Der Klügere gibt nicht nach

11.10.2006
Von Veronika Renkes
Wer verbale Angriffe von Chefs und Kollegen duldet, macht sich zum willfährigen Opfer. Konflikte sollten im persönlichen Gespräch gelöst werden.

Der morgendlichen Konferenz blickte Lothar Meyer, langjähriger Mitarbeiter im Verkauf, arglos entgegen. Sichtlich gut gelaunt eröffnete sein Geschäftsführer die Sitzung, Meyer lehnte sich wie viele seiner Kollegen entspannt in seinen Sessel zurück - bis der Chef plötzlich wie aus dem Nichts heraus mit monotoner Stimme in seine Richtung sagte: "Das hier ist kein Rentnerparadies. Aus dieser Firma kann nichts werden, wenn Schlafmützen wie der Meyer für den Verkauf zuständig sind." Einige Kollegen sahen betreten vor sich hin, andere grinsten schadenfroh in sich hinein und Lothar Meyer biss die Zähne zusammen und schwieg. "Dieser Chef wird immer so weitermachen, es sei denn, das Opfer seiner Attacken wehrt sich", lautet die kurze Situationsanalyse von Ingo Vogel, Rhetoriktrainer aus Esslingen.

Hier lesen Sie ...

- wie man sich zur beliebten Zielscheibe von Kollegen und Chefs machen kann;

- wie man auf ärgerliche Kunden reagieren sollte;

- warum das eigene Verhalten ein wichtiger Schlüssel ist, um Probleme mit den Kollegen zu lösen.

Ingo Vogel, Rhetoriktrainer: "Kaum ist ie Konfliktsituation vorbei, fallen vielen die klügsten Antworten ein. Gut vorbereitet ist halb bestanden."
Ingo Vogel, Rhetoriktrainer: "Kaum ist ie Konfliktsituation vorbei, fallen vielen die klügsten Antworten ein. Gut vorbereitet ist halb bestanden."

Für Vogel steht fest: Wer vor verbalen Attacken zurückweicht, hat das Nachsehen. Dabei ist es gar nicht so einfach, auf Angriffe von Kollegen und Chefs angemessen zu reagieren und Konflikte auszufechten. Das kostet Überwindung und verlangt starke Nerven. "Deshalb" - so hat Vogel beobachtet - "neigen die Betroffenen dazu, Augen und Ohren fest zuzudrücken, gerade wenn die Angriffe eher subtil daherkommen. Mit diesem Verhalten ziehen sie unvermeidlich den Kürzeren." Laut Vogel können die Betroffenen trainieren, Konfliktpotenziale früh zu erkennen und diese direkt mit den beteiligten Kollegen oder Vorgesetzen zu besprechen.

Gut vorbereitet ist halb gewonnen

Übung macht also den Meister - und ohne sie stehen viele Menschen bei verbalen Angriffen auf dem Schlauch: "Kaum ist die Konfliktsituation dann vorbei, fallen ihnen die klügsten Antworten ein. Doch im direkten beruflichen Kontext, sei es in Bewerbungsgesprächen oder in Team- oder Projektbesprechungen sind sie wie auf den Mund gefallen". Deshalb empfiehlt Rhetoriktrainer Vogel: "Gut vorbereitet ist halb bestanden. Man sollte sich genau überlegen, was man sagen möchte, was der Gesprächspartner erwidern könnte und wie man selbst darauf reagiert."