Der lange Weg zum digitalen Workflow

08.02.2007
Von Kurt Beckers
Die Lasa Brandenburg steigert mit elektronischer Vorgangsbearbeitung die Produktivität um 30 Prozent.

Mit immer weniger Umsetzungskosten möglichst viele Arbeitsplätze schaffen und sichern, ohne dass die Servicequalität darunter leidet - so könnte man umschreiben, warum die Landesagentur für Struktur und Arbeit Brandenburg GmbH (Lasa) sich 2005 entschloss, ein medienbruchfreies Workflow-System einzuführen. Seit Anfang 2007 arbeiten die 130 Mitarbeiter in der Potsdamer Zentrale sowie den Regionalbüros für Fachkräftesicherung in Cottbus, Eberswalde, Frankfurt/ Oder, Luckenwalde und Neuruppin "papierlos": Alle Geschäftsprozesse werden elektronisch erfasst, verwaltet, verarbeitet, bereitgestellt, gespeichert und archiviert.

Projektsteckbrief

Projektart: Einführung eines Dokumenten-Mangement- und Workflow-Systems.

Branche: öffentlicher Dienstleister.

Zeitrahmen: Projektbeginn Anfang 2006, Produktivbetrieb Anfang 2007.

Produkte: Mach Information-Manager von Mach Software, Windows 2003 Server Standard, Citrix Metaframe, Oracle 10g, Dell Poweredge 1850 und 2850.

Die Lasa im Überblick

Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanzieren, Kommunen bei der Einbindung von Arbeitsfördermitteln in ihre Infrastrukturentwicklung unterstützen, vorhandene Arbeitsplätze durch Weiterbildung stabilisieren und dem Fachkräftemangel in Brandenburg begegnen - darin sieht die Landesagentur für Struktur und Arbeit Brandenburg GmbH (Lasa) ihr tägliches Geschäft. Der arbeitsmarktpolitische Dienstleister des Landes Brandenburg legt einen Schwerpunkt seiner Tätigkeit auf die Qualifizierung von Mitarbeitern aus kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) und dem öffentlichen Bereich sowie auf Menschen, die sich selbständig machen wollen. Rund 29000 Personen werden jährlich gefördert.

Integration ist wichtig

Als Softwarebasis entschied sich die Lasa für den "Mach Information-Manager" von Mach Software. Das Server-Betriebssystem ist Windows 2003 Server Standard, die Datenbank Oracle 10g. Vorausgegangen war eine beschränkte Ausschreibung mit öffentlichem Teilnehmerwettbewerb. Bei der Auswahl fielen vor allem der Integrationsgrad der Lösung, die Verknüpfung von Dokumenten-Management, Vorgangsbearbeitung, Archivierung und Finanzsicht sowie die Web-Fähigkeit der Software ins Gewicht.

Eine zentrale Rolle spielen Verfügbarkeit und die Sicherheit der Systeme. Der Zugriff wird auf verschiedensten Ebenen durch Firewalls begrenzt. Auf dem Datenbank-Server kommen Cluster-Lösungen zum Einsatz, die das System bei Hardwareausfällen und während Wartungsphasen vor Ausfallzeiten schützen sollen. Die Datenhaltung kann sowohl in einem Datenspeichernetz (SAN) als auch über eine externe Storage-Einheit laufen.

Einen der Projektschwerpunkte bildet die Neuorganisation des Fördermittel-Managements. Die Kunden der Lasa sollen ihre Fördermittel künftig so beantragen können, wie sie heute einen Flug im Internet buchen. Damit das bei jährlich rund 3000 Anträgen reibungslos funktioniert, werden nicht nur Dokumenten-Management, Workflow und Archivierung in ein gemeinsames System integriert; auch die Module für den Bereich Mittelplanung, - bewirtschaftung und -kontrolle sind schnittstellenfrei anzubinden.

Der Zugang des Antragstellers zum neuen Verfahren entspricht zunächst dem klassischen E-Government; über ein Portal auf der Internet-Seite der Lasa gibt er seine Daten ein. Der Unterschied liegt im Hintergrund: Die Daten werden online an das Vorgangsbearbeitungssystem übergeben. Die Antragsprüfung und Genehmigung der Fördermittel erfolgt durchgängig Workflow-gestützt.

Nur ein Stück Papier

Für die Antragssteller hat das zwei Vorteile. Zum einen müssen sie nicht persönlich anwesend sein, zum anderen beschleunigt sich die Entscheidung, ob eine Förderzusage erteilt wird oder nicht. Es entsteht nur ein einziges Stück Papier: eine kompakte einseitige Zusammenfassung des Antrags, die unterschrieben der Lasa zugehen muss, damit die Rechtsverbindlichkeit gemäß Landeshaushaltsordnung hergestellt ist. Fände die digitale Signatur eine breitere Nutzerakzeptanz, könnte das System jederzeit darauf umgestellt werden.

