Kompetenzgerangel mit der DV-Organisation

Der PC-Benutzerservice fordert mehr Akzeptanz im Unternehmen

08.11.1991

MÜNCHEN (sc) - Unaufhaltsam entlasten in den Unternehmen PCs die zentrale DV. Aufgaben, die bisher der Großrechner übernommen hat, werden an den Arbeitsplatz verlagert. Damit gewinnt auch der Benutzerservice an Bedeutung. Die Anerkennung als wichtigen Servicebereich muß sich das ehemalige Stiefkind jedoch erst erobern. Oft fehlt die Einbeziehung in DV-Projekte - noch klemmt es auch beim Personal.

In den Unternehmen ist die Sensibilität für einen Benutzerservice ist erst mit der PC-Welle erwacht - zu spät, meint Wolfgang Haase, der bei der MD-Papier GmbH für diesen Bereich verantwortlich ist. "Es wäre besser, den Benutzerservice einzuführen, bevor Hard- oder Software installiert werden, damit sich die Support-Mitarbeiter die nötigen Kenntnisse aneignen können." Einen Benutzerservice erst dann einzurichten, wenn die Benutzer mit den Rechnern und Programmen nicht zurechtkommen - diesen Fehler habe man auch in der Papierfabrik gemacht, sagt der DV-Mann. Die Folgen dieser Verzögerungspolitik der Unternehmen schildert der PC-Profi eindringlich: "Damit läuft der Benutzerservice den Anwendern hinterher. Keiner erwirbt zum Beispiel ein Auto, wenn dafür keine Reparaturwerkstätten vorhanden sind; aber PCs werden so gekauft."

Haases Aussage läßt sich jedoch nicht verallgemeinern. So existiert unter anderem auch bei der Krauss-Maffei AG in München erst seit knapp zwei Jahren ein spezieller PC-Benutzerservice, doch der wurde dem Netzadministrator Thomas Peroutka zufolge sofort eingerichtet, als sich das Unternehmen entschloß, in großem Umfang PCs zu installieren.

Auf einen wesentlich längeren Erfahrungszeitraum kann die Hypo-Bank zurückblicken. Wie Reinhold Wirthl, GruppenIeiter im Organisationsservice, berichtet, besteht diese Abteilung bereits seit 15 Jahren, und damit ebenso lange, wie die gesamte DV. Neben den PCs betreuen die Mitarbeiter der Münchner Bank auch den Großrechner-Bereich.

Sowohl bei der Bank als auch bei Krauss-Maffei wurde der Enduser-Service nicht der Host-orientierten DV/Org.-Abteilung unterstellt, was für viele Manager eigentlich naheliegt. In diesem nach Sicht der Fachleute wichtigen Punkt bei der Einrichtung eines Benutzerservice läßt sich bei den Unternehmen keine einheitliche Linie ausmachen. Die Erfahrungen sind unterschiedlich. Bei einem in die DV/Org.-Abteilung eingegliederten User-Support kann es leicht zu einem "Kompetenzgerangel" kommen, weiß Haase. Sein Bereich sei zwar dort aufgehängt, Schwierigkeiten ließen sich aber nur vermeiden, wenn man die Aufgaben des Benutzerservice klar abgrenze.

Diese Trennung hat man offensichtlich bei der Hypo-Bank realisiert. Wirthl und seine Mannen agieren innerhalb der Organisationsabteilung. Die Schnittstelle zur Anwendungsentwicklung, zur Administration und zum Rechenzentrum - wie die Organisationsabteilung ein eigener Bereich - liegt weiter oben in der Unternehmenshierarchie. Dennoch werden die Mitarbeiter des Benutzerservice in DV-Projekte integriert, was Wirthl besonders mit Blick auf die anschließende Betreuung der Endanwender als wichtig erachtet. "Wir können einen Beitrag dazu leisten, daß die DV-Konzepte benutzerfreundlich sind", äußert der Fachmann.

User-Support als Serviceunternehmen

Anders als in den zentralen DV-Abteilungen, wo der Dienstleistungscharakter der Informationsverarbeitung oftmals verkannt wird, sieht sich der User-Support als Serviceunternehmen. "Für uns ist der Endanwender der Kunde", erklärt Wirthl. Bei Krauss-Maffei ist diese Einstellung für den Benutzerservice sogar zwingend. Die Abteilung ist als Profitcenter in die Dienstleistungs-GmbH des Konzerns eingegliedert. Peroutka: "Wir müssen uns selbst tragen. Der Benutzerservice hat sich gegen externe Unternehmen und ihre Serviceleistungen zu behaupten. Dies ist einerseits ein Handikap, andererseits fördert diese Situation aber den Wettbewerb und spornt zur Leistung an." Im Gegensatz zu anderen Organisationsformen bringe die Konstellation des Krauss-Maffei-Konzerns aber den Nachteil mit sich, daß es kaum zu schaffen sei, im Gesamtunternehmen eine einheitliche DV einzuführen, denn die DV-Verantwortlichen der einzelnen Gesellschaften entscheiden jeweils für ihren Betrieb.

Ein Betreuer für 20 bis 25 PCs

Nur wenige Support-Abteilungen sind jedoch in der Lage, ihren "Kunden" die gewünschte Betreuung zukommen zu lassen. "Besonders in unserem Bereich wird an Personal gespart", mäkeln die Verantwortlichen. Der Benutzerservice-erfahrene Manfred Kieslich vom Arbeitsgericht München rechnete während seines Referats auf einer Tagung der Integrata AG folgenden Personalbedarf vor: Seiner Ansicht nach sei bei einem gut funktionierenden User-Support für 20 bis 25 PCs ein Betreuer erforderlich.

In der Praxis ist dieser Anspruch bisher Utopie. "Wir sind acht Leute und betreuen etwa 300 PCs", erzählt Peroutka. Auch bei der MD-Papier sieht das im Verhältnis nicht anders aus. "Einschließlich meiner Person sind wir zu viert für rund 150 Anwender zuständig", sagt Haase, "schon bei einer wöchentlichen Anfrage pro Benutzer sind wir überfordert." An dieser Situation werde sich auch nur langsam etwas ändern. Noch fehle die Akzeptanz, sowohl von seiten der zentralen DV als auch vom Management. Ein verantwortlicher PC-Betreuer: "Der Benutzerservice hat ganz oben im Unternehmen noch nicht den Stellenwert, den er haben müßte."