Bisher kaum intelligente Lösungen am Arbeitsplatz:

Der mühsame Weg zur Bürokommunikation

18.03.1988

Die Verheißungen der DV-Anbieter im Hinblick auf optimale und effiziente Bürokommunikation gehen nach wie vor an der Realität in den Unternehmen vorbei. Hellmuth Fischer und Ute Hillmer* skizzieren die Gründe anhand der Fragestellung, was Computerintelligenz am Arbeitsplatz nützt, wenn sie nicht intelligent genutzt wird.

Steigende Installationszahlen zeigen es deutlich: Die zentrale DV hat Konkurrenz durch intelligente Arbeitsplatzsysteme in den Fachabteilungen bekommen. Preiswerte PC-Anwendersoftware, nicht anwendergerechte DV-Programme, vereinzelt auftretende PC-Freaks und ehrgeizige Abteilungsleiter haben diese Entwicklung eingeleitet.

Der Trend geht weg vom einfachen Terminal mit fester DV-Verbindung hin zum anwendergerechten multifunktionalen Arbeitsplatzsystem mit Text-/Daten-Bearbeitung und -Verarbeitung, Grafik, Tabellenkalkulation, elektronischer Mailbox (E-Mail) und kleinem Drucker.

Fehlende DV-Planung, Abteilungs- und Personen-Egoismen haben aus dieser Entwicklung heraus einen Wildwuchs an PC-Hardware und -Software verursacht - das Resultat sind sogenannte Insellösungen, die in Fachabteilungen parallel zur klassischen zentralen DV genutzt werden (Abbildung 1). Eine so gestaltete Dezentralisierung von Anwendungen - ohne ein ganzheitliches DV-Konzept - kann nur eine kurzfristige Arbeitserleichterung bringen denn Dateien, die in der zentralen DV gespeichert sind, müssen im PC neu eingegeben werden und können durch beschränkte Speicherkapazität im PC nur in kleinem Umfang gespeichert werden. Der Fachmann spricht hier vom Medienbruch.

Erst wenn so etwas nicht mehr stattfindet und Vorarbeiten, also Such-, Ablage-, Kopier- und Recherchieraufgaben automatisiert werden, lassen sich Effizienzsteigerungen auch zahlenmäßig nachweisen.

Basis für eine wirtschaftliche Lösung ist ein gut durchdachtes Gesamtkonzept, das den Zusammenschluß der Arbeitsplatzsysteme zu einem unternehmensweiten Kommunikationsnetz einschließt. Dies kann grundsätzlich in drei verschiedenen Systemkonzepten geschehen:

--- PC-Anschluß als Terminal an einen Host (Abbildung 2),

--- PC-Netz und isolierte Mainframe,

--- heterogenes PC-Mainframe-Netz (Abbildung 3).

Im ersten Fall kann der PC wahlweise als Terminal oder als PC im lokalen Modus benutzt werden. Der große Nachteil dieser Konfiguration ist, daß der PC bei allen Kommunikationsvorgängen vom Host abhängt. Zudem wird die Rechenkapazität am Arbeitsplatz in der Regel nur unzureichend genutzt.

Die im zweiten Fall vorgestellte "Nur-PC-Vernetzung" schränkt die Kommunikation beträchtlich ein, da keine Verbindung zwischen dem PC-Netz und der in den meisten Unternehmen vorhandenen Groß-DV vorhanden ist. Es entstehen zwei Informationsinseln mit der Folge manueller Datenübertragung.

Erst in der vertikalen Integration von Arbeitsplatzsystemen und Mainframes in einem Netz mit Kommunikationsmöglichkeiten zu öffentlichen Netzen, Rechezzentren und Datenbanken, das heißt im dritten Fall, kommt es zum wirtschaftlichen Einsatz von allen Ressourcen. Informationsfluß, Datenaustausch und File-Transfer von und zum Mainframe müssen genauso gewährleistet sein wie die Kommunikation der angeschlossenen PCs untereinander. Diese Einbindung von Arbeitsplatzsystemen und Mainframes kann in mehreren Stufen und mit unterschiedlichem technischen Aufwand vollzogen werden. Hier gilt es, sorgsam zu prüfen, was für die individuellen Anforderungen aus dem Unternehmen unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten vertretbar erscheint.

