Der proprietäre Client hat keine Zukunft

Der Online-Dienst Compuserve wandelt sich zum Web-Service

31.05.1996

Der Umstieg auf die Web-Technologie soll bis zum Jahresende abgeschlossen sein, ließen Verantwortliche bei Compuserve verlautbaren. Spätestens 1997 wird der CIS-Zugang nicht mehr von der Verwendung des hauseigenen Clients Compuserve Information Managers (CIM) abhängen.

Dennoch soll noch im Juli die Version 3.0 der CIM-Software herauskommen. William Giles, Sprecher bei Compuserve, sagte den Kunden zu, die Software werde solange weitergepflegt, wie die Anwender Verwendung dafür hätten.

Mit dem Wechsel zur Web-Technologie folgt der Provider ähnlichen Aktionen von Microsoft, Prodigy und AT&Ts "Interchange Online Service". Der europäische Anbieter Europe Online hatte sogar entgegen ursprünglicher Pläne auf einen eigenen Client verzichtet und sich für Netscapes Navigator als Zugangssoftware entschieden.

Allerdings ist Compuserve mit seinen nahezu fünf Millionen Abonnenten weltweit der bislang größte Dienste-Anbieter, der den Schritt ins Internet wagt. Nur America Online (AOL) hält noch am proprietären Muster fest. Analysten glauben, daß AOL aufgrund seiner mit rund sieben Millionen Anwendern starken Marktstellung noch nicht den Druck des WWW spürt. Sie erwarten aber auch vom Marktführer, daß er künftig einen ähnlichen Schritt einleiten werde.

Die zunehmende Attraktivität und Popularität des Internet und des World Wide Web gefährden die Position der proprietären Services. Nicht nur die Anwender entscheiden sich für das Netz der Netze. Vor allem die Abkehr der Medien-Unternehmen, die Online-Services zur Präsentation von Angeboten nutzen, gefährdet die Stellung der privaten Dienste. Fast alle Content-Provider entwickeln mittlerweile Home-Pages für das WWW.

Compuserve wird in den kommenden Monaten verstärkt in die Entwicklung von Internet-fähigen Diensten und die Konvertierung der eigenen Angebote investieren. Diese Initiative läuft unternehmensintern unter dem Codenamen "Red Dog". Möglicherweise wird der Anbieter aber auch Technologien von Fremdanbietern erwerben müssen, um die eigenen Inhalte WWW-fähig zu machen.