Krisengerüchte um deutsche Dependance

Der Gewinn der IBM Deutschland wird sich voraussichtlich halbieren

16.10.1992

STUTTGART (CW/vwd) - Die Baisse der IBM Corp., deren Aktie am vergangenen Freitag in New York mit 78,5 Dollar auf einem Zehnjahrestief notierte, wirkt sich einem "Spiegel"-Bericht zufolge auch bei der deutschen Tochtergesellschaft aus. Das Nachrichtenmagazin beruft sich auf Schätzungen von IBM-Insidern, die für 1992 einen Rückgang des Jahresüberschusses um 46,1 Prozent auf 255 Millionen Mark prophezeien.

IBM-Unternehmenssprecher Stefan Schütz wollte die Prognosen zum Jahresüberschuß nicht kommentieren, erklärte aber, daß wahrscheinlich mit einem Rückgang zu rechnen sei. Allerdings ließen sich nach Ablauf von neun Monaten noch keine genauere Angaben machen. Was die Geschäftsentwicklung angehe, verwies er auf die Aussage von Deutschland-Chef Hans-Olaf Henkel, nach der die IBM eher "in Moll als in Dur gestimmt" sei. Beim Inlandsumsatz werde ein ähnliches Niveau erwartet wie im Vorjahr.

Damit verstärke sich, so der "Spiegel" weiter, der Druck auf Henkel; bei der angekündigten Aufsplittung der deutschen Niederlassung in eine Holding und sieben weitere Gesellschaften (siehe auch CW Nr. 27 vom 3. Juli 1992, Seite 2) werde es nicht bleiben. Sei das Unternehmen erst einmal zerlegt, "können einzelne Teile um so leichter aufgegeben werden", berichtet das Nachrichtenmagazin.

Die Betriebsräte der Werke in Sindelfingen und Böblingen würden bereits auf Sozialpläne drängen, weil sie Massenentlassungen befürchteten. Diese Angst scheint nicht unbegründet, produzieren doch die deutschen Werke um 15 bis 20 Prozent teurer als ihre Schwestern in den USA und Japan.

Deshalb seien die Tage der deutschen Fertigung gezählt, die Technologiewerke von Sindelfingen besonders gefährdet. Außerdem, so das Nachrichtenmagazin weiter, werde es höchstwahrscheinlich für die Produktion der 4-Mbit-Speicher keine Nachfolge geben. Die 16-Mbit-Chips will IBM im französischen Werk Essones fertigen.

Laut Schütz stellt sich das Thema, "Sozialplan" bei der IBM deshalb nicht, weil keine Entlassungen vorgesehen seien. Die laut "Spiegel" für das kommende Jahr angestrebte Zahl von 25 000 Mitarbeitern treffe nicht zu, so der Sprecher weiter. "Das sind sogar noch ein paar zuviel." Die angegebene Zahl von 31 500 Beschäftigten zum Ende 1991 schließe nämlich alle Teilzeitkräfte und temporär Angestellte ein. Tatsächlich hätte das Unternehmen zu diesem Zeitpunkt 26 600 Vollzeitkräfte beschäftigt. Rechne man den Abbau von 2000 Stellen zum Jahresende 1992 ein, umfasse die Gehaltsliste nur noch 24600 Leute.