So kann die Integration sich auf den kontrollierten Zugriff gespeicherter Daten beschränken. Eine Programm-zu-Programm-Kommunikation ohne manuelle Eingriffe wäre eine nächste Stufe der PC-Mainframe-lntegration. Als technisch anspruchsvollste Lösung ist die auf PC und Mainframe verteilte Anwendung zu sehen, welche bis heute jedoch nur von wenigen Herstellern zufriedenstellend realisiert ist.

Unabhängig von der Integrationstiefe zwischen Arbeitsplatzsystem und Mainframe gibt es gewichtige Argumente, die für ein heterogenes PC-Mainframe-Netz sprechen. Als Vorteile hierfür sind zu sehen Alle Arbeitsplatzsysteme haben kontrollierten Zugriff auf die Ressourcen des Mainframe. Eine zentrale Datenspeicherung (File-Server-Funktion) ist für die Gewahrleistung der Datenintegrität (Datensicherung und Pflege) sinnvoll.

Zentrale Bereitstellung der wichtigsten Funktionen

Des weiteren kann der Datenmißbrauch durch zentral vergebene Zugriffsrechte besser kontrolliert, bereits vorhandene zentrale Dateien oder Datenbanken können problemlos integriert werden. Auch lassen sich die von allen Arbeitsplatzsystemen gemeinsam genutzten Programme und Dienste zentral speichern und verwalten; dies gilt unter anderem für Textverarbeitung, Grafik und Tabellenkalkulation. Hierdurch wird die Vereinheitlichung der benutzten Software gefördert. Alle Arbeitsplatzsysteme können auf die zentral zur Verfügung gestellten Dienste (Postdienste, Zugang zu externen Rechenzentren etc.) zugreifen, selbst die Netzverwaltung kann in Kommunikationsserver-Funktion zentral erfolgen.

Auf der Anwenderseite ist trotz einer teilweise vollzogenen Zentralisierung von Daten und Programmen die volle Nutzung der am Arbeitsplatz vorhandenen Rechenkapazität möglich. Jedes Arbeitsplatzsystem kann für die individuellen Anforderungen am Arbeitsplatz konfiguriert und nachträglich geänderten Anforderungen angepaßt werden. Es kann sogar so sein, daß der Einsat;z von einfachen l'erminals vorübergehend zu favorisieren ist.

Geschäftsleitung muß sich mit dem Projekt identifizieren

Das (Schlag-)Wort "Bürokommunikation" darf also nicht generell mit "dezentraler Datenverarbeitung" gleichgesetzt werden. Es muß vielmehr aufgrund der zusätzlichen unternehmensspezifischen Anforderungen unter Berücksichtigung der gewachsenen DV-Strukturen zu einer Symbiose mit der geplanten Bürokommunikation kommen. Diese kann nur durch sorgfältige, ganzheitliche DV-Planung erfolgreich realisiert werden. Eine entscheidende Rolle fällt dabei der Zusammenarbeit zwischen der Org./DV-Abteilung und den betroffenen Fachabteilungen zu. Ein externer Berater mit Erfahrung in der Einführung der Bürokommunikation kann hier fachlich unterstützen und als Externer zur objektiven Entscheidungsfindung beitragen. Besonders gefordert ist die Geschäftsleitung: Sie muß sich von Anfang an mit dem beschlossenen Bürokommunikationsprojekt identifizieren. Letztlich bedeutet die Realisierung der Bürokommunikation Informationsvorsprung und damit VVettbewerbsvorteile.