Viel Geld für Kleinigkeiten, aber am meisten verschlingt der Bau:

Der Mainframe selbst ist bei weitem nicht das Teuerste

07.10.1988

In den üblichen Vergleichstabellen findet man nur die Preise für Rechner, Speicher und Kanäle. Bei der Planung einer RZ-Erweiterung oder eines Neubaus ist aber eine Kalkulation der Gesamtkosten unabdingbar - selbst für erfahrene DV-Profis eine harte Nuß. COMPUTERWORLD-Redakteur James Connolly untersuchte ein Fallbeispiel.

Die Kapazitätsgrenze der bisherigen Mini-Anlage ist erreicht. Jetzt muß ein Mainframe her. Der Rechner selbst, sagen wir: eine IBM 3090-200S, kostet "nur" fünf Millionen Dollar. Aber bis man das Rechenzentrum eingerichtet und ein Jahr in Betrieb hat, sind diese Kosten auf 23,8 Millionen Dollar gestiegen, zuzüglich einiger Millionen Dollar für die Stromrechnung, die Wasserrechnung und das Personal.

Um realistisch zu sein, muß man freilich konstatieren, daß nur wenige Firmen Rechenzentren einrichten, ohne auf eine solide Basis von installierter Hard- und Software zurückzugreifen. Aber weniger erfahrene RZ-Architekten dürften angesichts der Kosten für das Rechenzentrum überrascht sein, das wir für einen fiktiven Händler in New Jersey eingerichtet haben - auf dem Papier. Die "Computerworld" hat die Kosten für dieses Projekt anhand von Hersteller- und Händler-Preislisten sowie von Interviews mit Beratern und Architekten ermittelt. (Anmerkung der Redaktion: Das Preisgefüge in der Bundesrepublik unterscheidet sich wesentlich von dem in den USA. Deshalb ist im folgenden mehr die Herkunft der Kosten von Bedeutung als ihre Höhe.)

Unterschiedliche Quadratmeterpreise

Was der COMPUTERWORLD-Redaktion bei der Planung des fingierten RZ besonders auffiel:

- Während der zwei bis drei Jahre dauernden Planungs- und Bauphase steigen die Baukosten um zehn Prozent - wenn nicht mehr.

- Allein für das Wartungs- und Sicherheitspersonal, das nötig ist, solch ein System online zu halten, muß man mindestens eine Million Dollar aufwenden.

- Kleinvieh macht auch Mist. In unserem Beispiel: 325 000 Dollar für Magnetbänder.

- Um das harte Leitungswasser so weich zu bekommen, wie es die technischen Spezifikationen der IBM fordern, ist der lächerliche Betrag von 1000 Dollar nötig.

Die größten Preisunterschiede (bei vorgegebener Kapazität) hängen freilich davon ab, wie man ein RZ einrichtet - und wo man es baut. So schwanken die Kosten pro Quadratmeter funktionsfähigen Rechenzentrums zwischen 1185 Dollar bei einfachster Ausstattung (zum Beispiel ohne Backup-Möglichkeiten) und mehr als 3200 Dollar, wenn alles doppelt ausgelegt ist - wer denkt, daß bei einfacher Redundanz die doppelte Summe reichen würde, ist auf dem Holzweg. Auch die regionalen Preisunterschiede sind beachtlich: Der Bau kann in Denver 30 Prozent billiger sein als in New York. (Freilich ist es im Bayerischen Wald auch billiger als in Stuttgart, Anm. d. Red.)

Nach der Erfahrung von Alexander H. Ralston, einem der Chefs der Planungsfirma The Kling-Lindquist Partnership aus Philadelphia, können die Baukosten für einen Computerraum mehr als doppelt so hoch sein wie die für einen normalen Büroraum. So belaufen sich die Mehrkosten für Feuerschutzsysteme auf Halon-Basis gegenüber normalen Büro-Sprinkleranlagen auf stolze 3550 Dollar pro Quadratmeter. Ein auf höchste Zuverlässigkeit ausgelegtes elektrisches System, wie man es im Rechenzentrum braucht, kostet 750 Dollar pro Quadratmeter - verglichen mit 86 Dollar für normalen Büroraum. Außerdem müssen die Böden in Rechenzentren fast doppelt so viel Gewicht tragen wie in Büroräumen, und allein die zur Stabilisierung des Raumklimas nötige Versiegelung des Fußbodens kann bis zu 16 Dollar pro Quadratmeter kosten.

