Virtualisierung des Arbeitsplatzes

Der zentralisierte Desktop kommt scheibchenweise

24.06.2008
Von 
Wolfgang Sommergut ist Betreiber der Online-Publikation WindowsPro.

Kinderkrankheiten

Auch wenn das Konzept eines dynamischen Desktops, der in seine wesentlichen Komponenten zergliedert und zur Laufzeit zusammengestellt wird, vielversprechend klingt, so lauern beim derzeitigen Entwicklungsstand doch einige Fallen.

Der dynamische Desktop geht mit einer wesentlich höheren Komplexität einher als der reine Presentation Server. Das betrifft zum einen die Einrichtung der Infrastruktur auf Basis der dafür nötigen Citrix-Produkte. Dieser Baukasten erlaubt eine Vielzahl von Konstellationen, so dass Citrix es für angebracht hält, mit dem "Workflow Studio" ein eigenes Planungs- und Modellierungswerkzeug auf den Markt zu bringen.

Die Zerlegung und Virtualisierung des herkömmlichen Desktops bedarf einer aufwändigen Inrastruktur.
Die Zerlegung und Virtualisierung des herkömmlichen Desktops bedarf einer aufwändigen Inrastruktur.

Hinzu kommen wesentlich höhere Anforderungen an die Hardware. Schließlich teilen sich dort die Nutzer nicht einen Windows Server, vielmehr läuft für jeden von ihnen ein XP oder Vista im Rechenzentrum. Ein solcher zentralistischer Ansatz setzt zudem eine hochverfügbare Umgebung voraus, die sich auch auf die Netzkomponenten erstrecken muss, wenn physikalische PCs in einem Mischmodell mittels Provisioning-Server mit dem Betriebssystem versorgt werden.

Eine Reihe von Einschränkungen entspringt der Tatsache, dass Nutzer über das Thin-Client-Protokoll ICA auf ihren virtuellen Desktop im Rechenzentrum zugreifen. Trotz ständiger Verbesserungen, die ihm Citrix über die Jahre angedeihen ließ, muss der Anwender im Vergleich zu einem klassischen Desktop wesentliche Einbußen an Komfort hinnehmen. So sind der Übertragung von Multimedia-Anwendungen immer noch klare Grenzen gesetzt. Auch wenn in der aktuellen Version die "Speedscreen"-Technik Verbesserungen bei 2D-Grafiken bringt, tun sich virtuelle Desktops mit Bildbearbeitung oder CAD-Programmen schwer. Abhilfe soll das Projekt "Apollo" schaffen, das sich laut Citrix positiv auf 3D-Grafiken auswirken wird.

Multimedia wird wichtiger

Während dieses Defizit vor einigen Jahren im Unternehmensumfeld noch eher als exotisch galt, nimmt die Bedeutung von Multimedia-Anwendungen erheblich zu. Videos im Flash Player gehören zum Alltag, etwa für Produktdemonstrationen oder E-Learning. Außerdem steigt durch Unified Communications der Bedarf an VoIP-Unterstützung auf dem Client, etwa mittels Softphones. Citrix versprach auf seiner Hausmesse iForum in dieser Hinsicht ebenfalls Verbesserungen, derzeit ist die Situation jedoch unbefriedigend. Der Hersteller empfiehlt für die Telefonie sein eigenes "Easy Call", das Verbindungen über herkömmliche Telefonanlagen aufbauen kann.

Außerdem ist die Handhabung lokaler Geräte umständlich und klappt in kritischen Fällen nicht, etwa bei der Steuerung in der Produktion. Wenn Anwendungen über Xenapp eingeblendet werden, existiert weiterhin das Problem, dass in dieser Konstellation keine Cleartype-Schriften unterstützt werden, was sich auf LCD-Bildschirmen nachteilig auf die Ergonomie des Arbeitsplatzes auswirkt. Dieser Mangel soll erst mit Xenapp 5 ("Delaware") unter Windows Server 2008 ausgeräumt werden.

Während Xenapp 4.5 mit seinem Streaming-Modus das alte Problem der fehlenden Offline-Unterstützung beseitigt, gibt es für virtuelle Desktops dafür noch keine Lösung. Sie soll in einer späteren Version nachgereicht werden, über Details machte CEO Mark Templeton gegenüber der COMPUTERWOCHE keine Angaben.