IWD informiert über technologische Mitbestimmung in der EG:

Deutsche Arbeitnehmer mit den meisten Rechten

18.08.1989

KÖLN (CW) - Bei der Einführung neuer Techniken in den Unternehmen zielen die Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer innerhalb der EG-Staaten zwar generell in die gleiche Richtung, wenn es jedoch um Details geht, werden große Unterschiede sichtbar. Nach einer Untersuchung des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft e. V. (IWD) haben deutsche Arbeitnehmer die größten Mitwirkungsrechte.

In der Frage der Mitbestimmung bei der Einführung neuer Techniken haben sich die europäischen Arbeitgeberverbände sowie der Europäische Gewerkschaftsbund in der Val-Duchesse-Erklärung vom März 1987 gemeinsam mit der EG-Kommission auf folgende Formel verständigt: Bei Einführung solcher neuen unternehmensinternen Systeme, die Auswirkungen auf die Beschäftigten haben, sollen die Arbeitnehmer oder ihre Vertreter informiert und konsultiert werden. Dies hat in Übereinstimmung mit den Gesetzen, Verträgen und Vereinbarungen zu geschehen, die in den jeweiligen EG-Ländern gelten. Die letzte Entscheidung sollte jedoch ausschließlich beim Management liegen.

Die bundesdeutschen Gesetze schreiben vor, daß der Arbeitnehmer rechtzeitig zu unterrichten ist, wenn Veränderungen an seinem Arbeitsplatz anstehen. Er hat das Recht,

in allen betrieblichen Angelegenheiten, die ihn betreffen, angehört zu werden, und kann darüber hinaus Vorschläge für die Gestaltung des Arbeitsplatzes und des Arbeitsablaufs machen.

Zu diesen individuellen Rechten treten die Mitwirkungsrechte über die Betriebsräte. Bei der Einführung technischer Einrichtungen haben sie dann ein Mitbestimmungsrecht, wenn die Techniken das Verhalten oder die Leistungen der Arbeitnehmer überwachen. In diesem Fall - aber nur in diesem - liegt die letztendliche Entscheidung nicht beim Management.

Angemessene Maßnahmen zur Abwendung oder Milderung kann der deutsche Betriebsrat verlangen, wenn Änderungen der Arbeitsplätze oder Arbeitsumgebung nicht den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über menschengerechte Arbeitsgestaltung entsprechen. Die vorgesehenen Änderungen hat der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat so frühzeitig zu beraten, daß Vorschläge und Bedenken der Arbeitnehmer bei der Planung berücksichtigt werden können.

Wirken sich die neuen Techniken auf die Personalplanung aus, muß der Arbeitgeber den Betriebsrat darüber hinaus über den gegenwärtigen und künftigen Personalbedarf sowie über die sich daraus ergebenden personellen Maßnahmen unterrichten.

In Frankreich schreiben die 1982 erlassenen Auroux-Gesetze über

Pelsonalvertretungen in Betrieben mit mehr als 300 Beschäftigten vor: Über jedes "wichtige" Vorhaben bei der Einführung neuer Technologien ist vorab der Betriebsrat zu informieren, wenn Auswirkungen auf Beschäftigung, Ausbildung, Einstufung, Bezahlung und Arbeitsbedingungen entstehen könnten. Darüber hinaus haben die Beschäftigten das

Recht zur Meinungsäußerung und zur Festlegung von Arbeitsverbesserungen.

Die Mitwirkungsrechte in Großbritannien sind überwiegend in Branchenverträgen geregelt. In der Privatwirtschaft werden sie durch Tarifverhandlungen innerhalb des Unternehmens ergänzt. Gesetzliche Regelungen spielen nur eine untergeordnete Rolle.

Informationsrechte in Tarifrunden haben die italienischen Arbeitnehmer. Die Unternehmen sind verpflichtet, die Gewerkschaftsvertreter über geplante Veränderungen im Unternehmen zu unterrichten. Im Rahmen eines Tarifvertrags, der für alle belgischen privatwirtschaftlichen Betriebe mit mindestens 50 Mitarbeitern gilt, haben sich die Arbeitgeber zu folgendem verpflichtet: Bei Investitionen in neue Techniken, die voraussichtlich bedeutende Folgen für die Beschäftigten mit sich bringen, ist der Betriebsrat schriftlich über die Art der Techniken, die Einführungsgründe sowie über die möglichen sozialen Folgen zu informieren. Kommt ein Arbeitgeber dieser Verpflichtung nicht nach, so kann er während eines bestimmten Zeitraums keinen Arbeitnehmer aus Gründen entlassen, die mit der Technikeinführung verknüpft sind.

Ausgleichszahlungen bei Herabstufung

Wie Belgien gehört Dänemark zu den wenigen Ländern, in denen es ein von den Sozialpartnern ausgehandeltes Rahmenabkommen über die Einführung neuer Technologien gibt. Es liefert allgemeine Richtlinien, ergänzt durch Verhandlungen auf Betriebsebene und in besonderen Technologieausschüssen .

In vielen Ländern, so das Resumeé des IWD, federn Rationalisierungsschutz-Abkommen die Folgen des technischen Handels für die betroffenen Arbeitnehmer ab. So haben sie bei Rationalisierungsmaßnahmen das Recht auf einen anderen gleichwertigen Arbeitsplatz innerhalb des Unternehmens. Im Falle der Herabstufung gibt es Ausgleichszulagen, und bei Entlassungen Abfindungen. Einzelne Abkommen enthalten darüber hinaus Entlassungsschutzklauseln, wonach beispielsweise Belegschaften nur durch Rentenabgang oder Flukation abgebaut werden dürfen.