Der RoI sagt nur die halbe Wahrheit

24.10.2005
Von Johannes Lorenz 
Um den Deckungsbeitrag eines Projekts zu ermitteln, sind unterschiedliche Berechnungsmethoden notwendig.

Wer kennt sie nicht, die "Return-on-Investment"-Studien, mit denen IT-Verantwortliche heutzutage bombardiert werden? Im Internet sind sie gleich dutzendweise zu finden. Dass diese Studien meist eine hohe Rentabilität in kurzer Zeit reklamieren, überrascht kaum. Auch die internen IT-Abteilungen mögen versucht sein, RoI-Analysen so anzuwenden, dass Budgets für Projekte oder neue Technologien genehmigt werden. Dementsprechend kritisch sind diese Zahlenwerke zu sehen. Was macht diese Analysen auf der einen Seite so attraktiv, auf der anderen Seite aber auch so problematisch? Welche Fallstricke sind zu berücksichtigen, wo sind die Grenzen dieser Methode, und welche Techniken bieten sich ergänzend an, um IT-Investitionen besser beurteilen zu können?

Die zeitliche Dimension verändert den RoI-Wert

Jahr 0 Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3

Kosten 100 000 ¤ 25 000 ¤ 25 000 ¤ 25 000 ¤

Ertrag 0 ¤ 200 000 ¤ 200 000 ¤ 200 000 ¤

Gesamtkosten 100 000 ¤ 125 000 ¤ 150 000 ¤ 175 000 ¤

kumulierter -100 000 ¤ 75 000 ¤ 250 000 ¤ 425 000 ¤ Netto-Ertrag

ROI 60,00 % 166,67 % 242,86

Payback Period (PBP) anhand zweier Beispielprojekte

RZ-Konsolidierung Jahr 0 Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 Jahr 6 Jahr 7 Jahr 8

Netto-Cashflow -1 000 000 ¤ 500 000 ¤ 500 000 ¤ 0 ¤ 0 ¤ 0 ¤ 0 ¤ 0 ¤ 0 ¤

Kumulativer Cashflow -1 000 000 ¤ -500 000 ¤ 0

PBP

EDI-Projekt Jahr 0 Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 Jahr 6 Jahr 7 Jahr 8

Netto-Cashflow -1 000 000 ¤ 200 000 ¤ 200 000 ¤ 200 000 ¤ 200 000 ¤ 200 000 ¤ 200 000 ¤ 200 000 ¤ 200 000 ¤

Kumulativer Cashflow -1 000 000 ¤ -800 000 ¤ -600 000 ¤ -400 000 ¤ -200 000 ¤ 0 ¤ 200 000 ¤ 400 000 ¤ 600 000 ¤

Der Net Present Value bezieht auch die Kapitalkosten ein

RZ-Konsolidierung Jahr 0 Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 Jahr 6 Jahr 7 Jahr 8

Net Cash Flows -1 000 000 ¤ 500 000 ¤ 500 000 ¤ 100 000 ¤ 100 000 ¤ 100 000 ¤ 50 000 ¤ 30 000 ¤ 20 000 ¤

Cumulative Cashflow -1 000 000 ¤ -500 000 ¤ 0 ¤ 100 000 ¤ 200 000 ¤ 300 000 ¤ 350 000 ¤ 380 000 ¤ 400 000 ¤

NPV at discount rate 7% 183 987,66 ¤

NPV at discount rate 5% 237 028,42 ¤

NPV at discount rate 9% 136 579,19 ¤

EDI-Projekt Jahr 0 Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 Jahr 6 Jahr 7 Jahr 8

Net Cash Flow -1 000 000 ¤ 200 000 ¤ 200 000 ¤ 200 000 ¤ 200 000 ¤ 200 000 ¤ 200 000 ¤ 200 000 ¤ 200 000 ¤

Cumulative Cashflow -1 000 000 ¤ -800 000 ¤ -600 000 ¤ -400 000 ¤ -200 000 ¤ 0 ¤ 200 000 ¤ 400 000 ¤ 600 000 ¤

NPV at discount rate 7% 181 551,12 ¤

NPV at discount rate 5% 278 707,19 ¤

NPV at discount rate 9% 98 131,95 ¤

Die Internal Rate of Return bezeichnet den Zinssatz, bei dem der NPV gleich 0 ist

