Marktstudien von Frost & Sullivan und IDC

Der osteuropäische Markt ist nichts für schwache Nerven

31.05.1991

MÜNCHEN (CW) - Möglichst schnell müssen westliche Computeranbieter beträchtliche Investitionen tätigen, wenn sie am östeuropäischen Nachfrage-Boom partizipieren wollen. Hierin stimmen die Marktforscher von Frost & Sullivan International, London, und der international Data Corp. (IDC), Framingham/Massachusetts, überein.

Noch schwer tun sich die Analysten von Frost & Sullivan in ihrem neuesten Bericht "The Market for Information Technology Equipment & Systems in Eastern Europe" mit einer genauen Prognose des DV-Absatzvolumens.

So könnten 1993 bei günstigstem Verlauf knapp sechs Milliarden Dollar, im ungünstigsten Fall nur etwa 3,8 Milliarden Dollar umgesetzt werden. Die Einnahmen im Jahr 1990, dem Basisjahr des Berichts, schätzten die Londoner auf 1,69 Milliarden Dollar. Was die einzelnen Produktkategorien angeht, so sei in Osteuropa zunächst die Nachfrage nach PCs am stärksten. Nur in den neuen deutschen Bundesländern existiere von Beginn an ein beträchtlicher Markt für Großrechner.

Osteuropäische Kunden wollen Komplettlösungen

Auch müsse damit gerechnet werden, daß die osteuropäischen Kunden noch bis Mitte der 90er Jahre Komplettlösungen bevorzugen würden. Erst danach werde die Nachfrage nach separat verkauften Peripherie- und Datenendgeräten zunehmen.

Die IDC-Forscher gehen in ihrer Studie "Eastern European Computer Markets: Market Dynamics in Czechoslowakia, East Germany, Hungary, Poland and Yogoslavia" von einem Basisumsatz, von 600 Millionen Dollar im Jahr 1989 aus. Ihre Untersuchung kommt zu der Voraussage, daß die DV-Märkte in den untersuchten Staaten jährlich um durchschnittlich 22 Prozent ihres Volumens zulegen werden. Einig ist man sich mit Frost & Sullivan, daß PCs den größten Sprung machen werden, da in diesem Produktsegment die Wachstumsfaktoren wie Ersatzbedarf, Wegfall der Cocom-Restriktionen und die Notwendigkeit von Rationalisierungsmaßnahmen sich am intensivsten auswirken würden.

Wie IDC feststellt, hätten die westlichen Unternehmen dieses Feld noch weitgehend den heimischen Anbietern überlassen; lediglich 20 Prozent des osteuropäischen DV-Bedarfs würden von den Westfirmen gedeckt. Als Ausnahmen mit ausgeprägterer Ost-Präsenz nennen die Amerikaner IBM und ICL. Gerade das Geschäft mit PCs machten in hohem Maße lokale Anbieter, die ihre Produkte aus Komponenten, häufig fernöstlicher Herkunft, vor Ort assemblierten.

Als absatzstärkstes Gebiet innerhalb des ehemaligen RGW prognostizieren beide Studien die Ex-DDR. Dorthin, so Frost & Sullivan, werde in den nächsten fünf Jahren fast die Hälfte der gesamten Lieferungen gehen. Interessant seien aber auch die Märkte in Polen und der Tschechoslowakei. So erwarten die Londoner Marktforscher 1993 für Polen ein Umsatzvolumen von 719 Millionen Dollar, für die CSFR eine Nachfrage im Wert von 569 Millionen Dollar. Um die osteuropäischen Regionen auch erschließen zu können, heißt es in dem Frost & Sullivan-Bericht, sei jedoch ein schneller Markteinstieg erforderlich, der möglichst über Gemeinschaftsunternehmen mit bestehenden lokalen Betrieben erfolgen solle. Mehrere große DV-Hersteller, wie IBM, Siemens, DEC oder Bull, hätten diesen Weg bereits beschritten.

Fazit der Briten: Der osteuropäische Markt ist nichts für schwache Nerven und auch nicht geeignet für Unternehmen, die einen kurzfristigen Gewinn im Auge haben. Die

Vorab-Investitionen sind beträchtlich, und der Einsatz wird sich erst langfristig auszahlen. Gleichwohf, empfiehlt IDC, sei ein schneller Einstieg in den Markt unverzichtbar.