Die Telekom im Geflecht internationaler Allianzen

Der mühsame Aufstieg zum Global Player

30.04.1999
Auf internationalem Parkett zu glänzen war schon vor dem Börsengang der Telekom 1996, aber auch danach der Traum von Ron Sommer und seinen Mannen. Doch glänzend liest sich die Auslandsbilanz des Telekom-Chefs keineswegs. Ausgerechnet das vermeintliche Aushängeschild der Bonner, das Joint-venture Global One, macht bisher nur durch Pleiten, Pech und Pannen von sich reden.

Das transatlantische Gemeinschaftsunternehmen mit France Télécom und dem US-Carrier Sprint entpuppt sich seit dem Start im Januar 1996 finanziell als Faß ohne Boden und hat das Ziel, multinationalen Unternehmen rund um die Erde Sprach- und Datendienste erfolgreich anzubieten, deutlich verfehlt.

Schuld an der Misere sind mehrere Faktoren. Erstens litt die Allianz zwischen der Telekom und France Télécom schon immer an ihrer politischen Entstehung. Es waren die Politiker Kohl und Mitterand, die sich diesen Pakt in den Kopf setzten, auch wenn ihn Analysten seit jeher mit Skepsis betrachteten. Zweitens war der amerikanische Partner Sprint nur eine Art Ersatz, weil British Telecom (BT) den Deutschen und Franzosen den Wunschkandidaten MCI vor der Nase wegschnappte. Drittens will jeder des Trios der primus inter pares sein. Es ist ferner bis heute nicht gelungen, eine glaubhafte und stringente Strategie zu entwickeln. Fünftens schließlich blieb das Konsortium auch in Technik und Service seinen Anspruch gegenüber den Kunden schuldig, die Nummer eins auf dem Weltmarkt zu sein.

Dabei standen die Chancen von Global One, die Führungsposition als globaler TK-Dienstleister zu erobern, 1997 gar nicht schlecht. Die Ausbootung von BT im US-Markt durch Worldcom brach das scheinbar fest zementierte TK-Gefüge zwischen Europa und den USA wieder auf. Concert, das Pendant der Briten zu Global One, hatte einen herben Rückschlag erlitten, doch das Trio Telekom, France Télécom und Sprint versäumte es, die Schwäche der Briten für sich zu nutzen.

Strenggenommen, wie gesagt, gibt es im internationalen und speziell im transatlantischen TK-Geschäft zwei Zeitrechnungen: die vor 1997 und die danach. Blickt man zurück bis ins Jahr 1990, dann wurden in der Presse nahezu alle denkbaren Kombinationen zwischen europäischen und amerikanischen Playern durchexerziert. Da war die Rede von einem Schulterschluß zwischen der Telekom und BT, zwischen AT&T und den Deutschen, ja selbst die graue Eminenz, die japanische NTT, geisterte immer wieder durch die Gerüchteküche. Ständig als Partner gehandelt wurden ferner der britische Anbieter Cable & Wireless, aber auch Mercury, die spanische Telefonica oder die schwedische Telia.

Bis 1995 waren dann die TK-Allianzen zwischen Europa und den USA jedoch weitgehend geschmiedet. BT hatte sich mit MCI arrangiert, die Telekom und France Télécom mit Sprint, und AT&T fand schließlich in dem Konsortium Unisource, dem die Telefongesellschaften der Schweiz, der Niederlande und Schwedens angehören, auch noch eine europäische Heimat.

AT&T und Unisource gehörten darüber hinaus dem internationalen Verbund Worldpartners an, zu dem unter anderem die japanische KDD, Singapore Telecom sowie die australische Telestra zählen.

