Der kleine juristische Unterschied

18.01.2006
Von Wolfgang Fritzemeyer
Shared Service Center sind mit Outsourcing-Projekten vergleichbar - mit einigen rechtlichen Besonderheiten.
Die Zentralisierung von Unternehmensfunktionen in einem Shared Service Center ist mit dem externen Outsourcing vergleichbar. Unter juristischen Gesichtspunkten gibt es einige Besonderheiten zu beachten.
Die Zentralisierung von Unternehmensfunktionen in einem Shared Service Center ist mit dem externen Outsourcing vergleichbar. Unter juristischen Gesichtspunkten gibt es einige Besonderheiten zu beachten.

Für Groß- und größere mittelständische Unternehmen ist eine Alternative zum externen Auslagern die Einrichtung eines Shared Service Center. Wie beim Fremd-Outsourcing werden auch hier Funktionen wie die Lohn- und Reisekostenabrechnung, Call-Center- und IT-Betrieb unter einem Dach zentralisiert. Dabei werden typischer-, aber nicht notwendigerweise Vermögensgegenstände (Assets) zumeist gebündelt und in einen eigenständigen Rechtsträger eingebracht. Oft ist das mit einem Ortswechsel, auch über Grenzen hinweg, verbunden. Die für die auszugliedernden Abläufe erforderlichen Vermögensgegenstände werden im Rahmen eines Asset Deal auf den neuen Rechtsträger übertragen.

Hier lesen Sie …

• welche rechtlichen Überlegungen im Vorfeld wichtig sind;

• welche Bedeutung die Due Diligence hat;

• welche Rolle der Datenschutz spielt;

• wie eine konzerninterne Auslagerung rechtlich erfolgt;

• wie ein Shared-Services-Vertrag gestaltet wird.

Die rechtlichen Gesichtspunkte

• Sektorspezifische Einschränkungen: Die Möglichkeiten und Grenzen richten sich auch nach dem betroffenen Sektor.

• Standortspezifische Erfordernisse: Bei Einrichtung von Servicezentralen im Ausland sind - bereits vorab - gesetzliche und administrative Vorgaben des jeweiligen lokalen Rechts zu berücksichtigen.

• Steuerrechtliche Rahmenbedingungen: Wichtig ist, die steuerrechtlichen Konsequenzen in die Überlegungen zur Standortwahl einzubeziehen, gleichfalls eventuelle Steuerbefreiungen wie auch eine mögliche Gewährung von Fördermitteln.

• Lizenzrechtliche Überlegungen: Es ist zu prüfen, ob bestehende Lizenzvereinbarungen weitergeführt und nur umgestellt werden müssen oder ob eine Neuverhandlung von Verträgen erforderlich ist.

• Datenschutzrechtliche Vorgaben: Die strengen Vorgaben des deutschen Datenschutzrechts sind auch beim rein konzerninternen Datenaustausch zum und vom Shared Service Center zu beachten.

• Arbeitsrechtliche Konsequenzen: Auch im Rahmen eines Shared-Services-Konzepts sind die arbeitsrechtlichen Betriebsübergangsregeln zu beachten.

Mehr zum Thema

www.computerwoche.de/go/

569632: Lücken im Outsourcing-Paragrafen;

557721: Outsourcing - auch eine Lizenzfrage.

Mit der Bündelung von Funktionen im eigenen Shared Service Center erhalten die Eigentümer ihren unternehmerischen Einfluss und die Kontrolle. Doch auch bei diesem internen Outsourcing sind die juristischen Hürden für Implementierung und Betrieb eines Shared Service Center nicht zu unterschätzen. Dazu zählen auch arbeitsrechtliche Fragen, die aber nicht Gegenstand dieses Beitrags sind.

Die Konsolidierung einzelner Betriebsteile, die oft über mehrere Länder verstreut sind, verlangt die vorherige Überprüfung, ob die Übertragung der betreffenden Vermögensgegenstände besonderen Voraussetzungen, insbesondere auch Formvorschriften, unterliegt. Die Vertragsparteien sollten zudem eruieren, ob die Vermögensgegenstände auch wirklich im Volleigentum des Unternehmens stehen. Oftmals sind Geräte nur geleast; eventuell sind sie auch in Finanzierungskonzepte eingebunden und dienen als Kreditsicherheiten. Hier ist an das Mitwirken und die Zustimmung von Leasing- und Kreditgebern zu denken.

Laufende Verträge prüfen

Weiterhin ist rechtzeitig zu untersuchen, welche laufenden Verträge weiterbetrieben, umgestellt oder gekündigt werden sollten, Letzteres mit der eventuellen Konsequenz des Abschlusses neuer, möglichst kostengünstigerer Verträge. Bei einer Weiterführung und reinen Übertragung des Rechtsverhältnisses auf das Shared Service Center sind üblicherweise Schwierigkeiten seitens der Vertragspartner nicht zu erwarten. Anders verhält es sich selbstverständlich bei einer eventuellen Umstellung, vor allem aber bei einer vorzeitigen Auflösung von Rechtsverhältnissen, falls eine solche in den betreffenden Verträgen nicht ausdrücklich vorgesehen ist.

