Deutsche Töchter: Unternehmenskultur in US-Firmen

04.09.2002
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.

Herbert Nestler, Kommunikationstrainer in München und Experte für deutsch-amerikanische Unternehmenskultur, betont ebenfalls, dass interkulturelle Sensibilität für die deutschen Mitarbeiter von US-Tochterunternehmen zur erfolgreichen Arbeit unbedingt dazugehört. „Für Mitarbeiter und Unternehmen gilt das Gleiche: Sie müssen die kulturellen Unterschiede kennen und ein Gespür dafür entwickeln.“ Das gelte auch für Angestellte, die in einer deutschen Niederlassung arbeiten.

Charismatische Führungskräfte in den USA

„Während viele Führungskräfte in den USA starke, charismatische Menschen sind, die ähnlich auftreten wie Popstars, geht es in Deutschland nüchterner zu. Hier legen die Manager mehr Wert auf Ausgleich. Die Leistung von Teams zählt viel, sie gleichen stärker einer Fußballmannschaft. Herr von Pierer beispielsweise verbringt wenig Zeit vor einer Fernsehkamera“, erzählt Nestler. Nach den Ereignissen in der jüngeren deutschen Geschichte dürften charismatische Führungskräfte auch nicht besonders gefragt sein, prognostiziert Nestler. Allerdings zeichnet amerikanische Chefs durchaus eine gewisse Sensibilität gegenüber ihren Mitarbeitern aus. „Leute wie Bill Gates vermeiden, dass sie als „the big guy“ wahrgenommen werden“, erzählt der Kommunikationsexperte.

Allerdings beklagen sich viele Tochter-Unternehmen über fehlendes Fingerspitzengefühl und gerade viele deutsche Mitarbeiter sagen den US-Amerikanern nach, sie wollten ihre eigene Weltsicht und Markteinschätzung durchsetzen. „Ich habe immer wieder erlebt, dass US-amerikanischen Managern und Kollegen die kulturelle Sensiblität gegenüber Europäern fehlte. Dallas bedeutete für sie die Welt, darüber hinaus zählt vielleicht noch Florida. Allen anderen gegenüber legen viele eine ziemliche Ignoranz an den Tag“, so die Erfahrungen von Exner.

Mittlerweile versuchen viele nordamerikanische Unternehmen, in den Tochterfirmen einen Kompromiss zwischen dem Führungsstil der Zentrale und dem der weltweiten Niederlassungen zu finden. Nur noch wenige setzen Geschäftsführer aus den Vereinigten Staaten in den Tochterunternehmen ein. „In den USA herrscht oft Unverständnis für den europäischen Markt. Viele sehen nicht, dass es außerhalb des US-Systems andere Begebenheiten gibt“, erzählt Gallist, der insgesamt 21 Jahre seines Berufslebens für amerikanische Unternehmen arbeitete. „In den USA erwarten und akzeptieren die Mitarbeiter schnelle Veränderungen, in Deutschland muss es dagegen erklärbar und nachvollziehbar sein“, weiß Nestler.

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