Der ganze Mensch auf einem Chip

10.08.2005
Von Johannes Klostermeier
Bundesinnenminister Otto Schily fühlt sich durch die Terroranschläge in seiner Entscheidung bestätigt, den elektronischen Reisepass mit biometrischen Merkmalen einzuführen. Datenschützer sind indes skeptisch.

Hier lesen Sie…

  • welche Ziele die Bundesregierung mit der Einführung des elektronischen Reisepasses verfolgt;

  • wie die Prozedur der Identifikation ablaufen soll;

  • warum Datenschützer größte Bedenken haben;

  • inwiefern Deutschland mit dieser Regelung auf Linie mit europäischem und internationalem Recht liegt.

Der neue elektronische Reisepass speichert Bild und später auch Fingerabdrücke auf einem RFID-Chip.
Der neue elektronische Reisepass speichert Bild und später auch Fingerabdrücke auf einem RFID-Chip.

Am 1. November 2005 ist es so weit: Die von diesem Zeitpunkt an ausgegebenen Reisepässe in Deutschland werden einen Funkchip (Radio Frequency Identification = RFID) enthalten, auf dem zusätzlich zu den bisherigen Passdaten auch ein digitales Foto gespeichert ist. Ab März 2007 sollen in den "ePässen" dann auch die digitalisierten Merkmale von zwei Fingerabdrücken dazukommen.

Alles begann nach dem 11. September 2001. Der Terroranschlag auf das World Trade Center in New York veranlasste Regierungen und Parlamente in aller Welt, neue Sicherheitsgesetze zu entwerfen. Das hierzulande im Januar 2002 in Kraft getretene Terrorismusbekämpfungsgesetz (TBG) sieht die Aufnahme der biometrischen Merkmale von Fingern, Händen oder Gesicht in Pässe und Personalausweise vor.

Fast drei Jahre später regelte der Europäische Rat in der Verordnung 2252/2004 vom 13. Dezember 2004 auch europaweit die Einführung eines neuen EU-Reiseasses mit biometrischen Daten des Inhabers. Spätestens Ende August 2006 werden demnach die rund 450 Millionen EU-Bürger, sofern sie einen Neuantrag stellen, einen ePass mit integriertem RFID-Chip im oberen Umschlagdeckel erhalten. Darauf wird zunächst ein Passfoto ("Gesichtsbild") des Besitzers digital im JPEG-Format gespeichert. Bis spätestens Januar 2008 sollen laut der Verordnung digitalisierte Fingerabdrücke dazukommen.

Deutschland ist also wesentlich früher dran als die EU-Nachbarn. Schily entspricht damit Forderungen der Vereinigten Staaten, die auf allen ab dem 26. Oktober 2005 ausgestellten Reisepässen biometrische Daten sehen wollen. Nur für Inhaber solcher Pässe sei von diesem Zeitpunkt an weiterhin eine Einreise ohne Visum möglich, hieß es. Die Frist, von der 27 Länder - darunter 15 EU-Staaten des "Visa Waiver Program" - betroffen sind, wurde inzwischen um ein Jahr verlängert.

Photo-Shooting an der Grenze