CIO.de: Aber bei der Übung ist alles nur Simulation?
Unger: Ja, der normale Bürger bekommt davon nichts mit. Es ist keine Übung, bei der Einsatzkräfte durch die Gegend fahren. Es ist eine „Table-Top"-Übung, die von uns aus Bonn und von unserer Akademie aus Bad Neuenahr über das Internet gesteuert wird. Die Übungsteilnehmer in den Bundesländern, den Behörden, den Unternehmen und im Krisenstab in Berlin sitzen in ihren normalen Einsatzräumen und spielen vor Ort mit. Wir werden auch tatsächlich keinen Virus in die Welt schicken oder einen Angriff mit Massen-Spam durchführen. Es gibt stattdessen ein Übungsdrehbuch mit unterschiedlichen Lageeinspielungen für alle Beteiligten. Irgendwas fällt aus, und die Beteiligten müssen darauf reagieren.
Fiktive Medien spielen eine große Rolle, auch Twitter und Facebook sind dabei
Ein ganz wichtiges Element ist dabei die Auswertung von fiktiven Medien. Wir haben extra eine besondere Tagesschausendung produzieren lassen, auf die die Stäbe reagieren müssen. Auch Zeitungen und Agenturmeldungen haben wir produziert. Es ist aber nicht so, dass an einem Flughafen wirklich irgendeine Software ausfällt.
CIO.de: Ist es besser, wenn viel schief geht oder wenn alles klappt?
Unger: Diese zwei Übungstage sind ja nur das I-Tüpfelchen eines langen Prozesse, der rund zwei Jahre umfasste. Wir hoffen insofern, dass nicht so viel schief geht, denn wir haben dafür in den vergangenen zwei Jahren sehr viel und intensiv miteinander gearbeitet. Als wir vor zwei Jahren fragten, wer mit üben wolle, stießen wir auf großes Interesse. Dann fingen die Vorbereitungen an.
Es ist ein langer Prozess. Da muss im Vorfeld etwa eine Behörde ihre Krisenmanagementstrukturen anpassen. Man überprüft die eigenen Verfahren, macht Fortbildungen und nimmt an Qualifizierungsmaßnahmen teil. Zum Beispiel zum Thema Presse- und Öffentlichkeitarbeit. Denn zunehmend treibt uns das Thema Social Media um. Wie reagiert die Bevölkerung auf Gerüchte und Informationen auf Facebook und bei Twitter? Bei der Übung prüfen wir, ob unsere dafür optimierten Strukturen stimmen. Aber natürlich wird es auch Fehler, Defizite und Mängel geben.
CIO.de: Ist das Cyber-Thema etwas Besonderes für Sie – oder läuft so eine Übung immer ähnlich ab?
Unger: Die Zielsetzung und die grundsätzlichen Regeln sind die gleichen. Es geht immer um das Krisenmanagement in föderalen Strukturen unter Beteiligung von Privaten. Im Bundesinnenministerium sitzt derselbe Krisenstab wie bei der letzten Übung im Januar 2010 – allerdings mit anderen Fachkompetenzen, die hinzugezogen werden.