Anforderungen a Multifunktionsterminals:

Der Kommunikationsanschluß ist unabdingbar

09.09.1983

Multifunktionsterminal oder Arbeitsplatzcomputer ist ein schillernder, und noch sehr unklarer Begriff; drei Fachleute um einen Tisch haben drei Meinungen, bei mehr Fachleuten werden es noch mehr. Fragt man nun Unternehmensberater und Marktforscher, so sieht es nicht viel besser aus. In letzter Zeit ist man sich immerhin zunehmend darüber einig, daß heute ein Kommunikationsanschluß unbedingt zur Multifunktionalität dazugehört. Es reicht nicht mehr alleine aus, Text und Daten zu integrieren und das entstandene Terminal als multifunktional zu benennen.

In verschiedenen wissenschaftlichen Berichten wird immer mehr der Ausdruck "Multifunktionsterminal" als Kommunikationsendgerät gebraucht und zugleich von den bisherigen deutlich abgegrenzt. So gibt es drei verschiedene, auch als Arbeitsplatzcomputer bezeichnete Terminals:

1) Textautomaten,

2) Personal Computer,

3) Kombination von 1) und 2), Multifunktionsterminals, wie wir sie bisher genannt haben, mit Telekommunikationsdiensten zur Übertragung über Telefonleitung und/oder lokale Netze.

Bei dem unter 3) bezeichneten Terminal werden also gleichzeitig Sprache und Daten, eventuell auch Graphik, Bild oder Bewegtbild übertragen. Als Übertragungsmodem wird nicht nur ein lokales Netz verwendet, sondern auch die Telefonleitung, das heißt, der verdrillte zwei- oder mehradrige Draht. Bisher war üblich, wenn man Daten über das Telefonnetz schickt, sie durch einen Modemanschluß übertragen zu lassen; der Telefondraht war also entweder für Sprache oder Daten offen. Neben dieser klassischen Modemtechnik werden als zusätzliche Übertragungsmöglichkeit neben dem Vier-kHz-Sprachband ein oder mehrere Datenbänder gleichzeitig übermittelt. Diese Art der Sprach- und Datenübertragung wird bisher mit dem amerikanischen Ausdruck Value-Added Network Service bezeichnet. Sie hat heute aber nur einen sehr gegangen Anteil, da verschiedene Postverwaltungen sich noch nicht klar dazu ausgesprochen haben.

Die International Data Corporation (IDG) hat ermittelt, daß 1982 von der Gesamtübertragung im lokalen Bereich noch 67 Prozent im Basisbandverfahren auf Koaxialkabel vorgenommen wurde und nur 27 Prozent über verdrillte Telefonleitung; allerdings soll der Anteil des Telefondrahtes bis 1988 auf 60 Prozent anwachsen. Da fragt man sich unwillkürlich, woher diese krasse Veränderung kommt. Der Telefondraht ist seit langem bekannt, also nichts Neues. Aber in Kürze wird es Arbeitsplatzrechner mit Kommunikationsanschluß geben, die nicht nur Sachbearbeitern, sondern auch Führungskräften als Terminal dienen. IDC hat also per definitionem bei diesen neuen Rechnern mit Kommunikationsanschluß erstmalig die Führungskräfte in den Kommunikationsbereich mit eingeschlossen.

Es herrscht kein Zweifel: Hierfür sind Arbeitsplatzcomputer oder multifunktionale Terminals, die neben Sprache, Daten, Text, Nachrichtenvermittlung mit Informationsspeicherung (sogenannte Message Handling Systems oder Electronic Mail) ermöglichen, notwendig,

Mitel war einer der ersten, der einen solchen Arbeitsplatzcomputer vorstellte. Heute bauen andere Anbieter ähnliche Terminals, und bald werden wir diese "Advanced Work Stations" in drei Gruppen einteilen können.

Ausgangspunkt für eine Klassifizierung muß aber der jeweilige Benutzer sein. Seit längerer Zeit hat es sich schon eingebürgert, die Anwender in vier Hierarchiegruppen einzuteilen:

1. Ausführungsebene: Schreibkräfte, Sekretärinnen und ähnliche Tätigkeiten;

2. Sachbearbeiter mit Fachaufgaben: Buchhalter, Schalterdienst, Organisatoren;

3. Mittleres Management: Abteilungsleiter, Ressortchefs;

4. Spitzenmanagement.

Für diese Gruppen ergeben sich nun Terminals, die nach Art der Aufgaben unterschiedlich sein können:

a) Textautomaten, die alle Funktionen neben dem Text erledigen - für die Gruppe 1) in der Hierarchiestufe;

b) Arbeitsplatzcomputer - für die Gruppe 2) in der Hierarchiestufe;

c) Multifunktionale Terminals und gleichzeitig Kommunikationsendgeräte - für die Gruppen 3) und 4).

Natürlich schwankt die Gruppeneinteilung von Unternehmen zu Unternehmen, aber folgende Dienste müssen unbedingt für diese Aufgaben eingeschlossen sein:

- Telefondienste in jeder Weise mit Konferenzmöglichkeiten, Sprachspeicherung, Sprachumleitung und Anrufverteilung, also noch mit weit mehr als es die Bundespost in den Nebenstellenanlagen der Ausstattung 2 fordert.

- Elektronische Nachrichtenvermittlung mit Informationsspeicherung, womit alle Text-, Speicher- und Verteilsysteme mit Briefkastenfunktion (sogenannte Store-and-Forward-Systeme) behandelt werden. Hierzu gehört auch der Teil des Bildschirmtext-Dienstes, der solche Aufgaben lösen kann.

- Teletex.

- Kalenderdienst und andere Aufgaben, die man heute bereits mit Arbeitsplatzcomputern lösen kann.

Wegen der verschiedenen Postvorschriften innerhalb der Europäischen Gemeinschaft und auch gegenüber den USA ist dieser Markt noch sehr unübersichtlich. Deshalb sind alle Anwendungen mit größter Aufmerksamkeit vorzubereiten: Es nützt nämlich nichts, wenn in den Unterlagen eines Herstellers ein Leistungsmerkmal herausgestellt wird, das in einem anderen Land wegen der Vorschriften nicht realisierbar ist.

Darüber hinaus ist hierbei die anwendungsorientierte Einteilung der Aufgaben wichtig. Dabei ergeben sich doch recht deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Terminalarten - unabhängig davon, ob heute unser Netz noch analog ist oder teilweise digital, oder später von digitalisiert mit dem ISDN.

Das Telefon wird für den Anwender gleichermaßen funktionieren, ob es sich nun um ein digitales Gerät handelt oder um ein klassisches Telefon. Die Aufgaben, die ein solches Terminal zu lösen hat, klären sich heute und werden morgen mit technologisch fortschrittlichen Methoden gelöst. Wichtig aber ist, daß nicht ein Gerät den Erfolg einer Arbeit ausmacht, sondern die Organisation und die Software, die erst den optimalen Einsatz ermöglichen.

Dr. Carl Friedrich Schuh ist Unternehmensberater in Nürnberg.