RZ-Konsolidierung Jahr 0 Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 Jahr 6 Jahr 7 Jahr 8

Net Cash flows -1 000 000 ¤ 500 000 ¤ 500 000 ¤ 100 000 ¤ 100 000 ¤ 100 000 ¤ 50 000 ¤ 30 000 ¤ 20 000 ¤

IRR 16

EDI-Projekt Jahr 0 Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 Jahr 6 Jahr 7 Jahr 8

Net Cash Flow -1 000 000 ¤ 200 000 ¤ 200 000 ¤ 200 000 ¤ 200 000 ¤ 200 000 ¤ 200 00 ¤ 200 000 ¤ 200 000 ¤

IRR 12

Hier lesen Sie …

• wo der Begriff RoI herkommt;

• woran die RoI-Berechnungen kranken;

• was Switching-Costs und Opportunity-Costs aussagen;

• welche Fehler bei der NPV-Ermittlung gern gemacht werden;

• warum die IRR-Methode nicht für sich allein betrachtet werden sollte.

Literatur

• Kelleher, John, und MacCormack, Justin: Internal Rate of Return: A Cautionary Tale, in McKinsey on Finance, Summer 2004, Seite 16 ff.

• Mayor, Tracy: A Buyer’s Guide to IT Value Methodologies im "CIO Magazine" vom 15. Juli 2002.

• Hitchner, James, und Mard, Michael: Financial Valuation Workbook, John Wiley & Sons, 2003.

• Bragg, Steven: Business Ratios, Formulas and Statistics, John Wiley & Sons, 2002.

• Shapiro, Carl, und Varian, Hal: Information Rules, Harvard Business School Press, 1999.

Die Return-on-Investment-Berechnungen gehen zurück auf Donaldson Brown, einen Ingenieur bei der Chemiefirma Dupont in Wilmington, Delaware. Er hat bereits imJahr 1919 Formeln für das Unternehmens-Controlling entwickelte. 2002 definierte David Pearce im "MIT Dictionary of Modern Economics" den RoI als einen "allgemeinen Ansatz, um die Erträge von Kapitalinvestitionen anzugeben, wobei der Gewinn als prozentualer Anteil an der Investitionssumme ausgedrückt wird."

Gewinn

RoI = Investitionskosten * 100

Immer dann, wenn Kosten und Ertrag einer Investition eindeutig zugeordnet sind, darf mit dieser Formel gerechnet werden. Sie ist sehr einfach, und sie liefert leicht zu interpretierende Prozentwerte. Deshalb wird sie so gern benutzt. Doch sobald verschiedene Projektalterna- tiven beurteilt werden sollen, hören die Vorteile dieser Berechnungsmethode auf. Ist das Projekt mit dem höheren RoI tatsächlich die bessere Investition? Nur dann, wenn alle Randbe- dingungen gleich bleiben! Aber diese Voraussetzung ist bei komplexen Entscheidungen kaum zu erfüllen. Eine Projektinvestition läuft in der Regel über ei- nen längeren Zeitraum. Die RoI-Formel enthält jedoch per se keinen Zeithorizont. Dass diese Dimension für das Ergebnis der Rentabilitätsberechnung erheblich ist, zeigt das nebenstehende Beispiel in Tabellenform:

Für eine korrekte Interpretation des RoI muss folglich der betrachtete Zeithorizont angegeben werden. Darüber hinaus berücksichtigt die RoI-Berechnung nur die direkten Kosten. Diese Investitionskosten sind in der IT aber höchstens die halbe Miete. In komplexen und langfristig angelegten Projekten fällt es jedoch schwer, die direkten und indirekten Kosten exakt zu erfassen. Deshalb - und um das Risiko zu berücksichtigen - arbeitet die IT hier zumeist mit konservativ angesetzten Zahlen (höheren Kosten, geringere Gewinnerwartung). Gegenüber kleineren, überschaubaren Projekten, deren Zahlen sich präzise erheben lassen, sind Großprojekte bei einer reinen RoI-Betrachtung deshalb per se benachteiligt.

