Der Patentstreit um Android spitzt sich zu

09.08.2011
Nachdem zwei Bieterallianzen, jeweils um Microsoft und Apple, im großen Stil Softwarepatente von Novell und Nortel aufgekauft haben, ist bei Google Feuer unterm Dach. Das Unternehmen wittert eine Verschwörung.

Gegen Android gebe es "eine feindliche, organisierte Kampagne von Microsoft, Oracle, Apple und anderen", klagte Googles Chief Legal Officer David Drummond in einem Blogeintrag, der im Netz für Diskussionen sorgte. Sie werde "geführt durch betrügerische Patente". Grund dafür sei der enorme Erfolg des mobilen Google-Betriebssystems Android.

Die Gegner haben sich nach Meinung von Drummond verbündet, um gemeinsam die verfügbaren Patente von Novell und Nortel aufzukaufen und so Googles Zugriff darauf zu verhindern. Außerdem verlangten sie überzogene Lizenzgebühren von Android-Geräteherstellern oder zerrten diese sogar vor den Kadi. Patente, so Drummond, seien eigentlich dazu gedacht, Innovation zu fördern - in letzter Zeit würden sie aber eher als Waffe eingesetzt, um sie zu verhindern.

Eine "Steuer" auf Android-Geräte

Bei einem Smartphone, schreibt Drummond weiter, könne es schon mal 250.000 (wenn auch größtenteils fragwürdige) Patentansprüche geben. Die Google-Gegner versuchten nach Kräften, eine "Steuer" auf diese dubiosen Patente zu erheben und damit Android-Geräte für die Verbraucher und Hersteller teurer und somit unattraktiver zu machen. Doch damit nicht genug: Diese Strategie verteuere außerdem Patente weit über ihren tatsächlichen Wert hinaus - für das zuvor auf eine Milliarde Dollar geschätzte Nortel-Portfolio habe die "Rockstar"-Allianz letztlich 4,5 Milliarden Dollar hingeblättert.

Google sei fest entschlossen, Android als wettbewerbsfähige Alternative für Konsumenten zu erhalten, und werde alles tun, um diejenigen zu stoppen, die es abwürgen wollten. Man sei erfreut, dass das US-Jus-tizministerium der CPTN-Gruppe (siehe Kasten "Der Hintergrund") auferlegt habe, die früheren Novell-Patente zu fairen Be dingungen zu lizenzieren, und außerdem prüfe, ob Microsoft und Apple die Nortel-Patente für wettbewerbsfeindliche Zwecke erworben hätten (was in den USA gesetzlich untersagt ist). Der Konzern suche weiterhin nach Möglichkeiten, das eigene Patentportfolio zu erweitern. Google hatte etwa erst kürzlich der IBM eine Reihe von Patenten abgekauft.

Microsofts kühler Konter

Microsoft konterte Googles Vorwürfe umgehend. Chefjustiziar Brad Smith schrieb, die Anschuldigung, seine Firma habe die Novell-Patente erstanden, um sie Google zu entziehen, sei unsinnig. In Wirklichkeit habe Microsoft Google ausdrücklich eingeladen, gemeinsam mit den Redmondern dafür zu bieten. Google habe das abgelehnt.

Laut Drummond konnte Google auf diesen Vorschlag nicht eingehen, weil dann alle Käufer die gleichen Rechte gehabt hätten, was das Ende für Android bedeutet hätte.

Im Netz sorgt der Streit für viel Gesprächsstoff. Einig sind sich die Beobachter, dass fehlende Patente die offene Flanke des Web-Giganten Google sind. Wenn man nicht erpressbar werden wolle, müsse hier mehr investiert werden.

Für Erregung sorgte indes der Stil, in dem sich Google an die Öffentlichkeit wandte. An der Konzernspitze säßen Heulsusen ("Pussies"), schimpfte der Smartphone-Experte Brian Hall in einem vielbeachteten Blog-Eintrag. Google habe seit der Amtszeit von Bill Clinton keine einzige Innovation mehr hervorgebracht. Jetzt, wo das Unternehmen erstmals ernst zu nehmenden Gegnern in der gleichen Gewichtsklasse und "mit den Narben aus zahlreichen ähnlichen Fights" gegenüberstehe, rufe es im Jammerton nach der Regierung.

Der Hintergrund

Microsoft, Apple, Oracle und EMC haben gemeinsam 882 Novell-Patente aufgekauft und in die Rechteverwertungsgesellschaft CPTN Holdings Llc. eingebracht. Außerdem gibt es die so genannte Rockstar-Allianz, in der sich ebenfalls Microsoft und Apple, diesmal zusammen mit Sony, Ericsson, RIM und EMC, geeinigt haben, für 4,5 Milliarden Dollar 6000 Patente und Patentanträge vom bankrotten TK-Ausrüster Nortel zu erwerben. Auch Google war an diesem Paket sehr interessiert - schon um Verhandlungsmasse in anderen Patentstreitigkeiten zu haben. Die Nortel-Patente stammen unter anderem aus den Bereichen 3G- und 4G-Mobilfunk, WLAN und Internet-Suche.