EDV Studio Ploenzke präsentiert neue Analyse von DBDC-Systemen:

Der Integrationsgrad bestimmt den Nutzen

31.10.1986

WIESBADEN - Bei Datenbank-Herstellern zeichnet sich in der Summe der Produkte zunehmend eine Angleichung der angebotenen Leistungen ab. Die Unterschiede bestehen oftmals nur in der Verteilung der Funktionen auf die einzelnen Komponenten. Zu diesem Ergebnis kommt das EDV Studio Ploenzke in seiner jüngsten Analyse von DB/DC-Systemen.

Wer heute vor der Aufgabe steht die betriebsindividuell optimale DB/DC-Lösung auszuwählen, steht vor kniffligen Problemen: Einmal gilt es, eine Entscheidung zu treffen, die für rund ein Jahrzehnt die informationstechnologische Unternehmensstruktur wesentlich beeinflußt. Zum anderen muß enormes Detailwissen über die verfügbaren Systeme gesammelt werden, um qualifizierte Vergleiche anstellen zu können.

Gleichwohl wächst der Entscheidungsdruck unablässig - denn: Moderne Datenbanktechnologien sind organisatorisch so notwendig und ökonomisch so unverzichtbar wie noch nie zuvor. Die integrierte Informationsverarbeitung löst zunehmend die klassische Computernutzung ab. Dabei setzt sich immer eindeutiger die Erkenntnis durch, daß DB/DC-Systeme das Fundament für eine effiziente Anwendungsentwicklung darstellen.

Einer der riskantesten Fehler bei der Systemauswahl liegt wohl im Ignorieren des Integrationsgrades der in Frage kommenden Produkte. Die Autoren der DB/DC-Analyse appellieren denn auch an Manager und DV-Entscheider: "Eine Datenbank, mit der Sie für die Zukunft gerüstet sein wollen, sollte vor allem ein Problem meistern: Das Datenbank-Management-System, das Data Dictionary und die Software-Entwicklungs-Tools müssen so integriert sein daß sie ein einfaches Zusammenspiel dieser drei Komplexe in der täglichen Arbeit zulassen -soweit das nach dem heutigen Stand der Technik möglich ist . . . Bei einer Systementscheidung sollten Sie diesem Aspekt absoluten Vorrang einräumen." Diese Priorität wurde auch in der Arbeit des EDV Studio Ploenzke deutlich: Mittels 3000 Einzelkriterien, mit denen sie insgesamt 26 DB/DC-Systeme sowie DB-Sprachen durchleuchteten, widmeten sie dem Integrationsgrad ihr besonderes Augenmerk.

In einem "Management Summary" am Beginn ihrer Expertise gelangen sie zu folgenden Ergebnissen: Insgesamt ist eine zunehmende Produktintegration festzustellen. Vor allem die Hersteller von Datenbanken bieten gleichzeitig DC-Systeme, eine oder mehrere DB-Sprachen und ein integriertes Data Dictionary an. In der Summe der Produkte zeichnet sich eine Angleichung der angebotenen Leistungen ab. Die Unterschiede bestehen oftmals nur in der Verteilung der Funktionen auf die einzelnen Komponenten. Das heißt zum Beispiel, daß die fehlende Prüfung von Integritätsbedingungen im Datenbank-Verwaltungssystem durch entsprechende Hilfen einer passenden Sprache ausgeglichen wird.

Obwohl die meisten in der Studie erfaßten DB-Sprachen ursprünglich an ein Datenbank-Management-System gebunden waren, öffneten in letzter Zeit viele Hersteller ihre Produkte für den Einsatz auf anderen Datenbank-Verwaltungssystemen und bieten entsprechende Schnittstellen an. Kommentieren die Wiesbadener DV-Experten: "Diese Portabilität kann von Bedeutung für Anwender sein, die in einer Übergangsphase mit mehreren Datenbank-Management-Systemen leben müssen, aber dennoch eine Vereinheitlichung der Anwendungsentwicklung erreichen wollen."

