Der Flurfunk sendet oft zuerst

16.11.2005
Von Götz Ulbrich
Der Erfolgsfaktor Mensch wird in vielen Auslagerungsvorhaben verkannt. Nicht selten scheitern Projekte, weil die Mitarbeiter schlecht informiert wurden.
Wer die Mitarbeiter zu früh informiert, verwirrt sie, wer sie zu spät informiert, verärgert sie. Auch die interne Kommunikationspolitik sollte geplant werden.
Wer die Mitarbeiter zu früh informiert, verwirrt sie, wer sie zu spät informiert, verärgert sie. Auch die interne Kommunikationspolitik sollte geplant werden.

Erfolg im Outsourcing beruht auf Mitarbeiterkommunikation. Zu diesem Schluss kommen immer mehr Unternehmen - insbesondere solche, die bereits (negative) Erfahrungen mit der Auslagerung von Teilbereichen gemacht haben. In der Anfangszeit des Outsourcings wurden die betroffenen Angestellten so spät wie möglich informiert. In der Gerüchteküche brodelte es daher wochenlang, bis die Unternehmensführung die Mitarbeiter über die anstehenden Maßnahmen in Kenntnis setzte, ohne sie allerdings in den Prozess einzubinden. Vielmehr wurden sie vor vollendete Tatsachen gestellt. Die Folge: Mitarbeiter verweigerten ihre Unterstpützung für das aufoktroyierte Projekt. Die Manager haben verkannt, dass Demotivation und Know-how-Verlust nicht nur das Outsourcing-Projekt zum Scheitern bringen, sondern auch dem gesamten Unternehmen schaden können.

Hier lesen Sie …

• warum Outsourcing-Deals häufig gescheitert sind;

• weshalb eine Einbindung der Mitarbeiter für den Projekterfolg wichtig ist;

• an welchen Stellen externe Berater helfen können.

Chancen und Risiken

Chancen der Mitarbeiter:

- Neue Karrierechancen für Mitarbeiter durch neues Arbeitsumfeld.

- Neue, spannende Aufgaben.

Risiken für Mitarbeiter:

- Unruhige Phase im Unternehmen.

- Unklarheit über Gehalt, Zukunft und Karriere.

- Kein "kurzer Dienstweg" mehr zu ausgelagerten Mitarbeitern.

Chancen der Unternehmen:

- Kosten werden transparent, plan- und kontrollierbar.

- Synergieeffekte durch bessere Ausnutzung der Arbeitskraft.

Risiken für Unternehmen:

- Ein Know-how-Verlust ist unvermeidlich.

- Abhängigkeit vom Dienstleister.

Informationsfluss gestalten

Um die Mitarbeiter frühzeitig in ein geplantes Outsourcing-Projekt einzubinden, haben sich folgende Maßnahmen bewährt:

• Direkt nach Vertragsabschluss informieren;

• Diskussions- und Informationsveranstaltungen betreiben;

• regelmäßige Newsletter anbieten;

• Befragungen zur Stimmungslage betreiben;

• Betriebsrat einbeziehen;

• ständig verfügbare Ansprechpartner von altem und neuem Arbeitgeber bestimmen.

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567012: Personalkosten lassen sich kaum drücken;

566799: Sorgfalt zahlt sich aus.

Eine Befragung von Logica CMG hat Anfang des Jahres gezeigt, dass 97 Prozent der betroffenen Arbeitnehmer in Deutschland Angst vor dem Wechsel haben. Die Mitarbeiter brauchen eine gewisse Zeit, um sich mit der neuen Situation anzufreunden, daher ist es sehr wichtig, sie frühzeitig über die Outsourcing-Pläne zu informieren. "Es gilt, den Gerüchten zuvorzukommen", erklärt Klaus Handick, Practice Head IT Transformation bei BT Germany. "Sobald die ersten Ergebnisse verfügbar sind, sollten die Mitarbeiter in den Prozess einbezogen werden." Andererseits sollten Unternehmen ihre Pläne unter Verschluss halten, solange sie noch keinen geeigneten Partner gefunden haben. Ohne konkrete Information fördere man nur die Unsicherheit, warnt der BT-Manager: "Ein gutes Timing ist immens wichtig." Doch eine Faustregel für die erforderliche Vorlaufzeit kennt auch er nicht - zu unterschiedlich sind die Unternehmen und ihre Belegschaften.

Das A und O: Die Kommunikation

Neben dem Zeitpunkt sind natürlich auch Umfang und Inhalte der übermittelten Informationen entscheidend und sollten in einem Kommunikationskonzept festgehalten werden. Gibt die Projektleitung zu viel preis, läuft sie Gefahr, unter den betroffenen Mitarbeitern Verwirrung zu stiften oder sogar die Verhandlung mit dem Dienstleister zu stören: Viele Details sind für die Mitarbeiter nicht relevant, etwa das Pricing. Bei zu spärlichem Informationsfluss wiederum fühlen sich die Angestellten rasch übergangen und nicht wertgeschätzt. Es ist daher ratsam, so früh wie möglich ein Projektteam aus Unternehmensvertretern und Outsourcing-Dienstleister einzurichten. Dieses erarbeitet ein detailliertes Modell für die Auslagerung, das unbedingt auch ein Kommunikationskonzept enthält. Ziel ist unter anderem, um Verständnis für die anstehenden Maßnahmen zu werben.

