Nach Umfirmierung geht es auf zu neuen Ufern

Deutsche ICL plant PC-Tochter für Kunden aus dem Mittelstand

18.09.1992

MÜNCHEN (bk) - Gut ein Jahr nach der Übernahme des finnischen PC-Spezialisten Nokia Data durch die Fujitsu-Tochter ICL ist die juristische Zusammenlegung der deutschen Töchter vollzogen. Jetzt bricht Jürgen Olschewski, Geschäftsführer der neuen ICL Technology GmbH, Düsseldorf, schon wieder zu neuen Ufern auf: Bis zum Jahresende soll es eine neue Tochtergesellschaft geben - die ICL PC GmbH.

Jürgen Olschewski scheint immer für eine Überraschung gut zu sein. Mit Werner Ott, dem langjährigen Geschäftsführer der Fürther ICL Deutschland GmbH, stach er Ende 1991 seinen Kontrahenten um den Chefposten der im Fusionsprozeß befindlichen deutschen Aktivitäten von Nokia Data und ICL aus obwohl er als Geschäftsführer des Düsseldorfer Unternehmens der "Übernommene" war. Ott ist mittlerweile Geschäftsführer der Sequent Computer Systems GmbH.

Nun plant Olschewski den nächsten Schachzug. ICL soll künftig verstärkt im deutschen PC-Markt mitmischen. Gegründet wird eigens dafür im vierten Quartal eine Tochtergesellschaft im Großraum Frankfurt, für die der Topmanager bis Ende 1993 eine Belegschaftsgröße von 30 bis 50 Mitarbeitern anstrebt. Die ICL PC GmbH, so Olschewskis Direktive, soll ausschließlich High-end-PCs und Standardsoftware auf direktem Wege an Privatpersonen und kleine sowie mittelständische Unternehmen vertreiben. Um möglichst kurze Lieferzeiten garantieren zu können, ist darüber hinaus auch an die eigene Montage der PCs gedacht. Die Bauteile sollen von der britischen Muttergesellschaft ICL Plc. bezogen werden.

Im Gegensatz zu vielen etablierten PC-Herstellern, die sinkende Margen im professionellen PC-Geschäft derzeit über Stückzahlenverkäufe im kostengünstigeren Low-cost-Bereich zu kompensieren versuchen, wie beispielsweise Dell oder Compaq, will Olschewski indes von Billigrechnern nichts wissen: "Der Markt braucht PCs von hoher Qualität, und die werden wir erfolgreich verkaufen." Schon jetzt sieht er die neue PC-Tochter Gewinne einfahren.

Das Betätigungsfeld der ICL Technology GmbH soll nach wie vor der Großkundenbereich sein, der mit Terminals, PCs, Unix-Servern, Netzwerkkomponenten und Software versorgt wird. Zunehmend mehr Bedeutung, so betonte Olschewski, messe man aber auch, dem Dienstleistungssektor bei. So seien vom Gesamtumsatz des ersten Halbjahres, der bei etwa 204 Millionen Mark lag und sich gegenüber den konsolidierten Einnahmen von ICL und Nokia im vergleichbaren Vorjahreszeitraum (173,5 Millionen Mark) um 17,6 Prozent steigerte, bereits zirka 25 Millionen Mark mit dem Kundendienst und rund 4,5 Millionen Mark mit Schulung, Zubehör sowie Software er zielt worden. Mit steckerkompatiblen Terminals nahmen die Düsseldorfer im ersten Halbjahr an die 60 Millionen Mark ein, mit PCs und Netzwerkkomponenten gut 110 Millionen Mark.

Die Tendenz weg vom reinen Hardware-Anbieter und hin zum Dienstleister schlägt sich laut Olschewski auch in der Mitarbeiterstruktur nieder. Von den im ersten Halbjahr 560 (vergleichbarer Vorjahreszeitraum: 590) Beschäftigten waren 200 Mitarbeiter im Customer Service und 110 Mitarbeiter im Professional Service (Beratung, Projektierung etc.) tätig.

Zufrieden zeigte sich Olschewski auch mit dem internen Zusammenwachsen der beiden Unternehmen. "Noch sind zwar die Nokia-Data-Leute und die ICL-Mitarbeiter keine große Familie, aber wir sind auf dem besten Wege dorthin." Zu rund 60 Prozent sei die personelle Integration bereits vollzogen, für die restlichen 40 Prozent würde man wohl noch. ein gutes Jahr benötigen.

Für das Gesamtjahr 1992 hofft Olschewski, die Umsatzsteigerung der ersten sechs Monate halten und so das Vojahresergebnis von knapp 360 Millionen Mark übertreffen zu können. In Sachen Gewinn erwartet der Topmanager, der 1988 zur damaligen finanziell maladen Nokia Data kam und sie innerhalb eines Jahres sanierte, erneut eine Summe in zweistelliger Millionenhöhe. "Damit werden wir im vierten Jahr hintereinander profitabel sein." Konkrete Zahlen waren Olschewski allerdings nicht zu entlocken.