Bundesregierung weiterhin phlegmatisch

Deutschland ist als IT-abhängiges Land auf das Jahr 2000 nur mäßig vorbereitet

10.09.1999
MÜNCHEN (vwd/CW) - Rund 100 börsennotierte Unternehmen sehen sich durch das Jahr-2000-Problem kaum gefährdet. Externe Kritiker sind anderer Meinung.

Eine Umfrage der Nachrichtenagentur "vwd" unter insgesamt rund 100 börsennotierten Unternehmen ergab für 23 als Dax-Wert gehandelte Firmen ein sehr niedriges Gefährdungspotential. Auf einer Skala von eins (nicht gefährdet) bis zehn (sehr gefährdet) ermittelte "vwd" für diese Betriebe einen Mittelwert von 1,56. Der höchste angegebene Wert lag bei fünf.

Bei den übrigen 77 befragten börsennotierten Firmen ergab sich ein Mittelwert von 2,1. Hier lag die höchste Einzelnennung bei acht. Jeweils drei Unternehmen stuften sich selbst mit sechs beziehungsweise fünf ein. Die Mehrheit der Unternehmen, so "vwd" weiter, rechnet mit einem schadlosen Wechsel in das Jahr 2000.

Diese Selbstaussagen sind aber mit Vorsicht zu genießen. Zum einen kann es sich kein Unternehmen leisten, für seinen Betrieb ein erhöhtes Gefährdungspotential zuzugeben. Aus diesem Grund weigern sich auch fast alle Firmen, ihre Produkte als risikobehaftet zu deklarieren.

Mit Blick auf die Jahr-2000-Vorbereitungen ganzer Staaten erstellten die britischen Finanzanalysten Warburg Dillon Read einen "Y2K Misery Index". Er basiert auf zwei unterschiedlichen Einstufungen, die die Gartner Group für Nationen vorgenommen hat. Zum einen ermittelten die Marktforscher den Status der Jahr-2000-Vorbereitungen einzelner Länder, zum anderen das Ausmaß, in dem die einzelnen Länder von einer IT-Infrastruktur abhängen.

Den Platz, den eine Nation bezüglich ihrer Jahr-2000-Vorbereitungen einnimmt, zog Warburg von demjenigen der IT-Abhängigkeit ab. Das Ergebnis ergibt den Indexwert, der das jeweilige Gesamtrisiko anzeigt.

Hier ist das Ergebnis für Deutschland bei weitem nicht so rosig, wie von "vwd" für 100 börsennotierte deutsche Unternehmen herausgefunden. Vor Deutschland rangieren mit teils weitem Abstand die Vereinigten Staaten von Amerika, die Niederlande, Schweden, Kanada, Großbritannien, die Schweiz, Belgien, Australien und Neuseeland. Auch Chile, Ungarn, Spanien und Südkorea liegen auf der Misery-Skala noch vor Deutschland.

Die Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder sieht derweil immer noch keinen Anlaß, für die Jahr-2000-Problematik zumindest Richtlinienkompetenz zu übernehmen. Nach wie vor baut sie darauf, daß die Bundesländer die Sache in den Griff bekommen. Lediglich Nordrhein-Westfalen und Hessen sind aber bislang mit Aktionen an die Öffentlichkeit getreten.