Weitere Kritik am RoI entzündet sich daran, dass er nichts über das Investitionsrisiko aussagt. Ein Projekt mit einem RoI von 500 Prozent mag auf den ersten Blick lukrativ erscheinen. Die Frage ist jedoch, ob hier 10000 Euro oder ein Million zu investieren beziehungsweise zu riskieren sind. Die Antwort darauf rückt den RoI-Wert unter Umständen in ein völlig anderes Licht - ganz davon abgesehen, dass sich in dem nackten Wert auch kein Hinweis darauf findet, wie lange es dauern wird, bis die Kapitalrückflüsse die Investition ausgeglichen haben.

Aus diesen Gründen ist es dringend notwendig, die RoI-Ermittlung durch andere Formen der Rentabilitätsberechnung zu ergänzen.

Payback Period (PBP)

Eng verknüpft mit dem ROI ist die Berechnung der Payback Period (PBP). Sie bezeichnet die Zeitspanne (in Monaten), die vergeht, bis der kumulierte Geldstrom, den das Projekt generiert, also der Cashflow, ein positives Vorzeichen bekommt. Anders formuliert, misst die PBP die Dauer des Projekts bis zu dem Zeitpunkt, wo die Einnahmen den Ausgaben entsprechen, also der "Break-even" erreicht ist. Die mathematische Gleichung heißt hier:

PBP = Kosten

jährliche Cashflows

Die Stärke der Methode liegt ebenfalls in ihrer Einfachheit. Aber anders als der RoI liefert sie Anhaltspunkte für das Risiko eines Projekts abhängig von seiner Laufzeit.

Wer die Wahl zwischen unterschiedlichen Projekten mit derselben Dringlichkeit hat, wird sich also für das mit der kürzeren PBP entscheiden, denn je länger die Payback Period dauert, desto höher ist das Risko, dass die ursprünglich zugrunde gelegten Prognosen oder Modellannahmen nicht mehr zutreffen.

Besonders intensiv muss ein Projektvorschlag untersucht werden, wenn die PBP der prognostizierten Lebensdauer des Vorhabens relativ nahe kommt. Angenommen, die PBP beträgt 29 Monate bei einer Lebensdauer von 36 Monaten, so bleiben nur noch sieben Monate, um Gewinne zu erwirtschaften. Hier empfiehlt es sich, die getroffenen Annahmen noch einmal zu überprüfen - mittels eines Worst-Case-Szenarios oder einer Sensitivitätsanalyse. So lässt sich feststellen, wie empfindlich das Modell auf unvorhergesehene Störungen reagiert. In diesem Fall ist man auch gut beraten, den Projektfortschritt eng zu überwachen, um vor unliebsamen Überraschungen gefeit zu sein.

Vorgaben sollten variabel sein

In der IT finden sich oft Vorgaben für eine PBP von sechs Monaten oder weniger. Solche Forderungen sollen sicherstellen, dass das investierte Kapital schnell zurückfließt. Damit wird der Fokus auf kleinere, eher umsetzbare Projekte mit niedrigem Risiko gerichtet, was grundsätzlich empfehlenswert ist. Allerdings liegt darin die Gefahr, dass langfristige Projektinitiativen, die substanziell zum Unternehmensertrag beitragen, unnötig behindert werden. Deshalb sollten die Vorgaben variable gestaltet sein.

Neben ihren Vorteilen hat die PBP-Methode auch ihre Schwächen: Sie liefert keine Informationen darüber, was nach Erreichen des Breakeven passieren soll. Wie entwickeln sich die Cashflows weiter? Ändern sich die Vorzeichen möglicherweise - zum Beispiel durch Steuernachzahlungen - wieder von positiv nach negativ?

Zwei Beispiele zur Illustration

Eine isolierte Payback-Analyse kann dazu führen, dass ein Projekt favorisiert wird, obwohl eine andere Variante attraktiver ist. Dazu ein Beispiel: Angenommen, es sind zwei Projekte mit einem Investitionsvolumen von jeweils einer Million Euro zu bewerten. Das erste ist ein Rechenzentrums-Konsolidierungsprojekt, das die Hard- und Softwarekosten im ersten und zweiten Jahr um jeweils 500 000 Euro verringert. Das zweite ist ein EDI-Projekt (Electronic Data Interchange), das beispielsweise durch Personalreduzierung Ausgaben von 200 000 Euro pro Jahr einspart.