RZ-Leiter bisweilen auf den Arm genommen

Die Kosten eines Rechenzentrums in New Jersey würden sich auf ungefähr 1700 Dollar pro Quadratmeter belaufen, wenn man davon ausgeht, daß etwa 30 Prozent des Gebäudes mit Computerräumen belegt sind und keine überdurchschnittlichen Anforderungen in puncto Zuverlässigkeit gestellt werden. Für die Büroräume würden die Baukosten dabei nur 800 Dollar pro Quadratmeter betragen.

Einige der Baukosten vergißt man sehr leicht bei der Planung. Thomas Modestino, DV-Chef des Fruchtsaftkonzerns Ocean Spray Cranberries Inc. in Plymouth/Massachusetts, fühlte sich bei der Planung eines neuen Rechenzentrums bisweilen auf den Arm genommen: "Wir hatten merkwürdige Rechnungsposten auf unserer Liste - zum Beispiel das Schneiden der Teppichbodenfliesen. 30 Dollar kostete jeder Schnitt, und insgesamt waren 70 Schnitte nötig, schon wegen der vielen Kabel, die unter dem Teppich liegen."

So kostete das Rechenzentrum - von den 4180 Quadratmetern entfielen 740 Quadratmeter auf Computerräume - rund 5,8 Millionen Dollar, davon 810 000 Dollar für das Grundstück, 4,4 Millionen Dollar für Baukosten und 525 000 Dollar für die Büromöbel an den 150 Arbeitsplätzen. Zu diesen 5,8 Millionen kamen weitere 5 Millionen Dollar für den eigentlichen Rechner: Fertig ist ein Rumpf-RZ - nackt, ohne jede Software, ohne Speicher.

Nach dem Host braucht's Software, Plattenspeicher . . .

Eine Grundausstattung an IBM-Software verschlingt leicht 1,6 Millionen Dollar; dazu gehört dann ein Betriebssystem wie MVS/XA und VM, Systemsoftware einschließlich CICS und DB2, ferner Ressourcen-Verwaltung und Performance-Monitore und Anwendungen wie Finanzbuchhaltung. Und bei vielen dieser Softwareprodukte handelt es sich nur um den Preis für eine Jahreslizenz und den Wartungsvertrag.

Weil ein Mainframe ohne Plattenspeicher sinnlos ist, erhöht sich der Aufwand um 2,6 Millionen Dollar für 30 Diskdrives Typ 3380 und die dazugehörigen Controller sowie 434 200 Dollar für Bandlaufwerke Typ 3480. Und da diese Bandstationen ohne Bänder so sinnvoll sind wie Computer ohne Laufwerke, rechnen wir noch 325 000 Dollar für die Grundausrüstung von 25 000 Bändern dazu und einen Dollar pro Band für Lagerungskosten.

Der Computer braucht natürlich auch Strom. Die netzunabhängige Stromversorgung kann etwa 105 bis 130 Dollar pro Quadratmeter kosten; die Kosten für einen Generator belaufen sich auf ungefähr dasselbe. Terminals, Terminal-Controller, Front-End-Prozessoren und Drucker lassen das Budget um weitere 500 000 Dollar steigen. Und diese Drucker fressen tonnenweise Papier. Das Bedrucken von den wahrscheinlich pro Jahr anfallenden fünf Millionen Seiten kostet 125 000 Dollar für Papier und Toner oder Farbbänder.

Aber Computer ohne Bedienungspersonal machen immer noch wenig Sinn. Und das Bedienungspersonal braucht eine Kommunikations-Infrastruktur, sprich: Leitungen und Modems. In den USA kostet eine Wählleitung 50 Dollar im Monat plus Einheiten, eine geleaste, 200 Kilometer lange Leitung mit einer Übertragungsrate von 9,6 KB pro Sekunde 350 Dollar. Die Installationskosten belaufen sich auf 50 Dollar für die Wählleitung und auf 2000 Dollar für die geleaste Leitung. Und jetzt rechnen wir noch die Kosten für die Modems hinzu.

Netze, PCs, Software - ein Faß ohne Boden

Und was ist am anderen Ende der Kommunikationsleitungen? Weitere PCs und Modems. Wenn das fiktive Rechenzentrum 800 Anwender unterstützt, von denen die meisten mit einem 286er-Modell für 4000 Dollar arbeiten und einige mit einem 386er für 6000 Dollar, dann kommen weitere drei Millionen Dollar zusammen.