Auch die Auszahlung der Fördergelder läuft automatisiert und ohne Medienbruch ab. Der Antragsteller fordert seine Mittel über das Portal an, und die Lasa zieht die benötigten Gelder per Lastschrifteinzug bei der Landeshauptkasse Brandenburg ein. Auszahlungen werden direkt aus dem jeweiligen Vorgang ausgelöst. Auch die Verwendungsnachweise können über das Portal eingereicht werden.

Ein weiterer Vorteil des Systems: Auf die Auskunftswünsche ihrer Kunden kann die Lasa künftig flexibel reagieren. Neben der Informationsmöglichkeit über das Portal soll ein Call-Center für einen zweiten Zugangsweg sorgen. Dort greifen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf die elektronische Akte zu.

Heimarbeit für die Motivation

Von den rund 30 Beschäftigten im Bereich Fördermittel-Management nutzt gut die Hälfte heimische Telearbeitsplätze. Der Browser-Zugriff auf das Fördermittel-Management erlaubt eine flexible Zeiteinteilung, was den Arbeitsplatz beispielsweise für erziehende Mütter attraktiv macht. Das motiviert und steigert die Leistung. Im Vergleich zu "normalen" Büroarbeitsplätzen konnte die Lasa die Produktivität hier um rund 30 Prozent erhöhen. Ganz zu schweigen davon, dass jeder Tele-Arbeitsplatz dazu beiträgt, die Mietkosten zu reduzieren.

Die Mitarbeiter in Potsdam haben über das lokale Netz unmittelbaren Zugriff auf die Mach-Software. Die Telearbeitsplätze sind zurzeit mit mindestens 64 Kbit angeschlossen. Der Zugriff erfolgt über "Citrix Metaframe".

Virtuelle Poststelle

Ein Grundpfeiler der internen Neuorganisation ist - neben der papierlosen Antragsbearbeitung - die zentrale virtuelle Poststelle. Für eingehende Papierdokumente stehen zwei Scan-Arbeitsplätze zur Verfügung, an denen alle relevanten Dokumente nach dem Eingang konsequent erfasst werden. Eine einheitliche Mail-Adresse soll künftig dazu beitragen, dass die Lasa auch ihren E-Mail-Verkehr in den Griff bekommt. Gleichzeitig wird die Prozesssicherheit erhöht: Kein Schriftstück geht mehr verloren, und jede Mail wird weiterbearbeitet - dank einer Vertretungsregelung im System sogar im Krankheitsfall. Da sich alle Unterlagen revisionssicher speichern lassen, können die Kosten für eine Auslagerung in ein Papierarchiv entfallen.

Erweiterungen geplant

Die Umstellung auf das papierlose Büro betrifft alle Mitarbeiter und Geschäftsprozesse - von A wie Antragsverfahren bis Z wie zentrales Veranstaltungs-Management. Deshalb hat die Lasa bei der Softwareauswahl auf zusätzliche Einsatzmöglichkeiten des Systems großen Wert gelegt. Im Bereich Studien lässt sich beispielsweise die Literaturdatenbank integrieren. Eine hybride Verwaltung der Bestände wird ebenso unterstützt wie eine schlagwortgestützte Suche und eine einfache Bibliotheksverwaltung. Um das Know-how der Mitarbeiter zu bündeln, kommen Wissens-Management-Funktionen zum Einsatz.

Das bestehende Intranet auf Basis eines Content-Management-Systems (CMS) soll später ebenfalls durch die Software ersetzt werden, da sie Funktionen wie beispielsweise ein elektronisches "schwarzes Brett" enthält. Kleine Dienstleistungen wie Krankmeldungen, Urlaubsanträge sowie die Betriebsmittelplanung werden vollständig elektronisch ablaufen.

Skeptische Mitarbeiter

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Lasa standen dem Projekt neugierig, aber auch mit Skepsis gegenüber. Um die Akzeptanz für diese umfassende Veränderung der Arbeitsweisen sicherzustellen, war ständige Kommunikation notwendig. Die Vorteile des neuen Standards - beispielsweise im Bereich Wirtschaftlichkeit - wurden deutlich gemacht, aber auch die Einwände ernst genommen.

Zudem werden die technischen Voraussetzungen für den Erfolg geschaffen. Beispielsweise wurden im Bereich Antragsbearbeitung 24-Zoll-Bildschirme angeschafft, damit zwei Dokumente parallel einsehbar sind. Die Möglichkeit, am Bildschirm zu vergleichen, bedeutet eine zusätzliche Motivation, künftig auf die Druckfunktion zu verzichten. (qua)