Die Payback Period des ersten Projekts beträgt zwei Jahre, die des zweiten fünf Jahre. Eine Entscheidung, die auf der reinen PBP-Betrachtung basiert, würde dem ersten Projekt mit der kürzeren Payback-Zeit den Vorzug geben, weil es das investierte Kapital schneller zurückbezahlt. Das zweite Projekt ist aber das bessere Investment, weil es auch nach Erreichen des Breakeven jährlich einen positiven Cashflow generiert, wie nebenstehende Grafik untermauert.

Weder in der RoI- noch in der PBP-Methode ist per definitionem festgelegt, welche Einzelpositionen unter Gewinn, Kosten oder Casflow zu subsummieren sind. Folglich ergeben sich für die Einstellung des Modells große Freiheiten. Wurden tatsächlich alle Kosten erfasst? Sind Nebeneffekte in anderen Unternehmensbereichen zu erwarten? Entstehen Anpassungs- oder Schulungsaufwände? Um diese Fragen beantworten zu können, ist es wichtig, die getroffenen Annahmen und Randbedingungen sowie das zugrundeliegende Modell bei den RoI-Analysen offenzulegen.

Gern behilft man sich an dieser Stelle mit dem Modell der Total Cost of Ownership (TCO), impliziert doch das Wort "total" eine gesamtheitliche Betrachtung. Tatsächlich erfasst TCO - sofern kein modifiziertes Framework verwendet wird - aber lediglich die direkten Kosten wie den Kaufpreis und die indirekten Kosten wie Wartung, Betrieb etc. In der Investitionspraxis sind aber zwei weitere Kostenarten relevant: die Switching Costs und die Opportunity Costs.

Die Switching Costs

Switching Costs entstehen dadurch, dass entweder heute eine existierende technische Plattform ersetzt wird oder morgen Folgekosten aus einer vorhandenen Technologie erwachsen. Die Hersteller versuchen oft, die künftigen Switching Costs so hoch wie möglich zu treiben, um den Anwender an sich zu binden und ihn von Wettbewerbern fernzuhalten. Es kann nicht schaden, diesen Faktor im Auge zu behalten. Wie Carl Shapiro und Hal Varian in ihrem Buch "Information Rules" schrieben, kann niemand "in der Informationswirtschaft am Wettbewerb teilnehmen, wenn er es nicht versteht, die Switching Costs zu identifiziren, zu messen und zu durchdringen sowie seine Strategie darauf auszurichten."

Die Opportunity Costs

Die von der IT geforderte Anpassungfähigkeit an wechselnde Randbedingungen setzt voraus, dass es Optionen gibt, die sich auch ausüben lassen - möglichst zu tragbaren Kosten. Beim Vergleich von Investments sollte dieser Aspekt Berücksichtigung finden. Eröffnet die vorgeschlagene Technologie Optionen? Limitiert sie sie, oder sperrt sie aus?

Ein Beispiel soll die wachsende Bedeutung der Opportunity Costs verdeutlichen: Um eine Summe von einer Million Euro konkurrieren auf der einen Seite ein Großprojekt, auf der anderen mehrere Klein- und Mittelprojekte. Das Großvorhaben schöpft den gesamten Budgetrahmen aus, so dass keines der anderen Projekte umgesetzt werden kann. Entscheidet sich das Unternehmen für das eine Projekt, so entgehen ihm "Opportunities".

Anders ausgedrückt: Der Nutzen, den das Unternehmen aus den anderen Projekten hätte ziehen können, bleibt aus. Unter dem Strich entstehen damit Kosten. Und diesen Kostenblock hat die Analyse einzubeziehen - als negative Cashflows im Jahr ihres Auftretens.

Der Analyst muss sein Modell so gestalten, dass es möglichst nah an die Realität herankommt. Die Qualität der Analyse steht und fällt mit den Annahmen, die dem Modell zugrunde liegen. Die gemeinsame Betrachtung von Total Cost of Ownership und Switching- sowie Opportunity-Costs liefert also ein stimmigeres Bild der Kostensituation als das reine TCO-Modell.

