Neue Rechnermodelle und Vertriebskonzept präsentiert

Deutsche Apple-Kunden dürfen nicht direkt im Internet kaufen

14.11.1997

Die Erwartungen waren hochgespannt. Am Montag, dem 10. November 1998, würde das schillernde Unternehmen von der Westküste der USA nicht mehr sein, was es einmal war. Der Aktienkurs kletterte in Aussicht eines möglichen Firmenzusammenschlusses mit Oracle auf 21,50 Dollar.

Steve Jobs selbst, Aushilfs-Vorstandsvorsitzender des Macintosh-Herstellers, hatte die Stimmung im Vorfeld des "außerordentlich wichtigen" Ereignisses durch dunkle Ankündigungen angeheizt.

Es kam anders: Jobs bemühte sich in seiner Ansprache vor einem mehrere tausend Köpfe zählenden Publikum, das sich hauptsächlich aus Claqueuren der eigenen Belegschaft rekrutierte, den müden Mythos Apple wiederzubeleben. Dankbar huldigte das Fußvolk dem selbsternannten Guru und honorierte jeden auch noch so matten Witz mit frenetischem Beifall. Kult war angesagt, man schreckte auch nicht vor der Geschmacklosigkeit zurück, vor das überdimensional auf eine Leinwand projizierte Gesicht von Michael Dell eine Zielscheibe zu legen. Der Gründer des erfolgreichen PC-Direktvertreibers Dell Computer hatte auf die Frage, wie Apple am besten zu sanieren sei, hemdsärmlig geantwortet, man solle das Unternehmen liquidieren.

Doch was Jobs zu sagen hatte, war seit langem bekannt und publiziert. Apple stellte neue Desktop-, Minitower- und Notebook-Systeme vor, die mit dem "G3"-Prozessor arbeiten. Hierbei handelt es sich um die Weiterentwicklung des Power-PC-RISC-Chips mit Codenamen "Arthur". Dieser wird momentan mit bis 266 Megahertz Taktrate ausgeliefert, künftig sollen Frequenzen von bis zu 400 Megahertz möglich sein. Wesentliche Neuerung ist aber der vom Prozessorbus abgekoppelte Cache-Bus, der mit 100 Megahertz getaktet ist.

Großes Abkommen mit Handelskette CompUSA

Das zweite Element der Neuerung bleibt auf den US-Markt beschränkt. Apple kooperiert mit der Handelskette CompUSA. Geplant ist, in 150 Läden der Handelskette Bereiche als sogenannte Shops-im-Shop zu integrieren, in denen die Apple-Produktpalette angeboten wird. In Deutschland sei solch ein Vertriebskonzept nicht geplant, sagte Apples hiesiger Geschäftsführer Peter Dewald.

Außerdem reduzierte der Mac-Anbieter die Zahl seiner Großdistributoren in den USA von fünf auf zwei. Übrig bleiben ab Dezember die Ingram Micro Inc. und die Microage Inc.

Via das Direktvertriebskonzept über das Internet (www.apple.com) können sich Kaufinteressierte ihren Rechner individuell konfigurieren und bestellen. Dieses sogenannte Build-to-Order-(BTO-) Konzept ist nicht neu. Compaq seit neuestem, insbesondere aber Dell, praktiziert es in den USA bereits mit großem Erfolg.

In Europa und Deutschland soll das Direktvertriebsmodell ab dem Frühjahr 1998 anlaufen. Allerdings handelt es sich bei der europäischen Variante lediglich um ein indirektes Konzept. Wie Dewald bestätigte, werde nicht der Endkunde selbst über Internet seinen persönlichen Apple-Rechner konfigurieren und bestellen können, sondern nur der Apple-Händler. Der Käufer muß also nach wie vor zu einem autorisierten Apple-Wiederverkäufer gehen und kann dort seine Bestellung aufgeben. Dewald sagte allerdings, man schließe nicht aus, das neue Geschäftsmodell in der Zukunft auf den Endkunden auszudehnen. Nach dem BTO-Prinzip produziert wird künftig in Cork, Irland. In Deutschland plant Apple laut Dewald, den Handelskanal deutlich auszudünnen. Alle 1000 Apple-Händler sollen demnächst unter die Lupe genommen werden.