Insbesondere den Softwarelizenzen, aber auch Gebäude- und Gerätemiet- wie auch Versicherungsverträgen gilt das Augenmerk. Um diese Rechtsfragen und möglicherweise daraus entstehende Kosten einschätzen zu können, ist es ebenso wie im Fremd-Outsourcing angeraten, eine Legal-Due-Diligence zu betreiben. Hierbei erörtern interne oder externe Juristen die bei dem Ausgliederungsvorgang zu beachtenden Rechtsfragen. Ihre Aufgabe ist es insbesondere, die maßgeblichen existierenden Verträge in Augenschein zu nehmen, um den Entscheidungsträgern des Unternehmens eine Einschätzung der rechtlichen und der daraus möglicherweise folgenden wirtschaftlichen Risiken zu geben.

Aufsichtsbehörden informieren

Der nächste Schritt bei der Implementierung eines Shared Service Centers ist die Entscheidung darüber, welche Dienste in welcher Form und an welchem Standort zentralisiert werden sollen. Das deutsche Recht - wie im Übrigen das Recht anderer Staaten ebenso - sieht für die Auslagerung mancher Dienste in bestimmten Sektoren besondere Einschränkungen vor. So unterliegen etwa Banken und andere Finanzdienstleister speziellen Regelungen hinsichtlich der gesicherten Ausübung ihrer Aufsichtspflichten. Führt der Betrieb eines Shared Service Center etwa zu einem grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr, sind diese Institutionen verpflichtet, dies der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ("BaFin") detailliert mitzuteilen. Für Dienstleistungen im Rechnungswesen oder Services, die dem Geheimnisschutz unterliegen, existieren besondere Regelungen.

Eine weitere Hürde stellt der Datenschutz dar. Dienste, die sich mit der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von personenbezogenen Daten befassen, unterliegen strengen gesetzlichen Bestimmungen, selbst wenn der Datenaustausch ausschließlich innerhalb des Konzerns stattfindet, denn das deutsche Datenschutzrecht erkennt kein Konzernprivileg an. Auch bei der internen Auslagerung ist es wichtig zu ermitteln, wer die Verantwortung für die Nutzung der Daten trägt. Sollte das Shared Service Center beauftragt sein, Daten zu bearbeiten, kann je nach Umfang der Auslagerung sowohl eine "Auftragsdatenverarbeitung" als auch eine "Funktionsübertragung" vorliegen. Für Letztere ist ein datenschutzrechtlicher Erlaubnistatbestand erforderlich, für Erstere nicht.

Gibt es Fördermittel?

Die Wahl der Rechtsform eines Shared Service Centers hängt maßgeblich von Kapitalisierungs- und Haftungsfragen, maßgeblich mitbestimmt von den gesetzlichen Vorgaben des betreffenden Standorts. Nicht unwesentlich wird auch die Frage sein, ob mit öffentlichen Fördermitteln oder Steuerbefreiungen gerechnet werden kann. Nach deutscher Rechtslage, die sich mit der Situation in vielen anderen Staaten deckt, kann die Ausgliederung von Betriebseinheiten auf zwei Wegen erfolgen: Entweder wird jeder Vermögensgegenstand - sei es auch im Rahmen eines einheitlichen Vertrags - einzeln übertragen. Das erfordert zumindest nach deutschen Rechtsvorgaben ein hohes Maß an Konkretisierung der betroffenen Assets.

Oder man beschreitet den Weg, den das deutsche Umwandlungsgesetz (UmwG) vorsieht, das eine Ausgliederung von Betriebsteilen im Rahmen einer "Abspaltung" von Unternehmensteilen regelt. Nach dem UmwG können Kapitalgesellschaften (wie GmbH, AG und KGaA) sowie Personengesellschaften (wie OHG und KG) ihre Vermögenswerte, Betriebe und Betriebsteile ganz oder teilweise auf einen oder mehrere Rechtsträger übertragen, ohne dass der übertragende Rechtsträger erlischt. Als Gegenleistung erhält das übertragende Unternehmen dann einen Anteil an dem übertragenden Rechtsträger.

Aus Gründen der Transparenz und Rechtssicherheit, aber auch aufgrund steuerrechtlicher Notwendigkeiten ist es zwingend, die vertraglichen Beziehungen zwischen Shared Service Center und internen Kunden eindeutig und nachvollziehbar zu gestalten. Eine solche Vereinbarung wird typischerweise ein Rahmenvertrag sein, in den sich - als dessen Anlagen - Einzelverträge zur Regelung der Übertragung der Hardware, Software und Dauerschuldverhältnisse (Miete, Leasing, Wartung etc.) sowie der Datenschutzfragen und der Bedingungen der künftigen Leistungserbringung (samt Service-Levels) einklinken. Insbesondere wenn Konzerngesellschaften in mehreren Ländern betroffen sind, wird sich eine solche Vertragsstruktur anbieten.

Obwohl die Verlagerung von Funktionen in ein Shared Service Center und das externe Outsourcing große Gemeinsamkeiten zeigen, sind die Unterschiede aus juristischer Sicht nicht unerheblich. Dies gilt sowohl für die Vorbereitung, die Due Diligence als auch für die Implementierung und den Betrieb. Das Vorhaben sollte nicht ohne qualifizierte interne oder externe juristische Beratung betrieben werden. Und dies gilt insbesondere dann, wenn das Shared Service Center auch externen Kunden Dienste anbietet. Dritten gegenüber müssen die einschlägigen rechtlichen Erfordernisse bedacht, bei der Umsetzung berücksichtigt und beim Betrieb im Auge behalten werden. (jha)