Der Kurs der Motorola-Aktie profitiert vom Telecom-Geschaeft

27.08.1993

Seitdem die Motorola-Aktien von der Boerse nicht mehr als Halbleiterwert, sondern als Telekommunikationstitel betrachtet wird, hat sich der Kurs verdreifacht. Auch an dieser Stelle wurde der Titel mehrfach empfohlen. Anleger sollten jetzt an ihrem Motorola-Engagement festhalten beziehungsweise nach Rueckschlaegen aufstocken. Falls es im Herbst zu einem spuerbaren Kursrueckgang an der US-Boerse kommt, was vor dem Hintergrund der Geldmengenentwicklung nicht unwahrscheinlich ist, duerfte sich eine neue Kaufgelegenheit ergeben, die noch nicht engagierte Anleger nutzen sollten. Dann koennten die Motorola-Aktien naemlich etwa 20 Prozent unter den heutigen Kursen zu haben sein.

1993 duerfte der Gewinn je Aktie bei drei Dollar liegen. Damit ist der Titel zwar verhaeltnismaessig hoch bewertet, die Einschaetzung erscheint aber angesichts des anhaltenden Umsatz- und Gewinnwachstums gerechtfertigt.

Motorola ist in den Bereichen Mobiltelefon, Kommunikation und Speicherelemente taetig. Jedes dieser drei Segmente traegt etwa zu einem Drittel zum Umsatz bei, der sich im laufenden Geschaeftsjahr auf voraussichtlich 16 Milliarden Dollar belaufen duerfte. Die Schaetzungen fuer 1994 liegen bei knapp 18 Milliarden Dollar.

Fuer das zweite Quartal des laufenden Geschaeftsjahres konnte Motorola einen um 57 Prozent gesteigerten Gewinn vermelden. Bei einem Umsatz von 3,9 Milliarden wurden 224 Millionen Dollar Gewinn nach Steuern erwirtschaftet. Mit 83 Cents je Aktie lag der Profit ueber den ohnehin optimistischen Schaetzungen der meisten Branchenanalysten. Das Ergebnis spiegelt hoehere Nachfrage nach Kommunikation, Mobiltelefonen und Halbleitern wider. Bei Mobiltelefonen alleine stiegen die Auftraege im zweiten Quartal um 68 Prozent.

Interessanterweise erscheint Motorola verhaeltnismaessig konjunkturunanfaellig geworden zu sein. Auch im rezessionsgeplagten Europa nahm die Nachfrage nach Mobiltelefonen deutlich zu. Im europaeischen Markt moechte Motorola neben Ericsson der beherrschende Player werden. Dazu muesste Nokia, insbesondere im Infrastrukturgeschaef,t abgehaengt werden. Dies ist auch das ehrgeizige Ziel der European Cellular Infrastructure Division des Konzerns. Motorola sieht in diesem Segment der GSM-Netze (Global System for Mobil Communication) die groessten Wachstumsraten fuer den Konzern in der Zukunft.

In Deutschland werden die beiden GSM-Netze von der Mannesmann Mobilfunk GmbH und der Telekom aufgebaut. Motorola rechnet fuer 1993 in Europa mit einem Umsatz von 500 Millionen Dollar fuer Sende- und Empfangsstationen. Schon in wenigen Jahren sollte der Umsatz fuer digitale Kommunikation in Europa jaehrlich bei deutlich ueber einer Milliarde Dollar liegen. In Deutschland sind die Amerikaner, die schon mehrere 100 Millionen Dollar in die Entwicklung dieser Netze investiert haben, neben Philips, Siemens und Alcatel Lieferanten fuer das D1-Netz der TeleKom. In Grossbritannien wird Motorola etwa 70 Prozent der Basisstationen fuer den Netzwerkbetreiber Cellnet liefern.

Langfristig interessant ist hierbei die Partizipation an den Gebuehreneinnahmen. In der Vergangenheit war die Motorola-Aktie starken Kursschwankungen ausgesetzt, was mit der zyklischen Ertragsentwicklung im Halbleitergeschaeft zusammenhing. Durch das allmaehlich zunehmende Gewicht des Gebuehrenaufkommens fuer den Unternehmensgewinn sollte sich die Entwicklung jedoch festigen.

Nach der Veroeffentlichung der guten Zahlen fuer das zweite Quartal 1993 hat der Kurs noch einmal kraeftig angezogen. Jetzt sollte den Notierungen nicht hinterhergelaufen werden. Wer einsteigen moechte, sollte erst nach einer faelligen Kurskorrektur kaufen.