Studie über die Entwicklung in den Vereinigten Staaten:

Der Markt wächst überproportional schnell

05.01.1984

NORWALK (KW) - Ein geradezu "explosives Wachstum" prognostiert das amerikanische Marktforschunginstitut International Resource Development Inc. (IRD), Norwalk, für die Kommunikation zwischen Mikrocomputern und Großrechnern. Danach verdoppelt sich der Markt für entsprechende Produkte und Dienstleistungen in diesem Jahr von 223 Millionen Dollar 1983 auf 545 Millionen Dollar. Bis zum Ende der Dekade werden weitere Steigerungen im gleichen Ausmaß erwartet.

Diese Prognosen - die in dem IRD-Bericht "Micro-to-Mainframe-Communications - Hardware and Software Markets" enthalten sind - basieren vor allem auf einer Umfrage unter amerikanischen Großanwendern. Wie die Marktforscher ermittelt haben, sind bereits 46 Prozent der befragten "leading edge"-Unternehmen dabei, Einführungskonzepte zu entwickeln oder hatten sogar schon den Startschuß für die Mikro-Mainframe-Kommunikation gegeben. Weitere 44 Prozent führten Untersuchungen zu diesem Thema durch oder beabsichtigten, Pilotprojekte durchzuführen.

Als "besonders interessantes Ergebnis" werten die Marktforscher den Einstellungswandel der EDV-Manager und -Organisatoren gegenüber den PCs, wobei sich laut Steven B. Weissmann eine "Drei-Phasen-Entwicklung" gezeigt hat. Typischerweise hätten zunächst einige wenige Pionier-User die Mikros ins Unternehmen gebracht und Anwendungen entwickelt, die die tägliche Arbeit und deren Abläufe zu revolutionieren schienen. Während die DV-Fachleute zu Tode erschraken, setzten die PCs ihren Siegeszug im Unternehmen fort. Nun seien jedoch die EDV-Abteilungen wieder dabei, Kontrolle über die gesamte Rechnerleistung und vor allem über die künftige Einkaufspolitik zu gewinnen.

Die letzten fünf Jahre - so betont Weissmann - seien für die EDV-Professionals insgesamt eine harte Zeit gewesen, da sie an drei Fronten gleichzeitig kämpfen mußten: im Bereich der Büroautomatisierung, bei der Einführung der Telekommunikation sowie auf dem Sektor Mikrocomputer. Der Marktforscher wörtlich: "Während viele dieser Schlachten verlorengegangen sind, scheint nun der Krieg gewonnen." Weissmann ist sogar der Meinung, daß die Kontrolle über die Mikro-Mainframe-Kommunikation auch automatisch zur Eingliederung der Office Automation und der Telekommunikation in den Verantwortungsbereich der EDV-Abteilung führt.

Die Verbreitung der PCs führte sehr schnell dazu, daß die Anwender den Zugang zum Host in leicht erlernbarer und vor allem übersichtlicher Form forderten. Die Hard- und Software-Anbieter reagierten IRD zufolge umgehend, indem sie ihre Produkte mit dem Stempel "benutzerfreundlich" versahen, um sich auf diese Weise ein Stück aus dem großen Kuchen herauszuschneiden.

Hauptforderung: Benutzerfreundlichkeit

Derzeit gibt es in den USA rund 100 Hardwarehersteller und knapp 300 Software-Anbieter, die um die Gunst der Kunden buhlen. Etwa ein Zehntel, also ungefähr 40, sind am Mikro-Mainframe-Markt besonders aktiv und erfolgreich. Von diesen wiederum hoben sich nach Meinung der Marktforscher nochmals drei Unternehmen positiv ab: Digital Communications Associates, D. C. Hayes Microcomputer Products und Davox. (Der Erfolg von Digital Communications beruht IRD zufolge allerdings vor allem auf dem Erwerb von Technical Analysis Corp., dem Unternehmen, das das Produkt "Irma" für den IBM-PC entwickelt hat).

Alle bisher am Mikro-Mainframe-Markt tätigen Unternehmen sind allerdings nach Meinung von Weissmann gefährdet, seitdem IBM mit dem 3270-PC und dem XT-370 seine Zurückhaltung gegenüber den "rechnerzwergen" aufgegeben hat. Außerdem habe der Marktfrührer gerade ein Produkt angekündigt, das "Irma" große Konkurrenz machen werde. Als nächsten Schritt erwartet IRD, daß die Armonker bald ein integriertes 3270-/Sprachterminal ankündige, um so den Davox-Produkten das Leben schwer zu machen. Es sei auch nicht auszuschließen, daß IBM eine neue Familie intelligenter Modems herausbringe; damit werde dann der Markt von Hayes angegangen. Das Fazit von IRD in Bezug auf die künftige Strategie des Marktführers lautet denn auch, daß bei IBM nichts auszuschließen sei. Das zeige sich vor allem darin, daß man seit der Niederschlagung des Antitrust-Verfahrens eine ungewöhnlich aktive Produktankündigungsphase miterlebe - im Unterschied zu AT&T, die sich dagegen eher behäbig geriere.

Vervierfachung bei Software-Umsätzen

Von den Softwareanbietern bewertet IRD Visicorp besonders gut und betont, das Unternehmen habe im Unterschied zu seinen Konkurrenten eine weit bessere Marketingstrategie entwickelt. Dagegen sei Microcom, einer der Pioniere in der Protokollstandardisierung bei Mikrocomputern, in Gefahr, "genauso viele Vorteile daraus zu ziehen wie Xerox aus Ethernet". Microcom habe nämlich, um einen Standard zu setzen, auch andere Hersteller ermutigt, seine Protokollentwicklungen per Lizenz zu übernehmen.

"Besonders beeindruckend" fanden die Marktforscher dagegen, daß Digital Research zusammen mit IBM daran arbeitet, Sprachen für den 3270-PC zu entwickeln. Alles in allem können die Software-Anbieter mit enormen Zuwachsraten rechnen: Laut IRD steigt durch die Zunahme der Mikro-Mainframe-Kommunikation der Umsatz von 31 Millionen Dollar im Jahr 1983 auf 138 Millionen Dollar in diesem Jahr.