Interview mit Brian Rogers, Outsourcing-Spezialist der Meta Group

"Der Outsourcing-Vertrag sollte kurz sein"

14.11.2003
Auf den, der seine IT ganz oder auch nur teilweise auslagern will, warten viele Fallstricke. Beim ersten Mal macht fast jeder Fehler, weiß Brian Rogers, Manager Consultant bei der Meta Group Deutschland. Mit dem projekterfahrenen Outsourcing-Spezialisten sprach CW-Redakteurin Karin Quack.

CW: Unter welchen Voraussetzungen ist Outsourcing billiger als Selbermachen?

ROGERS: Die erste Entscheidung, die das Unternehmen treffen muss, ist die, ob es tatsächlich weniger zahlen will. Meistens ist es unter dem Strich ja schon billiger, wenn ich eine Flatrate vereinbare, also die laufenden Kosten für die nächsten fünf Jahre beibehalten kann.

CW: Und wenn es tatsächlich billiger werden soll?

ROGERS: Dann muss ich zusehen, dass ich all die schönen Schweinsöhrchen loswerde, die für den Geschäftsprozess nicht wirklich notwendig sind. Man sollte seine Anwendungen zunächst klassifizieren: Was ist nötig, was verhandlungsfähig und was weder dringend noch notwendig? Und damit geht man dann in die Verhandlungsphase: Bieten Sie dem Outsourcer an, dies oder jenes wegzulassen, um die Kosten zu verrringern, aber lassen Sie ihn nicht merken, dass Sie ohnehin dazu bereit gewesen wären!

CW: Welche Vorleistungen muss ein Outsourcing-williges Unternehmen darüber hinaus erbringen?

ROGERS: Erst einmal sollte es die eigenen Prozesse in Ordnung bringen. Das Service-Management, also das Gesicht der IT ihren Kunden gegenüber, muss hervorragend organisiert sein. Wenn ich die IT erst einmal outgesourct habe, kann ich da nicht mehr so hineinreden, wie ich möchte. Deshalb muss mein Prozess nach außen sehr stark sein. Außerdem brauche ich einen Filter zwischen den ausgelagerten Bereichen und den internen Kunden. Wir bei Meta nennen ihn das "Customer Advocacy Center". Diese Service-Management-Einheit muss unbedingt im eigenen Haus bleiben. Sie verwaltet die Verträge und wacht über die Service-Level-Agreements.

CW: Wenn ich meine Serviceprozesse so gut strukturiert habe - wozu brauche ich dann noch ein Outsourcing?

ROGERS: Das ist nur die halbe Miete. Die Infrastruktur darunter ist ja nicht unerheblich. Alles, was jemand anders genau so gut oder besser macht wie ich, sollte ich nach außen geben. Behalten sollte ich hingegen Applikationen, die einen geschäftskritischen Ablauf unterstützen, also beispielsweise einen ganz speziellen Billing-Prozess. Nur so kann ich schnell reagieren. Man darf nicht vergessen, dass alles furchtbar formell und möglicherweise langsamer wird, wenn man outsourct.

CW: Verlangsamt ein Customer Advocacy Center die Abläufe nicht ebenfalls?

ROGERS: Nein, wieso? Dort werden doch nur die Dinge geregelt, die der Kunde ohnehin nicht versteht. Als Bremse könnte es nur dann wirken, wenn das Unternehmen per se zur Überverwaltung neigt.

CW: Outsourcing-Verträge füllen Bücherwände. Aber alle Eventualitäten lassen sich nie ausschließen.

ROGERS: Richtig. Outsourcing-Verträge nehmen im Grunde genommen drei Anläufe, bis es wirklich klappt. Deshalb rate ich dazu, den ersten Vertrag so kurz wie möglich anzulegen - etwa auf drei Jahre. So lassen sich alle Fehler, die ich beim ersten Mal gemacht habe, bei der zweiten Verhandlungsrunde berichtigen. Erfahrungsgemäß sind auch beim zweiten Mal nur 80 Prozent meiner Anforderungen abdeckt. Um die letzten 20 Prozent herauszuholen, ist es dann vielleicht sogar besser, den Partner zu wechseln.

CW: Wie können die Unternehmen für diesen Fall vorsorgen?

ROGERS: Sie sollten in den Vertrag hineinschreiben, dass sich der Outsourcer verpflichtet, die IT entweder zurück in den Urzustand zu versetzen oder an einen anderen Partner zu übergeben - selbstverständlich gegen Entgelt. Dass das kostenlos abgeht, sollte man sich nicht einbilden.

CW: Welche Vertragspunkte halten Sie außerdem für wichtig?

ROGERS: Man muss regeln, was passiert, wenn die Service-Levels dauerhaft nicht eingehalten werden. Dazu gehört unbedingt die zeitliche Definition.

CW: Wie lassen sich geschäftliche Änderungen berücksichtigen - beispielsweise eine Fusion?

ROGERS: Hierfür sollte eine gewisse Service-Bandbreite bestimmt werden. Wenn dieser Rahmen verlassen wird, werden die Kosten der zusätzlichen Leistung verhandelt. Aber das geht nur, wenn man vorher geklärt hat, wo das normale Wachstum überschritten ist.

CW: Manchmal ändern sich die Anforderungen auch innerhalb einer kurzen Vertragslaufzeit.

ROGERS: Die kleinen, gut definierten Anforderungen wie den Umzug oder die Neuanschaffung eines PCs regelt das Service-Request-Management. Die Anforderungen kommen hier über den Helpdesk, den ich hoffentlich nicht augelagert habe. Alle neuen Anforderungen hingegen müssen sich einem Change-Management-Prozess unterwerfen. Lassen Sie den Outsourcer nur nie direkt auf den Kunden los - oder umgekehrt! Sonst wundern Sie sich am Ende des Monats über die Rechnung.

CW: Sie erwähnten gerade das Thema Helpdesk. Viele Unternehmen haben ausgerechnet diesen IT-Bereich ausgelagert. Wieso ist das falsch?

ROGERS: Ich plädiere vehement dafür, dass zumindest ein Teil des Problem-Managements im Haus verbleibt. Das Incident-Management, also das Sammeln der Erstanrufe, kann meinetwegen jemand anderer übernehmen. Aber zumindest dann, wenn ich die Applikationsentwicklung behalte, bilde ich selbstverständlich auch den Second-Level-Support. Habe ich die Entwicklung ausgelagert, sollte ich auf jeden Fall der Empfänger des Trouble-Tickets sein.