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Vier Jahre Exzellenzinitiative

Deutsche Universitäten: Das Ende der Gleichheitslüge

09.04.2008
Von Handelsblatt 

Sechs der insgesamt neun "Elite-Universitäten" liegen südlich des Mains - sie haben sich schon heute zu Versuchslaboren entwickelt, an denen plötzlich Dinge möglich sind, die jahrzehntelang undenkbar waren an deutschen Universitäten. Zum Beispiel die Differenzierung von Lehrverpflichtungen für besonders erfolgreiche Forscher. So hat die Münchener Ludwig-Maximilians-Universität ein Teil des Elite-Geldes für sogenannte Forschungsprofessuren ausgegeben. Auch "proaktive Berufungen" sind heute in München möglich - die LMU kann Top-Forscher, die auf dem Arbeitsmarkt verfügbar sind, auch dann einstellen, wenn gerade kein Lehrstuhl vakant ist. Professoren-Ehepaaren, die gemeinsam auf Jobsuche sind, kann die LMU bessere Angebote machen. "Der Elite-Status und das zusätzliche Geld haben einen enormen Anstoß gegeben", sagt der Münchener Ökonomie-Professor Klaus M. Schmidt.

Selbst Hochschulen, die im Auswahlverfahren den Kürzeren gezogen haben, profitieren. "Ohne den Druck der Exzellenzinitiative hätten wir uns an der Fakultät wahrscheinlich bis heute nicht auf ein Konzept für eine Graduiertenschule einigen können", sagt der Kölner Ökonomie-Professor Achim Wambach. Der Kölner Ansatz fand zwar am Ende nicht die Gunst der DFG-Gutachter, aber das Doktorandenprogramm wird jetzt immerhin als "NRW Graduate School" gefördert.

Auch der Öffentlichkeitseffekt der Initiative ist nicht zu unterschätzen. Und zwar nicht nur in Deutschland, sondern vor allem auch im Ausland: "Schon die Tatsache, dass man in Deutschland so ein großes Projekt zur Förderung der Wissenschaft startet, hat für Aufsehen gesorgt", sagt Barbara Wankerl, Koordinatorin für die Öffentlichkeitsarbeit beim Exzellenzcluster "Ursprung und Struktur des Universums" an der Technischen Universität München. Sara Lucatello, italienische Gastwissenschaftlerin in diesem Forschungsverbund, bestätigt das aus ihrem Bekanntenkreis: " Diejenigen, die von der Exzellenzinitiative gehört haben, halten sie für eine großartige Idee."

Besondere Leistungen an bestimmten Hochschulen wollen und sollen auch besondere Aufmerksamkeit erfahren, um wiederum besonders fähige Studenten und Wissenschaftler anzuziehen. Diese Notwendigkeit angesichts der Konkurrenz im weltweiten Wissenschaftsbetrieb haben die deutschen Universitäten verstanden. "Gute Doktoranden werden gesucht. Es herrscht ein ,buyer´s market´ für gute Wissenschaftler. Zu viele Talente gehen ins Ausland", sagt Axel Meyer. "Wenn wir künftig nicht nur die besten Deutschen, sondern auch die besten Inder und Chinesen anlocken können, die jetzt nach Stanford gehen, dann hat sich die Exzellenzinitiative gelohnt."

Die größte Sorge mancher Forscher ist heute, dass noch völlig unklar ist, wie es nach 2011 mit der Sache weitergeht. "Noch ist unsicher, ob es sich wirklich lohnt, langfristige Strukturen aufzubauen", sagt der Münchener Ökonom Klaus M. Schmidt. "Es wäre wichtig, dass die Politik frühzeitig signalisiert, in welche Richtung der Zug weiterfährt."