Net Present Value (NPV)

Mit der Payback Period lässt sich die Frage beantworten, ab wann ein Investment einen Ertrag liefert. Wie hoch dessen Zeitwert definitiv ist, verrät die PBP-Berechnung allerdings nicht. Dieser Wert lässt sich über den Net Present Value (NPV) ermitteln. Er rechnet künftige Kapitalerträge auf einen bestimmten Zeitpunkt um, wobei er Zinsen und Inflation einbezieht. Als Ergebnis liefert er eine monetäre Kennzahl in Euro. Die Formel dafür sieht folgendermaßen aus:

Hierbei bezeichnet "CF" den Cashflow, "r" die Discount Rate, "n" die Anzahl an Jahren.

Als Faustregel gilt: Jedes Projekt mit einem positiven NPV generiert mehr Geld als es kostet, weshalb es realisiert werden sollte. Projekte mit einem negativen NPV kosten mehr, als sie einbringen und sind daher abzulehnen.

Der NPV eignet sich für die Beurteilung langfristiger Projekte. Dabei werden einfach alle ein- und ausgehenden Cashflows einer Zeitperiode mit der Zinsrate verrechnet. Schwierig ist einzig die Bestimmung, welche Cashflows relevant sind. Hierfür gibt es eine Regel, das "With/without Criterion". Es besagt, dass Cashflow-Änderungen, die sich auf den Basisfall beziehen, in die Berechnung eingehen müssen. Alles andere ist irrelevant.

Vorsicht vor falschen Annahmen

Ein gern gemachter Fehler besteht hier darin, Kosten zu berücksichtigen, die bereits beglichen wurden. Egal wie hoch die Summen auch sein mögen - wenn sie gezahlt sind, dürfen sie nicht berücksichtigt werden. Sie bewirken keine Änderung des Cashflows, also spielen sie keine Rolle. Anderenfalls werden brauchbare Projektvorlagen durch falsche Annahmen unfair belastet und möglicherweise abgelehnt. Außerdem darf nach dieser Regel wirklich nur mit Cashflows gearbeitet werden, nicht mit Profits, Buchwerten und/oder Umsatzerträgen.

In einer Modifikation des oben beschriebenen Projektbeispiels sollen der Rechenzentrums-(RZ-) Konsolidierung noch einige positive Cashflows bis ins achte Jahr hinein zugestanden werden. Auf Basis der absoluten Cash-Werte liefert das EDI-Projekt nach acht Jahren 200000 Euro mehr: 600000 gegenüber 400000 Euro.

Das ist aber nicht die ganze Wahrheit, denn über die Zeit hinweg werden auch Inflations- und Zinseffekte wirksam. Deswegen ist es hilfreich, zu wissen, welchen heutigen Wert die künftigen Erträge repräsentieren. Und genau diese Frage beantwortet der NPV. Nimmt das Unternehmen am Kapitalmarkt Geld auf, beispielsweise mit einem Zinssatz von sieben Prozent, so hat das RZ-Projekt den höheren NPV (183 987 Euro gegenüber 181 551 Euro), weshalb im Zweifelsfall lieber dieses Vorhaben umgesetzt werden sollte. Das veranschaulicht die obige Tabelle.

Hier ist aber bereits eine Einschränkung des NPV-Modells erkennbar. Wir müssen einen Zinssatz für die gesamte Laufzeit des Projekts festsetzen oder schätzen. Der NPV des RZ-Projekts liegt nur geringfügig höher als der des EDI-Projekts. Von daher ist es interessant, zu erfahren, wie empfindlich er auf Änderungen des Zinssatzes reagiert.

Liegt der Zinssatz beispielsweise um zwei Prozentpunkte höher, also bei neun Prozent, so liefert das RZ-Projekt einen deutlich höheren NVP. Dieser Effekt lässt sich über die viel kürzere Payback-Zeit erklären, weil damit die Kapitalrückzahlung früher beginnt. Bei einem um zwei Punkte niedrigeren Zinssatz von fünf Prozent liefert aber wieder das EDI-Projekt den höheren NPV. Solche Szenario- und Sensitivitätsanalysen lassen sich leicht in die NVP-Berechnung integrieren. Bei positiven NPV-Werten, die keine großen Unterschiede aufweisen, sollte man sie nutzen, um sich ein klareres Bild zu verschaffen.

