Der Stadtplaner des CIOs

02.11.2006
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.
Der IT-Unternehmensarchitekt hat nur einen kleinen Stab an Mitarbeitern, dafür den Überblick über alle Anwendungen. Eine Position, die kaum in Stellenanzeigen ausgeschrieben wird, auf die aber Firmen mit großem IT-Budget nicht verzichten können.
Gernot Dern, SEB-Bank: 'Wie ein Stadtplaner muss auch ein IT-Unternehmensarchitekt die vorhandenen Bauwerke, sprich Anwendungen und Systeme, berücksichtigen.'
Gernot Dern, SEB-Bank: 'Wie ein Stadtplaner muss auch ein IT-Unternehmensarchitekt die vorhandenen Bauwerke, sprich Anwendungen und Systeme, berücksichtigen.'

Gernot Dern arbeitet als Chief-IT-Architect für die SEB-Bank in Frankfurt am Main. Er beschreibt seine Aufgabe ohne den typischen IT-Jargon: "Wie ein Stadtplaner erstelle ich einen Gesamtbebauungsplan und muss vorher nicht nur die Anforderungen an die Architektur analysieren, sondern auch die vorhandenen Bauwerke, sprich Anwendungen und Systeme, berücksichtigen." Angesichts von 300 wichtigen Anwendungen allein in Deutschland und von Systemen, die oft über die gesamte schwedischen SEB-Gruppe eingeführt werden, muss Dern eine hohe Komplexität steuern.

Hier lesen Sie ...

  • wann sich ein Unternehmen einen Enterprise-Architekten leistet;

  • welche Aufgaben diese Architekten haben;

  • warum berufserfahrene IT-Generalisten die besseren Kandidaten für diesen Job sind.

Was Enterprise- von Software-Architekten unterscheidet

Im Unterschied zu Softwarearchitekten, die sich nur um eine einzige Anwendung kümmern, müssen IT-Unternehmensarchitekten mitunter Tausende von Anwendungen im Blick haben und entscheiden, ob sie sinnvoll in den Bebauungsplan zu integrieren sind oder abgelöst werden. Eine Aufgabe, die in der Regel nur noch mit Hilfe so genannter EAM- (Enterprise-Architecture-Management-)Tools zu bewältigen ist. Eine komplexe Applikationslandschaft gibt oft den Anstoss, dass sich Unternehmen einen Enterprise-Architekten leisten. Der Münchner Autor und Berater Wolfgang Keller, der sich schon 15 Jahre mit dem Thema Softwarearchitektur auseinandersetzt und zuletzt als Chefarchitekt im Generali-Konzern tätig war, beschreibt die Szene so: " Je größer das IT-Budget, desto wahrscheinlicher trifft man einen Unternehmensarchitekten an. Selten findet man ihn in Firmen mit weniger als 50 Millionen Euro IT-Budget, häufig in Konzernen mit 200 und mehr Millionen Euro IT-Aufwendungen." Mittelständische Firmen beschäftigen laut Kellers Erfahrung nur dann einen Unternehmensarchitekten, wenn IT zum Kerngeschäft gehört, wie bei Banken und Versicherungen. In der Regel ist der Enterprise Architekt kein Einzelkämpfer, sondern hat ein kleines Team an Mitarbeitern an der Hand, die etwa ein Prozent der IT-Mannschaft ausmachen.