Neue Vertriebspartner für den Consumer-Markt

Deutsche Compaq-Tochter kam 1997 wieder in Schwung

20.02.1998

Gleich dreimal schneller als der hiesige PC-Markt ist Compaq Deutschland 1997 gewachsen. Während hierzulande nach ersten Schätzungen des Marktforschungsinstituts Dataquest 4,337 (Vorjahr: knapp 3,860) Millionen PCs ausgeliefert und damit gegenüber dem Vorjahr ein Anstieg von etwa 12,4 Prozent erzielt wurde, realisierte die deutsche Compaq-Tochter ein Stückzahlenwachstum von rund 37 Prozent auf 412407 (Vorjahr: 301098) PCs. Dadurch verbesserten die Münchner auch ihren Marktanteil. Noch liegen die konkreten Zahlen zwar nicht vor, doch nach Angaben von Gerrit Huy, seit Ende Juni 1997 Geschäftsführerin, beläuft sich dieser auf gut neun Prozent. 1996 war man auf 7,8 Prozent abgerutscht. Sollten Compaqs wichtigste Wettbewerber in Deutschland, Siemens-Nixdorf Informationssysteme AG (SNI) und Vobis, ihren Anteil von 1996 im vergangenen Jahr beibehalten haben, dürfte der PC-Weltmarktführer damit hierzulande nach Stückzahlen weiterhin auf Platz drei liegen.

Beim Umsatz zog die Compaq Deutschland GmbH ebenfalls deutlich an. Mit eigenen Erlösen von 1,804 Milliarden Mark lag man rund 32 Prozent über dem Vorjahreswert von 1,37 Milliarden Mark. Addiert man die Tandem-Einnahmen hinzu, kommt Compaq 1997 in Deutschland sogar auf einen Umsatz von zwei Milliarden Mark. An Gewinn nach Steuern wurden einschließlich der in der GmbH konsolidierten Exportländer rund 47 Millionen Mark erzielt. Angesichts der anhaltend schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen mit einer Arbeitslosenquote von 11,5 Prozent sei man, so Huy, mit diesem Ergebnis sehr zufrieden.

Im laufenden Jahr wollen die Münchner vor allem ihre Position im hiesigen Markt für Comsumer-PCs ausbauen, der sich nach der Nullrunde 1996, als das Geschäft der Hersteller mit rund einer Million ausgelieferten Einheiten nahezu stagnierte, 1997 um neun Prozent auf 1,1 Millionen PCs verbessert hat. Compaq konnte hier um 29 Prozent zulegen, wenngleich Huy eingesteht, daß die Basis ihres Unternehmens recht klein sei. Dies aber soll sich 1998 ändern. "Der Consumer-Markt ist wichtig, denn er repräsentiert immerhin ein Viertel des gesamten PC-Marktes in Deutschland", meint die Compaq-Deutschland-Geschäftsführerin (siehe auch Abbildung: "Entwicklung des PC-Marktes in Deutschland").

Doch speziell hierzulande ist dieses Marktsegement ausgesprochen schwierig. "Zum einen erfreuen sich die No-Names einer guten Marktakzeptanz, während der Brand-Name noch nicht die Bedeutung wie in anderen Ländern hat, wenngleich der Trend zum Marken-PC zunimmt", analysiert Huy. Andererseits seien speziell die deutschen Kunden ausgesprochen gut informiert und wüßten genau, was sie wollten. Überdies stimmten die bei Low-cost-Modellen gebräuchlichen Vorstellungen nicht immer mit den "Allround-Produkten oder fertigkonfigurierten PCs aus unserer Produktion überein".

Aus diesem Grund überlegt man bei Compaq Deutschland, für dieses Marktsegment, in dem überwiegend Studenten und Schüler bedient werden sollen, künftig verstärkt auf Basis-Konfigurationen zu setzen. Auch in puncto Vertrieb sieht Huy bei der eher finanzschwachen Kundschaft noch Defizite: "Wir decken mit unseren Vertriebskanälen nur einen Teil des Consumer-orientierten PC-Marktes ab. Hier müssen wir zusätzliche Partner gewinnen, um verstärkt in der Breite präsent zu sein."

Erste Ansätze in diese Richtung sind bereits erkennbar. So hat Compaq damit begonnen, seine ISDN-PCs über die T-Punkt-Shops der Deutschen Telekom AG an den Mann zu bringen. Huys erste Zwischenbilanz: "Es funktioniert, wenngleich noch nicht in den Stückzahlen, die wir uns erhofft haben." Auch das Internet sei unter Umständen eine Alternative. Huy: "Vielleicht werden wir einigen Händlern zusätzliche Möglichkeiten über das Web anbieten, damit sie dort Bestellungen generieren und damit das Geschäft ankurbeln können oder aber zumindest in der Lage sind, ihr Informationsangebot zu verbessern." Gleichwohl will die Compaq-Managerin das Umsatzwachstum im PC-Markt für private Anwender nicht um jeden Preis. "Unser Ziel ist es, in jedem Fall profitabel zu bleiben. Bei Comsumer-PCs schwarze Zahlen zu schreiben ist äußerst schwierig und gelingt bekanntlich nicht jedem unserer Wettbewerber."

Eine weitere große Herausforderung des laufenden Jahres dürfte zweifelsohne die Integration von Digital Deutschland mit immerhin rund 2500 Mitarbeitern sein - sobald die Zustimmung aller Kontrollinstanzen zu der Übernahme erfolgt ist. Huy sieht jedoch ähnlich wie ihr oberster Vorgesetzter, Compaq-Chef Eckhard Pfeiffer, der Übernahme zuversichtlich entgegen. In Deutschland werde es jedenfalls keine "gravierenden Überschneidungen" geben. Im Gegenteil: Vor allem die hiesigen Vertriebskanäle beider Unternehmen "ergänzen sich gut". Und die deutsche Compaq-Statthalterin bleibt auch die Begründung für ihren Optimismus nicht schuldig: "Für die Integration von Tandem haben wir ein Konzept gefunden, das den Kulturen, den Skills und den Kompetenzen beider Seiten Rechnung trägt. Ich gehe davon aus, daß uns dies in enger Zusammenarbeit mit den Kollegen von Digital ähnlich gut gelingt."

Noch nicht festlegen wollte sich Huy, inwieweit sich das für das Jahr 2000 anvisierte Umsatzziel durch den Digital-Kauf verändern wird. Noch liegt die diesbezügliche Meßlatte für Compaq Deutschland bei vier Milliarden Mark. Selbige dürfte aber nach dem Vollzug des Mergers höher angesiedelt werden. Denn zieht man die 1,5 Milliarden Mark in Betracht, die Digital Deutschland im Geschäftsjahr 1996/97 (Ende: 30. Juni 1997) an Umsatz erzielt hat, so ist die deutsche Compaq-Dependance von ihrem Ziel nicht mehr weit entfernt. Huys Ausblick hört sich dennoch verhalten an: "Ich muß das Digital-Geschäft erst besser kennenlernen, um hier eine realistische Größe zu finden. Dies aber wird erst geschehen, wenn die Übernahme abgeschlossen ist. Denn noch sind wir zwei Unternehmen, die im Markt als Wettbewerber auftreten..

*Beate Kneuse ist freie Fachjournalistin in München.