Die Graphische DV in kommerziellen Anwendungen

Der vernachlässigte Anwender

08.06.1979

Leiter Betriebswirtschaft, Rechnerbetrieb und Systemanalyse der Fraunhofer-Gesellschaft, München

Von den vielen Anwendungsbereichen der graphischen V DV genießt die Datenanalyse als Anwendung der graphischen DV im kommerziellen Bereich sicher eine Sonderstellung:

Sie ist schlichtweg unterrepräsentiert.

Bedenkt man jedoch die Möglichkeiten, die sich mit dieser Anwendung bieten ("Ein Bild sagt mehr als tausend Worte"), kommt man sehr schnell zur Frage: Woran liegt diese Vernachlässigung?

Zweifelsohne haben bei allen anderen Einsatzgebieten der graphischen DV, nämlich Dokumentation, Konstruktion und Zeichnung, Architektur und Raumauslegung sowie geometrische und geographische DV, um die wichtigsten zu nennen, Bildschirme und große Zeichentische (Plotter) die zentrale Bedeutung. Hardwareseitig ist dieses Marktsegment zwischenzeitlich zufriedenstellend abgedeckt, und softwareseitig hat sich dort die Situation durch Neuankündigungen gerade in letzter Zeit ebenfalls verbessert.

Diese Verbesserungen wirken sich jedoch leider nicht bei der Anwendung im Bereich der Datenanalyse aus. Der Grund hierfür liegt darin, daß die erstellten Grafiken als Handpapier weitergereicht werden müssen und mithin ein Bildschirm von vornherein ausscheidet (oder soll sich der Vorstand ein Bildschirmgerät auf seinen Schreibtisch stellen, wie es kürzlich ein Vertreter dieser Sparte lebhaft forderte, womöglich kombiniert mit Mikrofilm und Hardcopy? Diese Vorstellung bleibt Utopie).

Der schnelle, große und leistungsstarke Plotter ist aber auch nicht das gerechte Medium, da die Grafiken im kommerziellen Bereich zumeist nur bei Monatsabschlüssen anfallen und dann wieder Ruhe herrscht. Die Verwendung eines Rechenzentrums oder der Einsatz von Plottern aus dem technischen Bereich des Hauses - sofern vorhanden - erfüllt aber auch nicht alle Forderungen.

Diese Forderungen lauten (ohne Rangfolge):

1. DIN-A4-Plotter: Die Zeichnungen haben sich in den Abmessungen an die kommerzielle Büro-Organisation anzupassen mit Blickrichtung auf Ordner, Schreibtischschubladen. Aktentaschen, Hüllen aus Klarsichtfolien etc,

Sicher können auf breiteren Zeichentischen auch DIN-A4-Zeichnungen erstellt werden oder breitere Zeichnungen manuell oder maschinell entsprechend zurechtgeschnitten werden, jedoch sind damit die weiteren Forderungen nicht in Einklang zu bringen, wie Preis, Leporello-Papier etc.

2. Verwendung von Leporello-gefalztem Papier: Da die Arbeitstische in der Bürolandschaft sich nicht zum Aufkleben von Zeichnungen eignen und hierfür auch keinen Platz bieten, darf sich die Zeichnung nicht von selbst zusammenrollen. Diese Forderung erfüllt letztendlich nur das Leporello-gefalzte Papier.

3. Mehrfarben-Druck: Bei den meisten Anwendungen werden hier Vergleichskurven (Vorjahresentwicklungen oder Entwicklungen von Vergleichsgruppen) mit ausgezeichnet. Diese Kurven sollten sich der raschen Informationserfassung wegen farbig unterscheiden.

4. Akzeptable Geschwindigkeit: Die Datenanalyse-Zeichnungen müssen oft mit Texthinweisen - zum Teil mehrspaltig - unterlegt werden. Hier haben die meisten Plotter Geschwindigkeitsprobleme. Hier empfiehlt sich ein kombiniertes Gerät Printer/Plotter,.

5. Der Anschluß an die Groß-DV: Der gewünschte Plotter sollte online anschließbar sein. Neuere DV-Anlagen bieten nur noch SynchronAnschlüsse. Darauf sollte das Plottergerät achten.

6. Anschlußmöglichkeit an die führenden DV-Geräte Plotter-Hersteller sollten derartige Anschlußmöglichkeiten auf eigene Kosten zunächst realisieren und dann im Praxistest vorweisen nicht nur Versprechungen bieten.

7. Einfache Anwendersoftware: Eine Software ähnlich von Listgeneratoren sollte angeboten werden, um auch dem kommerziell orientierten Programmierer (ganz zu schweigen vom Sachbearbeiter) einen einfachen Ausdruck zu ermögliche, nicht nui, hochspezialisiei-ten Fachkräften.

8. Verkürzung der Umsetzungszeiten: EDV-Programme zur Aufbereitung der Daten (also Umsetzung von Zahlen in Kurven) "fressen" derzeit noch Unmengen an kostbarer CPU-Zeit. Die Wirtschaftlichkeit der Anwendung wird bereits dadurch gefährdet. In Verbindung mit Plotter/Printern sollte hier eine wesentliche Reduzierung ermöglicht werden.

9. Akzeptabler Preis: Für typische Datenanalyse-Anwendungen sollte der Anschaffungspreis für Gerät und Software nicht über TDM 30 liegen, ansonsten wird auch von dieser Seite die Wirtschaftlichkeit in Frage gestellt.

Erst vor wenigen Tagen verkündete ein fahrender DV-Hersteller auf meine hier aufgeworfenen Forderungen, ein solches Gerät würde eines Tages sicher kommen. Die Frage ist nur: Wie lange müssen wir noch warten?