Noch fehlt die Breiteninformation:

Der Mikrofilm leidet unter seinem Image und seinen Fachberatern

25.11.1977

Der Mikrofilm, ideales Medium für Organisations- und/ oder Rationalisierungsaufgaben, ist "in". Denn Mikroplanfilm ist das Lösungswort für viele, bei manchen Fachberatern für alle anstehenden Probleme; besonders, wenn kurzlebige, an vielen Orten benötigte Information in Mikroplanfilm umgesetzt werden kann.

Das war nicht immer so. Nach dem Krieg, in den Jahren 55-60, begann man zaghaft mit der Sicherung von technischen Unterlagen in der Industrie; der Staat versuchte sein Kulturgut zu archivieren; Banken bewältigten mittels Mikrofilm den immer größer werdenden Papierberg des wachsenden Geldverkehrs. Alle mit 16 mm oder 35 mm breitem Mikrofilm auf Rolle.

Der nächste Schritt war die Mikrofilm-Lochkarte. Ein 35 mm breites und 52 mm langes Filmstück, welches in eine mit einem fast gleich großen Rechteck ausgestanzte Lochkarte einmontiert wurde, machte aus der Lochkarte, die heute bekannte Filmlochkarte, abgekürzt FLK genannt.

Die Deutsche Bundespost und VW waren die Begründer der Planfilmzeit. Die Bundespost wollte den Fernsprech-Auskunftsdienst, das VW-Werk die Ersatzteile-Kataloge und den Reparaturdienst modernisieren. Was ihnen auch bestens gelang, wenn man die heutige Verbreitung des Planfilmformates 180 mm x 240 mm betrachtet.

Der Mikroplanfilm 105 mm mal 148 mm, Größe DIN A 6, wurde erstmalig wieder durch das Bankleitzahlen-Verzeichnis bekannt.

Das Bankleitzahlen-Verzeichnis in Mikroplanfilmform war allerdings nicht das Ergebnis einer konventionellen Verfilmung (Papier auf Mikrofilm), sondern das Produkt einer neuen Methode - dem COM - Computer-Output-Microfilm-Verfahren.

COM heißt digitale Daten vom Magnetband ohne Zwischenträger Papier auf Mikrofilm übertragen. Gegenüber der konventionellen Verfilmung sehr schnell, gegenüber dem DV-Schnelldrucker immer noch 10mal schneller, brachte COM die große Wende in der Mikrofilm-Anwendung.

Derzeit stehen mehr als 150 COM-Anlagen in der BRD. Eine Unmenge Mikroplanfilme werden täglich hergestellt und nach kurzer Zeit wieder vernichtet. Der Mikrofilm hat sich mittels COM einen großen Platz als Informationsträger geschaffen.

Daß mit COM-Anlagen auch 16 mm Mikrofilm oder 35 mm Mikrofilm belichtet werden kann, wird nur in wenigen Fällen angewendet.

Dies hat zur Folge, daß man sich wieder mit anderen Filmformen, auch mit dem längst totgesagten Rollfilm 16 mm, beschäftigt.

16 mm Mikrofilm auf Rollen oder in Mikrofilm-Kassetten untergebracht, ist das derzeitig unterbewertete Organisationsmittel, mit dem Probleme gelöst werden könnten - die man derzeit mit Mikroplanfilm zu lösen versucht.

Wenn auch der "wiederverwendbare" Mikroplanfilm von A. B. Dick, das System 200, gerade erst vor einiger Zeit in Deutschland vorgestellt, für viele das Nonplusultra darstellt, darf man nicht vergessen, daß es sich hier um ein spezielles Verfahren handelt, welches keinesfalls den Mikroplanfilm revolutioniert, sondern nur dort seinen Einsatz findet, wo "Wiederverwendbarkeit" oder "Änderungsfähigkeit" benötigt wird.

- Wagen wir einen Blick in die Zukunft, dann möchten wir den Mikrofilm für den mittleren oder kleinen Anwender sehen. Nämlich: Mikrofilm-Systeme ohne Chemie, problemlos in der Handhabung, geeignet auch für den Privatmann, der seine wichtigen Dokumente und sonstige Unterlagen verfilmen kann und wird, dem es kostengünstig ermöglicht wird, sein eigenes Informations- und Dokumentationssystem zusammenstellen.

- Lesegeräte in Preisregionen, die noch einen größeren Anwenderkreis ermöglichen.

- Lese/Rückvergrößerungsgeräte auf normales Papier, damit das "Plantschen" mit der Chemie aufhört.

- Dupliziergeräte für den Kleinstbedarf, und last but not least, Mikrofilmvernichtungsgeräte für Kleinanwender, die auch bei einigen Mikroplanfilmen rentabel eingesetzt werden können.

- Mehr Information jeglicher Art, damit man nicht nur auf die Drucksachen der Hersteller- und Vertriebsfirmen angewiesen ist, die doch fast ausschließlich als Werbeträger gewertet werden müssen.

- Ein anerkanntes Berufsbild "Mikrofilmer", damit der Nachwuchs ausgebildet werden kann, der diese Innovationen veranlaßt oder mit ihnen arbeitet.

Das derzeitige Mikrofilmgeschehen ist geprägt von einem Überangebot an Geräten. Bezogen auf die Zahl derjenigen, die Mikrofilm einsetzen wollen, zu groß; ein Käufermarkt, der das Preisniveau um mehr als 30 Prozent gedrückt hat. Gefragte und verlangte Qualitäts- und Sicherheitsbedingungen können dafür nicht mehr realisiert werden. Wo man früher das VDE- oder TÜV-Zeichen verlangte, genügt heute der Vermerk "nach VDE". Selbst die Bundespost, die diese Forderung in ihren Gerätespezifikationen ausweist, ist in der letzten Konsequenz - beim Kauf - wankelmütig.

Normen und Richtlinien, Forderungen jedes Mikrofilm-Anfängers, werden in der Praxis zur Makulatur, denn hier arbeitet man lieber nach seiner eigenen Routine, entwickelt Verfahren und Raster, um Mikrofilm zu sparen, und vergißt, daß gerade der Mikrofilm das billigste am gesamten mikrographischen Verfahren ist.

Was noch fehlt, ist die Information der Breite, beginnend in den Berufs- oder Fachschulen, fortgesetzt in den Instituten, die den Nachwuchs der Organisatoren stellen.

Wenn Sie mich fragen, warum dies noch nicht geschehen ist, dann möchte ich antworten: "Der Mikrofilm hat nicht das Image der Datenverarbeitung, und die meisten Fachberater verdienen nicht diese Bezeichnung, da sie mehr nach der Art eines Drugstore-Besitzers verkaufen, als überzeugend beraten und dann zu verkaufen. Wenn wir gelernt haben, daß ein Fachberater etwas von seinem Fachgebiet verstehen muß und soll, dann wird auch der Mikrofilm, in seiner Gesamtheit als das Organisations- und Rationalisierungsmittel Mikrographie, anerkannt sein."

* VdMF-Verband der Mikrofilm-Fachbetriebe e. V.