll-Auktion" sowie das statistische Informationssystem "Genesis Online" als beispielhaft an.

Rund 1,4 Milliarden Euro will Schily bis 2005 in das Projekt Bund Online 2005 investieren. Im Gegenzug versprechen die IT-Verantwortlichen des Bundes dem Minister ein jährliches Einsparpotenzial von etwa 400 Millionen Euro. Weiter gespart werden soll mit einer neuen elektronischen Vergabeplattform. So sollen bis 2005 alle Bundesbehörden ihre Beschaffungsmaßnahmen auf ein elektronisches System umstellen und ihre Waren künftig über ein virtuelles Kaufhaus online bestellen. Davon erhoffen sich die Verantwortlichen Synergieeffekte und eine verbesserte Effizienz.

IT gleicht einem Flickenteppich

Daran wollen Skeptiker in Wirtschaft und Verbänden noch nicht so recht glauben. Nach ihrer Einschätzung haben gerade Länder und Kommunen in den vergangenen Jahren mit hohem Aufwand eigene IT-Verfahren entwickelt und implementiert. Die IT-Landschaft innerhalb der Verwaltung gleiche deshalb einem Flickenteppich, moniert Erwin Staudt, Vorstandsvorsitzender der Initiative D21. Um dies zu überwinden, benötige Deutschland einen Masterplan sowie einen Bundesbeauftragten für E-Government.

Göttrik Wewer, verantwortlicher Staatssekretär im Innenministerium, will von diesen Forderungen nichts wissen. Damit schaffe man nur eine weitere Bürokratieebene. Außerdem sei mit der dem Ministerium unterstellten Koordinierungs- und Beratungsstelle bereits die notwendige Organisationsstruktur geschaffen. (ba)