Desinteresse

23.09.1977

Chief Programmer Team Konzept, Top Down Design, Strukturierte Programmierung, HIPO-Diagramme, Entscheidungstabellen-Techniken, Supersprache - nirgendwo werden so viele "Revolutionen" versprochen wie auf dem Softwaresektor. Oder sollte man doch besser sagen: "... wurden versprochen"? Denn spürbar zurückhaltender wählen neuerdings die Repräsentanten der Branche ihre Argumente für den Einsatz der neuen Software-Tools, die zumindest bei einigen Firmen erst auf dem Papier existieren. Allzu optimistisches. Marketinggebaren hat vielen von ihnen mehr geschadet als genutzt: Die Anwender sind skeptisch geworden gegenüber den vielgepriesenen Verfahren der neuen Software-Generation. So ist es stiller geworden um die Propheten moderner Software-Technologie. Wer genauer hinhört, der wird sogar eine gewisse Resignation entdecken, "daß die Hardware-Technologie den Methoden der Anwendungsprogrammierung auf Jahre um Längen voraus sein wird". Bleibt die Softwarekrise ein Dauerzustand? Mag man das bei einigen Produkten aus dem (Software)Werkzeugkasten nicht einmal bedauern, weil sie einfach noch nicht brauchbar sind, so wäre aber bestimmt eine Bagatellisierung in Sachen "Normsprache" für die weitere Entwicklung der Datenverarbeitung gefährlich. Zwar fehlt es an gutgemeinten Ratschlägen. nicht, doch die oft konträren einzelnen "Sanierungsvorhaben" heben sich in der Summe wieder auf. Beispiel: Niemand bestreitet, d aß eine weltweit anerkannte Norm-Programmiersprache entscheidend dazu beitragen könnte, Software-Entwicklungskosten zu sparen; Kosten, die beispielsweise bei einem Hardwarewechsel für die Konvertierung von Programmen anfallen. Was dafür Jahr für Jahr ausgegeben wird, grenzt an Verschwendung. Bezeichnend daß bereits vorhandene Normen wie ANS Cobol 74 von

einigen Hardware-Herstellern bei der Entwicklung von Compilern nicht in vollem Umfang berücksichtigt werden. Für die Industrie mag diese Haltung verständlich sein Welches Motiv hätte sie, den Herstellerwechsel zu erleichtern? Aber auf das Desinteresse der Anwender gegenüber den Standardisierungs-Bestrebungen in Sachen Software-Portabilität kann es nur ein Kopfschütteln geben.