Der Markt für Business Intelligence: Jedermanns Glaskugel

27.09.2006

Boomen ist was anderes

Dennoch boomt der Markt nicht in dem Maße, das man angesichts des großen Interesses vermuten würde. Stand im vergangenen Jahr auf diesen Seiten noch die einhellige Prognose von weiterhin stabilen Wachstumsraten zwischen zehn und 20 Prozent, so rechnen die Spezialisten von IDC und Gartner in den kommenden Jahren lediglich mit einem Wachstum von rund fünf Prozent. So erwies sich die Annahme der inzwischen von Gartner geschluckten Meta Group vor zwei Jahren als falsch, die erwartete, dass der eigentliche Boom mit der Erholung der Gesamtwirtschaft erst beginnen werde. Zum Zeitpunkt dieser Prognose lagen die Wachstumszahlen zwischen 16 und 20 Prozent.

Carsten Bange, Geschäftsführer des Business Application Research Center (Barc), hält für dieses Jahr allerdings Wachstumsraten zwischen sechs und zehn Prozent für realistisch, die Unternehmensberatung Lünendonk glaubt sogar an knapp zweistellige Zuwächse. Dieser Optimismus könnte daher rühren, dass hierzulande das Geschäft mit Business-Software angezogen hat, in die zunehmend BI-Komponenten integriert werden. Das gilt insbesondere für ERP-Markführer SAP, der sich 2004 hinter SAS Institute auf den zweiten Platz von Gartners BI-Rangliste vorschieben konnte. Im Teilmarkt Data-Mart- und Data-Warehouse-Pakete ist die SAP laut IDC sogar mit 67 Prozent Marktführer in Deutschland.

Dieser Erfolg spiegelt einen zweiten, für die BI-Spezialisten nicht ungefährlichen Trend wider. Die bislang vor allem von ihnen angebotenen Funktionen tauchen zunehmend auch in Produkten von Plattformanbietern wie SAP, Oracle oder Microsoft auf, die damit ihren Stammkunden neue Releases, im Falle der SAP die Netweaver-Plattform, schmackhafter machen.

Weniger erfolgreich war bislang ERP-Konkurrent Oracle mit seinen Werkzeugen, obwohl BI relativ nahe am Datenbankmarkt angesiedelt ist. Insofern dürfte es dem Unternehmen nicht schwer gefallen sein, sich auf das zugekaufte "Siebel Analytics" als BI-Angebot zu konzentrieren. Oracle selbst betont allerdings weniger die Siebel-Qualitäten als den Verbundcharakter seiner "Business Intelligence Suite", in der auch die Datenbank "10g" und die Middleware "Fusion" eine Rolle spielen.

Ernsthafte Konkurrenz

Während die Marktteilnehmer den Strategiewechsel bei Oracle zwar interessiert, aber gelassen zur Kenntnis nehmen, sehen sie in Microsoft einen ernsthaften Konkurrenten. Der Grund: Business Intelligence findet in vielen Unternehmen vor allem via Spreadsheet, sprich mit Microsofts Excel, statt. Für Management-Reporting, Geschäftsplanung, Finanzberichtswesen, Konsolidierung und Performance Scorecards/Dashboards setzen nur 20 bis 30 Prozent der Unternehmen professionelle BI-Tools ein, weitere 25 bis 35 Prozent arbeiten mit analytischen ERP-Lösungen. BI-Anbieter unterstützen daher fast durch die Bank Excel als Frontend-Werkzeug. Die Integration in die hauseigenen Office-, CRM- und Datenbankprodukte kann aber keiner von ihnen so gut leisten und vor allem so kostengünstig anbieten wie Microsoft selbst. Vor allem die BI-Anbieter von Basisfunktionen und Reporting-Spezialisten dürften durch das Engagement aus Redmond unter Druck geraten.

Die BI-Aktivitäten von SAP, Microsoft und Co. entsprechen zudem dem Bedürfnis der Anwender, möglichst wenige unterschiedliche Techniken einsetzen zu müssen. So sind für eine BI-Architektur in der Regel mindestens zwei bis drei Komponenten nötig. Hinzu kommen die vielen operativen Systeme, in denen die Daten erzeugt werden, die allesamt zu einer unternehmensweit einheitlichen Form und Bedeutung harmonisiert werden müssen. Der dafür nötige Aufwand müsste Best-of-Breed-Strategien denkbar ungeeignet erscheinen lassen. Trotzdem erfreuen sich diese Ansätze bei den Anwendern großer Beliebtheit.