Customer-Relationship-Management/Lange Projektlaufzeiten sind nicht finanzierbar

Der Mittelstand braucht spezielle Lösungen

21.09.2001
Nachdem sich Customer-Relationship-Management in vielen Großunternehmen durchgesetzt hat, interessiert sich nun auch der Mittelstand für CRM-Lösungen. Hier gelten allerdings andere Bedingungen; gängige Einführungsstrategien sind nicht eins zu eins übertragbar. Von Thomas Lindner*

Keine Frage: Systeme für das Kundenbeziehungs-Management bringen dem Unternehmen Nutzen. CRM-Projekte in großen Unternehmen indes haben bisweilen einen zweifelhaften Ruf. Lange Laufzeiten von bis zu zwei Jahren und große Budgets mit oft mehr als 5000 Euro Investitionskosten pro Arbeitsplatz sind häufig. Während sich große Betriebe solche langwierigen Einführungen leisten können - wenn auch zähneknirschend - , ist dies im Mittelstand unvorstellbar. Hier muss eine spezifische Strategie bei der CRM-Einführung zum Einsatz kommen.

Da liegt daran, dass in mittelständischen Unternehmen die Personaldecke in Vertrieb, Kundenbetreuung, Telefonzentrale und Helpdesk wesentlich dünner ist als bei großen Firmen. Zudem ist die IT-Abteilung notorisch unterbesetzt. Call-Center sind in mittelständischen Unternehmen selten anzutreffen, oft wird diese Aufgabe von der Telefonzentrale übernommen. Technische Anfragen, zum Beispiel in der IT-Branche, beantwortet häufig die Produktentwicklung, die damit Helpdesk und Presales nebenbei miterledigt. Vielfach gibt es pro Kunde auch nur einen Ansprechpartner - alles in allem also eine gänzlich andere Basis für ein CRM-System als bei den großern Playern.

Diese geringere Arbeitsteiligkeit im Mittelstand vermindert den Druck, Geschäftsabläufe zu standardisieren und konsequent einzuhalten. Die Mitarbeiter erledigen viele Aufgaben nicht aufgrund ausgeklügelter Systeme, sondern mit gesundem Menschenverstand und von Fall zu Fall. Die Priorisierung kann sich in solchen Firmen auch nach der Aufgeregtheit eines Kunden richten. Das Maß an Systematik und Professionalität steht und fällt mit der Arbeitsauffassung des zuständigen Mitarbeiters.

Um in solchen Unternehmen die erhoffte Wirkung zu entfachen, sollte die CRM-Lösung die wichtigsten Leistungsmerkmale eines Groupware-Systems (Adress-, Termin- und Dokumenten-Management) aufweisen und gut mit den mittelstandstypischen Warenwirtschaftssystemen zusammenarbeiten. Isoliertes CRM macht keinen Sinn: Eine Terminvereinbarung mit einem Kunden betrifft CRM- und Groupware-System; zur Kundenakte gehören Angebote aus der Warenwirtschaft, aber auch Beschwerdeschreiben aus dem Dokumenten-Management der Groupware. Der Kundenbetreuer muss ohne Applikationswechsel auf alle Daten aus CRM-, Warenwirtschafts- und Groupware-System Zugriff haben. Schnittstellen alleine, wie in Großunternehmen üblich, reichen nicht aus.

Gespart werden kann dagegen bei der Automatisierung von Workflows. In Großunternehmen stellen sie sicher, dass Kundenanfragen nicht auf dem Weg durch die Instanzen verloren gehen oder verspätet beantwortet werden. In mittelständischen Unternehmen ist eine solche Ablaufautomatisierung in der Regel nicht notwendig: Geringere Arbeitsteiligkeit führt zu größeren Ermessenspielräumen des Einzelnen, daher wollen Mitarbeiter keine strikt vordefinierten Arbeitsanweisungen vom System, sondern umfassende Informationen auf einen Blick.

Bis zu einer bestimmten Komplexitätsgrenze erhöht die geringe Standardisierung die Flexibilität - eine Stärke von kleinen und mittelgroßen Unternehmen. Dennoch sollte vor der Abbildung der Geschäftsprozesse ein Mindestmaß an Standards geschaffen werden. Im Zentrum einer CRM-Einführung muss die Arbeit am Kundenorientierungskonzept stehen. Dazu gilt es, die Kernprozesse des Unternehmens kundenbezogen zu gestalten. Hilfreiche Vorbereitungsschritte sind:

- Die Kundenorientierung wird auf Schwachstellen hin analysiert.

- Die externen Berater lernen das Unternehmen in Workshops mit Schlüsselanwendern kennen.

- In Standardschulungen machen sich die Schlüsselanwender mit dem Produkt vertraut.

Ein Unternehmen mit dünner Personaldecke kann kein halbjähriges CRM-Projekt tragen. Deshalb müssen CRM-Einführungen innerhalb von sechs, höchstens zehn Wochen abgeschlossen sein. Da auch hier die Regel gilt, dass 80 Prozent des Nutzens bereits mit 20 Prozent des Aufwands erzielt werden können, sind solche Laufzeiten möglich.

*Thomas Lindner ist Geschäftsbereichsleiter der CAS Software AG in Karlsruhe.

Abb.1: Besondere Bedingungen im Mittelstand

CRM-Projekte in mittelständischen Unternehmen müssen die speziellen Strukturen berücksichtigen. Quelle: CAS Software AG

Abb.2: Die drei Phasen der CRM-Einführung

Die Vorbereitungsphase der CRM-Einführung ist vom gegenseitigen Kennenlernen geprägt. Quelle: CAS Software AG