Bei DC-Systemen scheint sich ein unabweisbarer Konzentrationstrend durchzusetzen. Wie in der Studie ausgeführt wird, reduziert sich die Auswahl immer mehr auf lediglich zwei Produkte: CICS in der IBM-Welt und UTM in der Siemens-Umgebung. Im Hinblick auf die verteilte Datenverwaltung erlauben es mehrere DB-Systeme, voneinander unabhängige, auf verschiedenen Rechnern gespeicherte Bestände von anderen Computern aus zu verwalten und zu verarbeiten. Weitergehende -Verteilungsmechanismen sind in der Entwicklung begriffen - so die Aufteilung und Verarbeitung voneinander unabhängiger Bestände und die redundante Speicherung auf mehreren Rechnern sowie deren konsistente Führung. Indes diagnostizieren die Ploenzke-Mannen: "Ein noch fernes Ziel ist die automatisch optimierte Verarbeitung von , Transaktionen und Abfragen auf solchen verteilten Systemen."

Als weitere Tendenzen kristallisierten sich in der Studie eine erhöhte Transparenz der physischen Datenorganisation, eine stärkere Datenunabhängigkeit der Programme, eine Vereinheitlichung der Datenmanipulationssprache und ein ausgereifter Datenschutz heraus. Der Benutzer kann mit Hilfe "mächtiger" Datenmanipulationssprachen ohne profunde Kenntnisse der physischen Datenorganisation seine Auswertungen oder Programme schreiben. Gleichwohl bleibt die Bedeutung der Potentiale in der Datenorganisation und des physischen DB-Designs für die Performance-Optimierung erhalten.

Als Folge der erhöhten Transparenz der physischen Datenbankorganisation läßt sich bei den meisten Systemen "eine zufriedenstellende Unabhängigkeit der Programme von den Datenstrukturen des DB-Systems erkennen." Sie können geändert werden, ohne daß man deswegen auch die Programme variieren müßte. In einigen Systemen sind dazu allerdings gewisse Regeln zu beachten - so dürfen bestimmte Strukturierungsmöglichkeiten nicht genutzt werden.

"Die im Zusammenhang mit dem Relationen-Modell entstandene Sprache SQL entwickelt sich immer mehr zum De-facto-Standard für die Datenmanipulation aus Programmen" erklären die DB/DC-Analytiker. SQL-Schnittstellen werden von vielen Herstellern entweder bereits angeboten oder derzeit entwickelt. Diese Sprache trägt wesentlich dazu bei, die seit langem anvisierte Datenunabhängigkeit zu erreichen - denn: Sie erlaubt dem Anwender eine Formulierung seiner Informationswünsche, ohne den aufwendigen Weg der Datenbereitstellung gehen zu müssen.

Die Datenschutzfunktionen sind in allen von der Studie erfaßten Systemen für die routinemäßigen Anwendungen voll ausreichend. "Darin haben die DB-Systeme einen ansehnlichen Reifegrad erreicht. Unterschiede bestehen lediglich in der Flexibilität und in den Administrationsmöglichkeiten des Zugriffsschutzes." Auch die Erhaltung der operationalen Integrität (Ablaufintegrität) wird bei allen Systemen als zufriedenstellend bezeichnet. Automatisches Wiederanlaufverfahren, Datensicherungsfunktionen und Protokollierungsmethoden sind bei sämtlichen in die Untersuchung einbezogenen Herstellern vorhanden und gut ausgebaut.

Indes wird die Erhaltung der semantischen Integrität, so kritisieren die Autoren, nur in Ansätzen angeboten - sie bleibt auf Sicht weitgehend eine Aufgabe der Anwendungsprogrammierung. Dennoch zeichnet sich hier ein Schwerpunkt in der Entwicklungsarbeit der Hersteller ab. Die angestrebten Lösungen sind unterschiedlich - im Visier sind beispielsweise eine funktionale Erweiterung des Datenbank-Management-Systems, der Einsatz eines aktiven Data Dictionary oder die Bereitstellung entsprechender Mittel der Datenmanipulationssprache.

Insgesamt ermittelte die Ploenzke-Studie eine Verlagerung der Entscheidungsfaktoren für die Auswahl von DB/DC-Produkten. Klassische Kriterien wie Datenstrukturen, Performance oder Reorganisations- und Tuning-Hilfen treten in den Hinterrund. Hingegen gewinnen die Portabilität des Systems, die Zukunftsorientierung des Produktkonzepts und die Effizienzsteigerung der Anwendungsentwicklung an Gewicht.

