Autisten im Beruf

Der etwas andere Kollege

19.06.2015
Von Lisa Hegemann

"Das habe ich mir schon gedacht"

Erst zwei Jahre nach seiner Diagnose entschied sich Schmidt dafür, seinen Kollegen davon zu erzählen. Einer sagte: "Das habe ich mir schon gedacht." Sein Chef reagierte mit den Worten: "Das erklärt vieles." Schmidt ist froh, dass er sich für das Outing entschieden hat.

Doch auch, wenn die Toleranz größer geworden sei, habe seine Offenheit nicht unbedingt für mehr Akzeptanz gesorgt. Manche Kollegen sagen, er würde Vorteile durch seine Diagnose bekommen. Schmidt hat beispielsweise ein Einzelbüro, weil er laute Geräusche nicht aushält. Seine Kollegen hingegen müssen sich Büros teilen.

Schmidt erklärt auf einfache Weise, warum Lautstärke für ihn so ein großes Problem ist. Zwar sind Großraumbüros auch für Nicht-Autisten unangenehm. Doch genau das ist der Unterschied: "Für mich ist das nicht unangenehm, sondern schmerzhaft", sagt er. Das könne er über einen kurzen Zeitraum aushalten, aber nicht auf Dauer.

Er berichtet von einer Informatik-Klausur in der Schule, durch die er durchgefallen sei, weil er sich bei dem Lärm der klackernden Tastaturen nicht konzentrieren konnte. In einem Großraumbüro würde es ihm ähnlich gehen. Er hat sogar mal einen Job bei Siemens abgelehnt, weil er dort mit vielen Menschen in einem Raum hätte zusammenarbeiten müssen. An seinem Garagentor in Gadenstedt stellt er seine Besucher darauf ein. Mit einem Schild, auf dem steht: Via Silencia. Weg der Stille.

Nicht immer gibt es für Schmidt nur einen Weg. Für die Kollision zwischen dem Pariser Team-Treffen und dem Firmenlauf ließ sich im vergangenen Jahr zum Beispiel ein Kompromiss finden. Statt zwei Tage in Paris zu bleiben wie seine Kollegen, konnte Schmidt nach dem ersten Tag zurückfliegen, arbeitete am nächsten Morgen im Büro und konnte abends laufen. Wie geplant.