Deutsche Versandhaeuser arbeiten am Erlebniskatalog fuer den PC Teleshopping als erster Dienst der zukuenftigen Superhighways

02.09.1994

BERLIN (CW) - Es beginnt mit einem "Klick": Der Kunde hat im elektronischen Katalog das Hemd seiner Wahl entdeckt, nun werden ihm auch noch passend Krawatte und Schuhe ausgesucht. Ein erneutes "Klick" der Maus, und die Ware landet im symbolischen Einkaufskorb auf dem Bildschirm. Am Ende werden alle Bestellungen via Modem an den Zentralrechner verschickt.

Dies ist keine Vision, sondern, wie der Wirtschaftsinformationsdienst "vwd" berichtet, Teil des neuen Otto-Kataloges, der juengst auf CD-ROM erschienen ist. "Erlebniskatalog fuer den PC heisst das neue Angebot des Hamburger Versandhauses, das in einer Testauflage von zunaechst 50 000 Exemplaren zum Einfuehrungspreis von fuenf Mark erschienen ist.

Auch beim Otto-Versand-Konkurrenten Quelle in Nuernberg wird derzeit bekanntlich mit Hochdruck nach neuen elektronischen Absatzkanaelen gesucht. Im Gespraech ist ein sogenanntes "Quelle- TV", doch Teleshopping (Einkaufen am Bildschirm) im herkoemmlichen Sinne macht fuer Geschaeftsfuehrer Klaus Mangold keinen Sinn: "Erst interaktives Fernsehen ermoeglicht es, dem Kunden die gesamte Produktpalette zu praesentieren". Dabei bestimme dieser, so der Quelle-Chef, im Gegensatz zu den herkoemmlichen Teleshopping- Kanaelen selbst, ueber welches Produkt er sich informieren laesst. Die derzeit noch laufenden Homeshopping-Programme haben jedoch ein eher anruechiges Image; jedenfalls wird dort in der Regel fuer Artikel geworben, die in normalen Warenhaeusern kaum eine Chance haben - etwa Blitz-Diaeten oder unzerkratzbare Autolacke.

Schlechtes Image der Homeshopping-Dienste

Schon vor zehn Jahren erliess die EG-Kommission eine Richtlinie, die die Buerger vor unserioesen Anbietern in diesem Bereich schuetzen soll. Danach sind Werbeprogramme nur eine Stunde am Tag erlaubt - dies ist momentan auch die Barriere, die jedes Einkaufsfernsehen- Projekt von Beginn an mehr oder weniger scheitern laesst.

In Deutschland verbietet Artikel 27 des Rundfunkstaatsvertrages derartige Programme. Danach sind auch hierzulande Fernsehverkaufssendungen auf eine Stunde pro Tag beschraenkt und fuer Kinder verboten. Georg Kofler, Chef des in Muenchen ansaessigen Privatsenders Pro 7, will jedoch diese Regelung im Zuge der Novellierung des Rundfunkstaatsvertrages gestrichen haben. Fuer ihn erfuellt Verkaufsfernsehen, in Anlehnung an die Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichtes, nicht mehr den Tatbestand von Rundfunk im klassischen Sinne - weil "kein eminenter Faktor der oeffentlichen Meinungsbildung".

Auch Quelle-Chef Mangold ist sich seiner Strategie sicher: "Wer sich dieser Stroemung verschliesst, verliert den Anschluss an die Zukunft". Schon zur Jahrtausendwende will das Fuerther Grossversandhaus einen erheblichen Anteil seines Umsatzes (1993/94: 15,2 Milliarden Mark) ueber das interaktive Einkaufsfernsehen erzielen.

Neben dem baden-wuerttembergischen "Spaetzle-Highway" wird momentan auch in Bayern an den entsprechenden Voraussetzungen gearbeitet. So sollen in Franken von Mitte 1995 an etwa 5000 Nuernberger Haushalte Einkaufsfernsehen und andere TV-Services ausprobieren. Zu den Betreibern der fraenkischen Datenautobahn wird auch die Quelle-Gruppe gehoeren. Beim Bayerischen Wirtschaftsministerium stehen hierzu, wie es heisst, Foerdermittel in Hoehe von 100 Millionen Mark bereit.