DB/DC-Produkte erobern neue Einsatzbereiche

"Diese Leistungsverbesserung läßt sich aber nur dann voll erreichen, wenn nicht einzelne Produkte, sondern das volle Spektrum von DBMS, DC-Systemen, Data Dictionaries und Datenbanksprachen betrachtet wird", so das Resümee der Untersuchung. Schließlich sind Werkzeuge, die den Entwicklungsprozeß von der Formulierung der Systemanforderungen bis zur Implementierung durchgängig unterstützen, ein zusätzlicher Aspekt, wenn eine optimal arbeitende und qualitativ hochwertige Anwendungsentwicklung erreicht werden soll.

Dabei spielt die Strategie der Informationsverarbeitung eine entscheidende Rolle für die Auswahl der DB/ DC-Produktpalette. Genauer gesagt: Die professionelle Planung bei der klassischen Anwendungsentwicklung, der individuellen Datenverarbeitung, den verteilten spezialisierten Systemen und der Koexistenz von alten, neuen und standardisierten Applikationen entscheidet darüber, welche DB/DC-Produkte im Unternehmen optimal zur Wirkung gelangen können.

In einem Ausblick heben die Autoren hervor, Büro-Systeme, Software-Produktionsumgebungen, CAD/ CAM-Technologien und Expertensysteme würden im Hinblick auf den DB/DC-Einsatz künftig rasch an Bedeutung zunehmen. Diese Nutzungen unterscheiden sich in einigen wesentlichen Merkmalen von den typisch kommerziellen Einsatzbereichen wie etwa Finanzbuchhaltung, Auftragsabwicklung, Personalwesen oder Produktionsplanung und -steuerung, wo die heute verfügbaren DB/DC-Systeme hauptsächlich benötigt werden.

Sogenannte "Non-Standard-Anwendungen" sind gekennzeichnet durch wesentlich größere Objekte, die in der Datenbank abzuspeichern sind - aber auch durch komplexere Strukturen, vielfältige semantische Integritätsbedingungen, eine Variantenverwaltung, aufwendige Transaktionen und eine spezielle Hardware (zum Beispiel Arbeitsplatzrechner oder Grafiksysteme).

Da die vorhandenen DB-Systeme diese Anforderungen nur eingeschränkt erfüllen, wird an entsprechenden Weiterentwicklungen zügig gearbeitet, wobei zwei Haupttendenzen hervortreten: Einmal versucht man, durch den kombinierten Einsatz der heute gegebenen Systeme, Techniken und Werkzeuge ein Gesamtsystem zu erstellen, das die wesentlichen Merkmale hinsichtlich Funktionalität und Leistungsumfang der Non-Standard-Anwendungen erfüllt. So können bereits heute durch DB-Systeme, Data Dictionaries und Sprachen der vierten Generation entsprechende Software-Entwicklungs-Umgebungen geschaffen werden.

Zum anderen ist man auf dem Wege, durch eine Erweiterung bestehender oder durch die Entwicklung beziehungsweise Implementierung neuartiger Datenmodelle sogenannte Non-Standard-DB-Systeme zu erstellen, die jedoch auch die kommerziellen Applikationen unterstützen sollen. Die Wertung der Ploenzke-Forscher: "Beide Entwicklungsrichtungen können voneinander profitieren, indem die theoretischen Erkenntnisse oder technischen Möglichkeiten der einen in der jeweils anderen entsprechenden Niederschlag finden."

Wie das EDV Studio betont, war es nicht das Ziel der Untersuchung, positive oder negative Empfehlungen bezüglich bestimmter Produkte abzugeben oder etwa eine Rangliste durch Notenvergabe aufzustellen.

Vielmehr ist die Studie als Hilfsmittel für eine DB/DC-Produktauswahl gedacht: "Aus dem aufgestellten Fragenkatalog läßt sich ein unternehmensspezifischer Anforderungskatalog erarbeiten und die Beantwortung der gestellten Fragen zeigt, in welchem Umfang die gewünschten Kriterien von den einzelnen Systemen erfüllt werden."

Die Studie liegt in drei Lose-Blatt-Ordnern vor und ist zum Preis von 4900 Mark MwSt. bzw. 4400 Franken beim EDV Studio Ploenzke Wilhelmstraße 48, 6200 Wiesbaden, erhältlich.