IBM will Sun

Der Server-Markt wird neu geordnet

19.03.2009
Von 
Wolfgang Herrmann war Editorial Manager CIO Magazin bei IDG Business Media. Zuvor war er unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO und Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.

Der Einfluss auf den Server-Markt

Der Einfluss der Akquisition auf den gesamten Server-Markt und insbesondere auf das Unix-Segment wäre extrem und würde zu einer weitgehenden Neuordnung führen. Die IBM-Sun-Fraktion würde auf jeden Fall gestärkt und wäre gerade im Highend absolut führend. HP würde in diesem Segment deutlich geschwächt, die aktuell angekündigte vertiefte Partnerschaft mit Sun wäre wohl obsolet und HP würde sich primär auf das jetzt schon sehr erfolgreiche x86- und IA64-Geschäft konzentrieren. Auf Dell hätte die Transaktion relativ wenig Einfluss, da die Überschneidungen der Geschäftsfelder von Dell und IBM/Sun nicht besonders relevant sind.

Der große Verlierer einer Fusion von IBM und Sun wäre Fujitsu (inklusive FSC), da Sun aus strategischer und technischer Sicht optimal zu Fujitsu gepasst hätte. Die schon bestehende Technologiepartnerschaft zwischen Fujitsu und Sun (Prozessoren, Betriebssystem) hätte weiter ausgebaut werden können und auch die regionale Ausweitung auf die USA hätte perfekt gepasst. Eigentlich müsste Fujitsu jetzt aggressiv in den Bieterkampf eintreten - das entspricht aber kaum der Mentalität der Japaner. Zusätzlich verliert Fujitsu auch einen verlässlichen Partner im Unix-Markt, da IBM mittelfristig wohl weder Solaris noch die Prozessortechnik Sparc für den Wettbewerber in der gewohnten Form weiterentwickeln und bereitstellen dürfte.

Im Softwaremarkt könnte die "Anti-Microsoft-Koalition" mit einer starken Kombination von IBM und Sun weiter Auftrieb bekommen. Dies ist aber nicht der primäre Treiber des Deals.

Der Einfluss auf die Kunden

Kurzfristig, also im Zeitraum von ein bis zwei Jahren, ist kein besonderer Einfluss auf die Anwender zu erwarten - außer der Tatsache, dass die Zukunft von Sun "gesichert" wäre. Welche Technologien weitergeführt werden und damit "überleben" können, würde in diesem sehr speziellen Fall sicher erst nach einer gründlichen Analyse entschieden werden. Diese bräuchte mindestens sechs bis zwölf Monate Zeit. Eine Tendenz zu IBM-Techniken ist zwar zu erwarten. Doch auf der anderen Seite betont Big Blue wie kein anderes Unternehmen der Branche das Thema "Investitionssicherheit" gegenüber dem Kunden.

Der Einfluss auf den Handel

Für das Partner-Ökosystem würde sich eine - auch schon kurzfristig spürbare - sehr spannende Konstellation ergeben. Die Partner von Sun gelten als sehr loyal. Sie schätzen an Sun unter anderem die für einen IT-Konzern geradezu mittelständische Organisation mit kurzen Wegen und Entscheidungen. Dass das bei der IBM so wäre, kann man nicht behaupten, obwohl der Konzern in den letzten Jahren signifikante Fortschritte gemacht hat. IBM versucht zwar derzeit, sich durch seine Partnership Solution Center geografisch und organisatorisch dem Mittelstand zu nähern. Doch dieser sicher richtige Ansatz braucht noch Zeit, um Erfolge zu zeigen. Die Partnerlandschaft von Sun wäre ohne Zweifel eine große Bereicherung für IBM. Umso wichtiger erscheint es deshalb, in diesem Umfeld sehr behutsam vorzugehen.