Kurt Rembold gibt Vorstandsvorsitz und Stimmrechte ab

Der Einstieg von Baader hilft Brain nur wenig

24.11.2000
MÜNCHEN (CW) - Die Zukunft von Brain liegt nun in der Hand der Investmentbank Baader. Sie übernimmt ein Drittel der Aktien und die Stimmenmehrheit. Damit soll das verlorene Vertrauen von Kunden und Anlegern wiedergewonnen werden. Analysten bezweifeln, dass das reicht, um Brain wieder auf Kurs zu bringen.

Mit der Baader Wertpapierhandelsbank AG, München, hat Brain International AG, Breisach am Rhein, den lang gesuchten Großinvestor gefunden. Die Bank übernimmt 35,4 Prozent der Aktien und 50,1 Prozent der Stimmrechte an Brain. Mit dem Wandel in der Gesellschafterstruktur wird auch der Vorstand neu organisiert. Ein neuer Finanzvorstand als Nachfolger von Eckhard Rein wird gerade gesucht, und Hans-Peter Eitel löst den bisherigen Vorsitzenden Kurt Rembold ab. Eitel ist zum 1. Oktober zu Brain gekommen und im Vorstand bislang als Entwicklungsleiter tätig.

Umstrukturierung wird fortgesetzt"Mein Ziel ist es, den von Kurt Rembold eingeschlagenen Weg bei der Umstrukturierung von Brain fortzusetzen", kündigt der neue Mann an, also "die Konzentration auf Kernkompetenzen und die damit verbundene Fokussierung des Produktportfolios". Allerdings sei nicht geplant, sich kurz- oder mittelfristig von Geschäftsbereichen zu trennen.

Ganz so rigoros wollen Analysten einen Teilverkauf aber nicht ausschließen. "Baader wird sein Augenmerk wahrscheinlich darauf richten, das Unternehmen finanziell zu konsolidieren", erläutert Matthias Dürr, Finanzanalyst bei der DG Bank: "Womöglich sind auch Verkäufe von Teilen Brains in der Zukunft geplant." Wichtiger als der Einstieg des Finanzinvestors ist nach Ansicht eines weiteren Frankfurter Analysten, dass das Restrukturierungsprogramm greift und Brain seine Probleme im Produktbereich in den Griff bekommt.

Das will Eitel nun aus eigener Kraft schaffen: "In den Kerngeschäftsgebieten wie Supply-Chain-Management und ERP-Systeme mit E-Business-Integration werden wir unsere Entwicklungsanstrengungen verstärken, um hier technologisch einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen." Einige Produktbereiche sollen aber durch Partnerschaften abgedeckt werden. So wird Brain künftig die Marktplatzlösung von Commerce One integrieren und mit der Coss Systemtechnik AG, an der Baader ebenfalls eine Beteiligung hält, beim Content-Management zusammenarbeiten.

Genauso wichtig wie die Restrukturierung ist aber auch, das stark beschädigte Vertrauen der Anleger und Kunden zurückzugewinnen. Das ist das Ziel des Baader-Einstiegs. Durch die neue Gesellschafterstruktur dürften endlich Streitigkeiten in Vorstand und Aufsichtsrat der Vergangenheit angehören. Baader kauft die Aktien praktisch aller bisherigen Großaktionäre auf: IBM, Brain-Mitbegründer Thomas Holzer und Schitag, Ernst & Young. Der Noch-Vorstandsvorsitzende Rembold behält zwar sein Aktienpaket von 14,7 Prozent, überträgt aber die Stimmrecht an Baader. Weitere 600000 Aktien erhält Baader aus einer Kapitalerhöhung.

Rembold, der bisherige Vorstandsvorsitzende und letzte aktive Brain-Mitbegründer, ist im Vorstand künftig für "Brain Automotive" zuständig. Dieser Bereich umfasst das ehemalige Rembold+Holzer-Produkt "XPPS". Um den Bereich "Industrie Solutions", der das BIW-Produkt "Brain AS" umfasst, kümmert sich künftig das Vorstandsmitglied Peter Gagg.