Diese drei Konsortien begannen mehr recht als schlecht, das vermeintlich lukrative Geschäft mit den multinationalen Kunden aufzuziehen. Am erfolgreichsten war dabei die BT- und MCI-Tochter Concert (entstanden aus Syncordia), nicht zuletzt wegen ihres Frühstarts. Schwerer taten sich Global One sowie das weltweite Konglomerat um AT&T. In beiden Fällen sorgten Kompetenzgerangel, die Aufteilung der Märkte sowie technische Handicaps für Probleme.

Global One verschläft die Gunst der Stunde

Aus den Fugen geriet diese Marktordnung 1997. Wie eine Bombe schlug damals die Kaufofferte von Worldcom ein, MCI für 30 Milliarden Dollar übernehmen zu wollen. Kurz zuvor hatte das US-Justizministerium der BT, die damals 20 Prozent an MCI hielt, noch grünes Licht gegeben, den US-Carrier komplett zu schlucken. Doch Worldcom durchkreuzte die Pläne von BT-Chef Sir Iain Vallance und schnappte sich MCI. Damit war ein neuer Player geschaffen, der im Geschäft rund um den Globus Sprach- und Datendienste anbietet.

BT stand damit plötzlich mit fast leeren Händen da, mit Ausnahme von Concert, das die Briten unterdessen zu 100 Prozent in ihren Besitz gebracht hatten. Schließlich kam es, wie es kommen mußte. BT-Chef Vallance wurde sich mit AT&T-Chef Michael Armstrong einig. Der anglo-amerikanische Schulterschluß kam für die meisten Beobachter 1998 nicht überraschend. Es war ein offenes Geheimnis, daß die Liebe zwischen AT&T und Unisource nie besonders glühte. Der Ausstieg der Amerikaner aus dem Konsortium war die Folge. Noch wartet das neue britisch-amerikanische Duo auf die Genehmigung der Kartellbehörden, die jedoch reine Formsache sein dürfte. Das Joint-venture hat unterdessen bereits die Fühler nach Asien ausgestreckt und sich an Japan Telecom beteiligt (siehe Seite 7).

In diesem neu entstandenen globalen Wettbewerbsszenario bewegt sich Global One und hat, wie gesagt, 1997 die Gunst der Stunde verschlafen. Beständig an dem Konsortium ist nur seine Existenz sowie die roten Zahlen. Doch hinter den Kulissen kracht es gewaltig. Sprint denkt mittlerweile laut über einen Ausstieg nach, und die deutsch-französische Freundschaft steht durch das Telecom-Italia-Abenteuer der Bonner vor dem Bruch.

Es spricht vieles dafür, daß Ron Sommer die Telekom international anders aufstellen will. Immer wieder im Gespräch ist eine Allianz zwischen der Telekom und Cable &Wireless, aber auch Gerüchte um einen Kauf von Sprint halten sich hartnäckig. Außerdem soll Sommer mit dem britischen Mobilfunker One 2 One liebäugeln. Tatsächlich hat es der Vorstandsvorsitzende der Telekom bis heute nicht geschafft, im wichtigen britischen Markt Fuß zu fassen.

Ob sich Sommer mit dem Telecom-Italia-Merger einen Gefallen tut, bleibt, so er denn überhaupt zustande kommt, abzuwarten. Die Einflüsse der Politik, das haben die jüngsten Verhandlungen gezeigt, sind in Rom nicht geringer als zwischen Bonn und Paris. International würde vom Umsatzvolumen her zwar der zweitgrößte TK-Anbieter der Welt nach NTT entstehen, die globale Aufstellung des Giganten ist jedoch als schwach zu bewerten, zumal Brüssel einer Allianz aus Telekom, Telecom Italia und France Télécom kaum die kartellrechtlichen Weihen erteilen wird. Der Schritt aufs italienische Parkett könnte also schnell zum Ausrutscher werden. Möglicherweise ist der Liebesschwur der Telekom an die Italiener aber nur ein Scheingefecht, um die verkrustete Allianz mit den Franzosen aufzulösen. Im TK-Geschäft, das hat die Vergangenheit gelehrt, ist nichts für die Ewigkeit.