DV-Welt: Von kleinen Anfängen zu einer reichhaltigen Welt

Der Programmierer im Wandel der Zeit

14.04.1989

*William R. Brittain ist Chef-Programmierer und Analytiker bei der Capital Holding Corp. in Louisville, Kentucky. Der Kommentar ist der Computerworld entnommen.

Wie unsere Technologie werden auch Programmierer in Generationen eingeteilt. Jede Generation verfügt über ihre eigenen Werte und Arbeitsmethoden, die auf der Entwicklung der Industrie beruhen. Die Veränderungen spiegeln nicht nur den Stand der Informationswissenschaft wider, sondern auch tiefgreifende soziologische Ereignisse, die eine Generation formen.

Mir sind drei solche Generationen bekannt: die vor mir, meine eigene und die folgende. In jeder dieser drei treten die prägenden Ereignisse, in den ersten Arbeitsjahren auf, also dann, wenn die Mehrheit der jeweiligen Generation um die zwanzig ist. Macht und Einflüsse in einer Generation entstehen um die dreißig und festigen sich um die vierzig und später. Die nächstfolgende Generation stellt das Leben und die Energie dar, welche die vorangehenden Generationen antreiben.

Die Programmierer-Generation vor mir begann ihre Arbeit in der Industrie mit dem Löten von Schalttafeln und Programmieren von Rechnern, deren gesamte Speicherkapazität für das Betriebssystem und sämtliche entwickelte Anwendungen 64 K betrug. Diese Generation nimmt Systemmethodologien, Programmierstandards, Theorien des strukturierten Programmierens oder des Systemaufbaus nicht sehr ernst. Aber irgendwie tun auch diese Programmierer ihre Arbeit, indem sie mindestens ein oder zwei Beispiele ihrer Arbeit liefern, die alle Erwartungen übertreffen.

Andere Bereiche rangieren dann "unter ferner liefen": Sie haben das Wort vom Programmierer geprägt, der keine Dokumentationen mag. Alle Bücher, Theorien und neuen Erklärungen der fortschreitenden Technologiewissenschaft sind für sie wie neue Kleider für ein Kind, bei dessen Geburt sie anwesend waren. Meine Generation erlebte Vietnam, die Frauenbefreiung, strukturiertes Programmieren und den Übergang zu virtuellen Betriebssystemen und zur Datenbank-Verwaltungstechnologie. Sie hat eine gewisse Beziehung hierzu, aber ich bin sicher, daß ich zu tief in der Sache stecke, um sie wirklich beurteilen zu können.

Vielleicht ist es ganz einfach so, daß die Veränderungen sowohl in der Industrie als auch in der Gesellschaft fundamentaler Art waren und in vielen Bereichen noch immer unterschätzt werden. Die Elemente, die neu eingeführt wurden, sind zu einem festen Bestandteil dieser Szene geworden: Frauen im Beruf, Datenbank-Verwaltungssysteme und ein wachsendes Bewußtsein für zwischenmenschliche Kommunikation, und das selbst dann noch, als sich im Geschäftsleben der Bedarf an Telekommunikation abzeichnete.

In letzter Zeit hat diese gleichberechtigte Mischung aus Männern und Frauen Formalität und Informalität, Technologie und Innovation zur Entstehung eines kleinen Monsters geführt: zu der des Personal Computers (PC) und einer neuen Software-Generation, die einem Teenager gleicht, der sein Potential noch nicht ausgelebt hat.

Zum Pech für die neueste Programmierer-Generation existiert in der Computerwelt viel Altes neben Neuem. Einige dieser Programmierer sagen voraus, daß ihre Karriere nicht von langer Dauer sein wird. Es ist sicher verwirrend und wesentlich schwieriger, sich hier durchzuschlängeln - es gibt so viel zu tun.

Von den relativ kleinen Anfängen hat sich die DV-Welt zu einer reichhaltigen Welt entwickelt mit verschiedenen Subkulturen und ihren eigenen Muttersprachen.

Die Wahl der Programmierer in der Industrie entspricht der Wahl im Privatleben jedes Mannes oder jeder Frau: Die Suche nach Stabilität und Sicherheit, während man den Rest der Welt kennenlernt. Dies ist für niemanden eine einfache Aufgabe, privat oder im Beruf.

Es ist bezeichnend, daß eines der bekanntesten Softwarepakte der vierten Generation "Focus" heißt. Hier liegt nämlich das Problem. Wo siedeln wir den Brennpunkt unserer Anstrengungen an, den Brennpunkt unserer Karrieren, unserer Privatleben und unserer Ziele? Es ist Jahre her, daß Victor Frankl "Die Suche nach Bedeutung" schrieb. Er sprach hierbei von der Suche nach einem Brennpunkt im Leben. Die 80er Jahre haben uns mit der PC-Technologie einen neuen Brennpunkt beschert.

Dieser persönliche Brennpunkt ist das A und O im Beruf, in unseren Fitnessclubs und in den Medien.

Massenmedien werden zu persönlichen Medien. Persönliche Kreativität hat einen neuen Wert. Sie hat den Wert einer Erfahrung, die geteilt werden muß, die all diese Elemente der individuellen Fähigkeiten, der Kommunikation, Bedeutung und der Brennpunkte vereint.