Außerdem ist es sinnvoll, die anderen vorgestellten Methoden in die Entscheidungsfindung einzubeziehen. Denn auch der NPV hat einen kleinen Nachteil: Bei Investitionsvorlagen geht es immer wieder um die Frage, wie sich mit einem limitierten Budget das bestmögliche Ergebnis erzielen lässt. Aus der NPV-Zahl geht aber nicht hervor, wie hoch das Erstinvestment ist.

Hier kann man sich mit zwei Methoden helfen. Eine davon ist der Profitability Index (PI). Berechnet wird er mit der Formel

PI = NPV

Ausgangs-Investment 10

Der PI lässt sich als Ordnungskriterium für eine Rangfolge der Projekte nutzen.

Internal Rate of Return (IIR)

Die andere Methode ist die Internal Rate of Return (IRR). Der kritische Leser hat vermutlich bemerkt, dass mit steigendem Zinssatz der NPV zurückgeht und irgendwann den Wert 0 annehmen wird. Der Zinssatz, bei dem genau das passiert, wird mit der IRR-Methode ermittelt. Die Formel hierfür sieht folgendermaßen aus:

Diese Gleichung ist nach "r" aufzulösen. Mit Hilfe einer Tabellenkalkulation lässt sich ein Polynom höherer Ordnung iterativ bestimmen. In dem gewählten Beispiel sieht das so aus, wie in der Tabelle unten dargestellt.

Das RZ-Projekt erzielt hier eine IRR von 16 Prozent. Solange also das Unternehmen für seine Investition einen günstigen Zinssatz als 16 Prozent bekommt, liefert das Projekt einen positiven NPV und wäre folglich zu akzeptieren. Liegen die Kapitalkosten höher, wäre es abzulehnen.

Die so ermittelbare "Breakeven-Discount-Rate" wird von den Finanzabteilungen meist vorgegeben - als "Hurdle Rate" für interne Projekte. Jedes Vorhaben, das finanziert werden soll, muss dann eine Internal Rate of Return vorweisen, die mindestens dem festgelegten Schwellenwert entspricht. Bei einer durchaus typischen Hurdle Rate von 20 Prozent würden sowohl das RZ-Projekt als auch das EDI-Projekt abgelehnt - trotz guter Werte für RoI, Payback und Net Preset Value.

Mathematischer Fallstrick

Die IRR ist leichter zu verstehen und zu kommunizieren als der NPV. Gerade weil sie so gern genutzt wird, sei hier eine Warnung ausgesprochen: Eine Nullstellenbestimmung von Polynomen höherer Ordnung hat unter Umständen mehrere reelle Lösungen. Das kann passieren, wenn die Cashflows im Betrachtungszeitraum ungünstig liegen oder das Vorzeichen wechseln. Dann erhält man mehrere mathematisch korrekte IRRs.

In diesem Fall sind eine Graphenanalyse und eine Diskussion der Nullstellendurchgänge unumgänglich, denn ohne Zusatzinformationseinen weiß niemand, welcher IRR-Wert der richtige ist. John Kelleher und Justin MacCormack raten in ihrem Aufsatz "Internal Rate of Return: A Cautionary Tale" unter anderem deshalb, auf die IRR zu verzichten. Umso wichtiger ist es, diese Methode nicht für sich allein, sondern zusammen mit dem NPV zu betrachten.

Hoher Grad an Transparenz

Neben vielen anderen Methoden, die sich als Steuerungsinstrumente für die IT andienen, gelten die hier vorgestellten als Klassiker für die Beurteilung von Investitionsvorhaben. Werden sie so eingesetzt, dass sie sich gegenseitig ergänzen, ermöglichen sie die Beurteilung von IT-Investitionen mit einem relativ hohen Grad der Transparenz. Die Qualität der Aussagen hängt jedoch direkt von den zugrunde gelegten Modellannahmen ab. Deshalb müssen die IT-Manager saubere Modelle für ihre Business Cases erstellen, die Methoden konzentriert anwenden oder die von den Anbietern zur Verfügung gestellten Framworks anpassen und erweitern. Nur den ROI zu betrachten ist jedenfalls nicht genug. (qua)