Der Mensch als Nummer

12.05.1978

An verschiedenster Stelle ist der Mitmensch schon immer eine "Nummer" gewesen: Personalnummer, Kundennummer, Vereins-Mitglieds-Nummer, Personalausweis-Nummer, Konto-Nummer; indirekt auch: Autonummer, Telefonnummer usw. Die Sorge der Menschen, sie könnten zur Nummer werden - von Science-fiction-Stories kräftig untermauert -, ist die Furcht, daß sie in einer modernen, arbeitsteiligen Gesellschaft statt bei vielen Ihnen zuggeordneten Nummern nur noch unter einer einzigen Nummer "geführt" werden und - das erscheint als der entscheidende Punkt - daß das, was immer unter dieser Nummer an Informationen über sie gespeichert ist, allgemein verfügbar wird. So wäre der Bürger all denen gegenüber, die sich über seine Person informieren müssen oder wollen, bloßgestellt, ja "nackt" dastehend, weil Daten seines ganzen Lebensweges - inklusive kleiner und großer Abweichungen vom "Normalweg" - den Mitmenschen mühelos zugänglich wären.

Die Vielzahl von Daten, die der Bürger von der Wiege bis zur Bahre offenbart, wenn er Arbeitsverträge, Kaufverträge, Mietverträge etc. abschließt, wenn er gezwungen oder freiwillig Fragebögen ausfüllt oder wenn er von Marketing-Strategen und Geheimdienstlern überwacht wird, ist heute noch an so vielfältigen unterschiedlichen Stellen bei Firmen, Ämtern, Vereinen etc. gespeichert - unter jeweils unterschiedlichen Kunden-, Mitglieds- oder Amtsnummern-, daß die jeweilige speichernde Stelle in der Regel nicht weiß, wo sonst noch zu dieser Person Informationen vorhanden sind. Noch kann der Mitbürger sicher sein (zumindest außerhalb der Tätigkeit der Geheimdienste", daß die Spuren, die er hinterläßt, nicht allesamt zusammengeführt werden zu einem "Großen Dossier".

Erst die Computer-Technik schafft die Möglichkeit, alle diese Daten mit entsprechenden Geschwindigkeiten hin und her zu übertragen, zusammenzuführen, miteinander zu verknüpfen und auszuwerten - in Systemen, die die menschlichen Tugenden des Vergessens und Verzeihens nicht kennen. Erst Informationssysteme mit ihren riesigen Speicherkapazitäten und mit Schaltzeiten im Nanosekunden-Bereich ermöglichen es, millionenfach und milliardenfach zu sortieren, zu vergleichen und zu verknüpfen.

Wenn nun der Mensch überall nur eine "Nummer" wäre, würde das solche EDV-Verfahren, insbesondere den Zugriff auf zerstreute Informationen in Computer-Verbundsystemen, ganz außergewöhnlich vereinfachen, entsprechend verbilligen und somit dazu beitragen, daß die Grenze, an der dergleichen wirtschaftlich machbar wird, erheblich näher

rückt.