Internet-Portal, Web-Hosting und Marktplätze

Deutsche ERP-Anbieter sind für das Web-Zeitalter gerüstet

15.10.1999
MÜNCHEN (bs) - E-Commerce und Web-Portale sind auch hierzulande keine Fremdwörter. Namhafte deutsche Softwarehäuser wie Bäurer, Brain International, Infor und Psipenta haben sich auf die Geschäfte der Zukunft eingerichtet.

Die schwäbische ERP-Softwareschmiede Bäurer AG verfolgt ein zweistufiges Web-Konzept. Im ersten Schritt wird auf der Münchner IT-Messe Systems gemeinsam mit einem Anbieter von E-Commerce-Software (der Name wurde bis zum Redaktionsschluß noch nicht bekanntgegeben) ein Internet-Shop vorgestellt. "Bäurer.shop" ist in die hauseigene ERP-Lösung "b2" integriert und soll den Ein- und Verkauf zwischen Geschäftspartnern unterstützen. Kunden können direkt per Internet bestellen und sich gleichzeitig über die Qualität und Verfügbarkeit der Produkte sowie den möglichen Liefertermin informieren.

B2 ist als Thin-Client-Architektur ausgelegt. Der Zugriff auf die Software ist aus einem Browser heraus möglich. In einem zweiten Schritt wollen die Schwaben bis zur CeBIT 2000 einen branchenspezifischen Marktplatz im Web unter dem Arbeitstitel "Internet-Gate" aufbauen. Bäurers Meßlatte liegt dabei hoch: 20000 Unternehmen sollen an der Web-Gemeinschaft teilnehmen. Die Kontaktaufnahme und Suche potentieller Lieferanten soll mittels Gate vereinfacht werden, später sind auch Auktionen sowie Ausschreibungen über das Gate möglich. Der Marktplatzbetreiber werde für seine Dienste mit einem prozentualen Anteil am Handelsvolumen entlohnt, das über das Portal abgewickelt wird, so die Strategen von Bäurer.

Auch Outsourcing über das Internet (Web-Hosting) ist für das Hüfinger Softwarehaus kein Fremdwort: Die Nachfrage aus dem Mittelstand nach diesen Leistungen wachse, und mittels Thin-Client-Technik (Citrix'' "Metaframe") sei es heute möglich, Kunden Applikationen über das Internet anzubieten.

Der Bäurer-Konkurrent Infor AG (www.infor-ag.de) steht dem Web-Zeitalter ebenso aufgeschlossen gegenüber. Auf der Systems zeigen die Softwerker aus Friedrichsthal die nächste Generation der ERP-Suite "Infor:NT". Diese verfügt über die Browser-basierte Oberfläche "Infor: COM", die in Java entwickelt wurde und von der aus auf alle Infor:NT-Module zugegriffen werden kann. Neben dem Browser muß lokal keine Software auf dem Client installiert werden. Zur CeBIT nächsten Jahres soll das System freigegeben werden.

Bei der Entwicklung von Infor:COM standen zwei Schwerpunkte im Vordergrund:

Erstens die schnellere, einfachere und kostengünstigere Integration von Niederlassungen von Infor-Kunden über das Internet. Zweitens: Outsourcing als neue Dienstleistung. Gerade im Mittelstand sei der Wunsch sehr groß, die IT-Infrastruktur möglichst einfach zu gestalten, erklärt Werner Huttner, Leiter Marketing bei Infor.

Neben dem Facelifting arbeitet die Softwareschmiede an Modulen für E-Business. Darin sind alle Geschäftsprozesse im Verkauf und Einkauf integriert. Im Sinne einer durchgängigen Supply-Chain-Kette wird online überprüft, ob alle notwendigen Ressourcen für den Auftrag vorhanden sind und die konkreten Liefertermine ermittelt. Bei Bestätigung wird der Auftrag direkt in Infor:NT erfaßt und verwaltet. An einer Integration der zur Zeit entstehenden Marktplätze im Web wird ebenfalls gearbeitet.

Einen universellen Zugang zur Software mittels Web-Portal bietet auch Brain International. Die Oberfläche des Systems kann rollenbasiert an die jeweilige Funktion und den Arbeitsplatz angepaßt werden. Speziell im Interface- und Interaktionsbereich bieten die Softwerker dazu seit zwei Jahren das "Smart User Interface" (SUI) an, das ab dem dritten Quartal 2000 als "Pure-Java"-Version zur Verfügung stehen soll.

Beim Thema virtueller Marktplatz gibt sich die Weinstädter Softwareschmiede weniger euphorisch. Diese Art Umschlagsplätze kenne man bereits aus den Bereichen Textil, Automotive und Maschinenbau und habe eher schlechte Erfahrung damit gemacht, erklärt Gerald Schock, zuständig für Marketing bei Brain. So seien etwa die Probleme der redundanten Erfassung und Divergenz der Back-Office-Systeme trotzdem geblieben. Eine Positionierung mit neuem Ansatz will das Unternehmen zur CeBIT 2000 wagen.

Die Psipenta AG, Softwarespezialist für die diskrete Fertigung sowie Anlagen- und Projektfertiger, arbeitet im Bereich E-Commerce mit dem Konzerntochterunternehmen Ubis zusammen, erklärt Hartmut Kusch, zuständig für Marketing bei Psipenta. Bis zur CeBIT 2000 soll ein Framework für den Aufbau von Marktplätzen zur Verfügung stehen. Es ist ausschließlich für Geschäfte zwischen Unternehmen (Business-to-Business) ausgelegt und soll Psipenta-Anwendern die Möglichkeit geben, schneller auf Anfragen ihrer Kunden zu reagieren. Schwerpunkt sind dabei Produktkataloge für das Ersatzteilgeschäft sowie Wartung und Service via Internet.

Da die ERP-Software "Psipenta" bereits seit zwei Jahren mittels Web-Browser zu bedienen ist, ist der Portal-Gedanke für die Berliner nichts Neues: "Unser Marketing hängt das halt nicht so hoch auf", sagt Kusch. Bereits heute können Psipenta-Anwender neben den ERP-Applikationen Analyse- und Office-Programme sowie Informationen aus dem Internet auf einem "Dashboard" integrieren.