"Die Beweggründe des Managements müssen nachvollziehbar sein", sagt Frank Hillenberg, Senior Consultant bei Unilog Avinci und Experte für Outsourcing-Projekte. "Wenn das Outsourcing aus sachlich einsichtigen Gründen als unumgänglich akzeptiert ist, können die betroffenen Mitarbeiter besser und konstruktiver damit umgehen." Dieses Verständnis setzt Glaubwürdigkeit voraus, weswegen sich eine Einbeziehung des Betriebsrats von Anfang an empfiehlt. Dieser bildet eine zentrale Schnittstelle zwischen Unternehmensleitung und Belegschaft und kann so gleichzeitig wertvolles Feedback zur Stimmung unter den Angestellten geben. Externe Berater ergänzen das Team und bringen neben der Erfahrung mit ähnlichen Projekten eine neutrale Sichtweise ein. Dadurch eignen sie sich gut als Vermittler und Planer.

Gestatten: Ihr neuer Arbeitgeber

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, den Dienstleister frühzeitig vorzustellen - immerhin handelt es dabei um den neuen Arbeitgeber. Dazu zählen etwa Angaben zur künftigen Hierarchie, zu den Arbeitsabläufen sowie Gehalt, Karriere oder Fortbildungsmöglichkeiten. Es empfiehlt sich daher, dem Dienstleister direkt nach Vertragsabschluss eine aktive Rolle in der Kommunikation zuzuweisen. So sollten bei Informationsveranstaltungen grundsätzlich auch Manager des Dienstleisters auf dem Podium stehen und sich der Belegschaft vorstellen.

BT-Manager Handick fügt hinzu: "Die Erfahrung zeigt, dass in einer solchen Situation grundsätzlich möglichst hochrangige Vertreter zur Belegschaft sprechen sollten. So fühlen sich die Mitarbeiter angemessen gewürdigt und ernst genommen." Mit einer einzelnen Großveranstaltung ist es allerdings nicht getan. Nachdem die Leitung des Outsourcing-Projekts die "Bombe hat platzen lassen", gilt es, insbesondere die betroffenen Mitarbeiter kontinuierlich und umfassend auf dem Laufenden zu halten, beispielsweise mittels eines regelmäßigen Newsletters. Auch Unternehmensführungen beim neuen Arbeitgeber, Einzelgespräche mit zukünftigen Vorgesetzten oder Diskussionsseminare sind sinnvoll, damit die Beschäftigten schon vorab in die neue Unternehmenskultur hineinschnuppern können. Während des gesamten Prozesses sollten ständige Ansprechpartner - sowohl von Unternehmens- als auch von Dienstleisterseite - zur Verfügung stehen, um zusätzlichen Informationsbedarf aufzufangen.

Motivation als Erfolgsfaktor

Die Mitarbeiter und ihr gesammeltes Know-how sind für Unternehmen von entscheidender Bedeutung. Auch bei Outsourcing-Maßnahmen muss es daher Ziel sein, die Mitarbeiter nach dem Übergang zum Verbleib beim neuen Arbeitgeber zu bewegen. Neben rein wirtschaftlichen Möglichkeiten wie Bonuszahlungen oder Gehaltserhöhungen tritt hier beispielsweise die individuelle Förderung und Weiterbildung auf den Plan: Außer ungewohnten Herausforderungen bieten sich den wechselnden Angestellten auch zusätzliche Entwicklungsmöglichkeiten. Dies belegt ebenfalls die eingangs erwähnte Studie: Mehr als drei Viertel der Befragten fühlten sich ungeachtet der ursprünglichen Sorgen in ihrem neuen Berufsumfeld wohler als vorher und stuften ihre Karrierechancen höher ein als beim alten Arbeitgeber. "Das hängt damit zusammen, dass der neue Arbeitgeber Outsourcing oder IT-Dienstleistung fokussiert ist und dadurch mehr Ressourcen, modernere Technik und intensivere Schulung hierfür bereitstellt", erklärt Peter Deusinger, Geschäftsführer HR von Logica CMG Deutschland.

Zur Mitarbeit anregen

Unternehmen, die Outsourcing erwägen, sollten die eigenen Mitarbeiter frühzeitig mit ins Boot nehmen. Grundsätzlich ist es ratsam, die in Frage kommenden Dienstleister auch im Hinblick auf ihren Umgang mit übernommenen Angestellten hin zu vergleichen. BT-Manager Handick rät: "Hier leistet also die Quote von Angestellten, die gehalten werden konnten, gute Dienste als Indiz. Ein professioneller Dienstleister sollte dabei Werte von ungefähr 90 Prozent vorweisen." So kann einem zu großen Know-how-Verlust vorgebeugt werden. Voraussetzung dafür ist die frühzeitige und umfassende Information der Mitarbeiter. (jha)