PCs brauchen Software, und der gewiefte Manager hat da so seine Quellen. So kann man beispielsweise bei 300 Kopien von dbase III, Listenpreis 695 Dollar, mit Rabatten von fast 100 000 Dollar rechnen. Damit Sie aber richtig ausgerüstet sind, rechnen Sie noch 150 000 Dollar für 300 Kopien von Lotus 1-2-3 dazu, 200 000 Dollar für Crosstalk und 250 000 Dollar für 500 Kopien einer Textverarbeitung.

Vergessen Sie nicht, daß auch PC-User gerne miteinander kommunizieren. Planen Sie also ein LAN. Der Richtwert für die Token-Ring-Verkabelung, Software und Steckkarten liegt bei 1000 Dollar pro Knoten.

Mit allen diesen Dingen werden Sie Ihr Rechenzentrum zwar zum Laufen bringen, aber der Planer hat auch zu bedenken, daß durch Unglücksfälle und Naturkatastrophen sämtliche Regeln auf den Kopf gestellt werden könnten. Es würde sich also eine Generalversicherung lohnen, die solche Katastrophen abdeckt und 60 000 Dollar pro Jahr kostet. Zudem müssen Sie eine Möglichkeit finden, ihre Daten zu retten und Rechenoperationen weiterzuführen.

Technikänderungen wandeln RZ-Aufgaben

Da ein Computer aber auch von weniger umwälzenden Dingen zum Absturz gebracht werden kann, muß Wartung gewährleistet werden. Kostenpunkt für interne Wartung für den 3090, die PCs, die Speichereinheiten und andere Hardware? Insgesamt werden die Herren im blauen Zwirn an die 660 000 Dollar in Rechnung stellen.

Planungsfehler kommen teuer zu stehen. Alexander Ralston bringt es auf den Punkt: Oft wird vergessen, daß sich mit Veränderungen der Technologie und des Firmenprofils auch die Aufgaben des Rechenzentrums ändern. Der Planungsexperte rät, für solche Fälle vorzubauen - im wahrsten Sinn des Wortes: indem das Rechenzentrum um eine größere Fläche erweitert wird als momentan nötig. Die überzähligen Räume könnten vorübergehend als Büros genutzt werden.

Der Anwenderbetrieb Ocean Spray sah sich mit einem weiteren Problem konfrontiert: Der Stromverteiler im Computerraum ließ sich nicht versetzen. Laut IBM-Preisliste schlägt ein neues Hochleistungsgerät mit 121 000 Dollar zu Buche.

Ocean Sprays DV-Chief Modestino bereitet derzeit die Verlegung des Rechenzentrums in das neue Hauptquartier der Firma in Massachusetts vor. Und er betont, daß dadurch nur wenig Kosten entständen. "Es hört sich vielleicht lächerlich an, aber wir haben 3000 Dollar für Installateure veranschlagt, die die Wasseranschlüsse einrichten, sobald das Zentrum installiert ist."

Modestino schützte sich vor unliebsamen Überraschungen durch den Einsatz eines CAD-Programmpaketes, mit dessen Hilfe auf einem PC die künftigen Gerätepositionen errechnet werden. Eine spezielle (Software-)Schablone für die IBM-Geräte half ihm, die vorgeschriebenen Geräteabstände genau einzuhalten. Sonst könnte es nämlich passieren, daß der Wartungstechniker die Türen der Geräte nicht mehr aufbekommt.

Auch ein Berater kann Fehler machen

DV-Manager Cieslak machte schlechte Erfahrungen bei der Verkabelung: Einer der Hardwarehersteller war nicht bereit, die nach Spezifikationen einer Beratungsfirma verlegten Leitungen technisch abzunehmen. Damit das RZ mit dem Segen des Computerlieferanten angeschlossen werden konnte, mußte Cieslak für 15 000 Dollar neue Kabel und Anschlüsse legen lassen. "Selbst wenn Sie sich den Luxus einer Beraterfirma mit hochqualifiziertem Personal leisten, können Sie sich trotzdem nicht in ihren Sessel zurücklehnen und zuschauen. Sie müssen permanent darüber wachen, daß Ihr Lieferant die Spezifikationen beachtet", sagt Cieslak.

Nach Ansicht von Alexander Ralston wird oft auch der Bedarf an Sicherheits- und Wartungskräften unterschätzt. Wie teuer ein durch unzureichende Wartung bedingter Systemausfall werden kann, zeigt das Beispiel der Fluggesellschaften: Hier kann eine Stunde Downtime während der Hauptgeschäftszeit Umsatzeinbußen von bis zu einer Million Dollar bescheren.