Der Diebold-Managementkreis über Technik-Trends:Früchte technischer Kreativität nutzen

15.11.1985

KRONBERG (CW) - Die Wechselbeziehung Technik - Kreativität bildet einen unverzichtbaren Rohstoff. Sie solle deshalb hierzulande stärker gefördert werden. Dies war Ergebnis einer Tagung in Kronberg über "Informationstechnik und Individualität" des Managementkreises der Diebold Deutschland GmbH, Frankfurt/M.

"Im Erfinden von Bedenken sind wir noch Spitze." Diese Feststellung traf Dr. Erich Häußer, Präsident des Deutschen Patentamts, auf einer Tagung des Managementkreises im Diebold-Forschungsprogramm, der im Oktober in Kronberg/Ts. zusammenkam. Häußer forderte in seinem Vortrag mehr Förderung der technischen Kreativität, weil dies der einzige natürliche Rohstoff Deutschlands sei. Dabei beklagte er einen deutlichen Rückgang: Während Japan pro Jahr etwa 280 000 Patentanmeldungen verzeichne, registriere das Deutsche Patentamt nur etwa 70 000. Schwierigkeiten sieht Häußer inzwischen auch in den Möglichkeiten, die weltweiten Patentanmeldungen noch voll zu erfassen. Das gelte sowohl räumlich als auch von dem Problem her, die einzelnen Technikbereiche fachlich im Griff zu haben. Hinzu komme die Tatsache, daß die Patentanmeldungen in technischen Schwellenländern wie Hongkong, Taiwan oder Singapur - von der Sowjetunion ganz zu schweigen - nicht mehr erfaßbar seien. "Wir sind nicht mehr in der Lage, diese Menge zu beherrschen", erklärte Häußer.

Um die Abhängigkeit gegenüber dem grenzüberschreitenden Informationsfluß zu mindern, forderte er die Schaffung einer eigenen Wissensdokumentation in deutscher Sprache. In zehn Jahren sei es möglich, eine halbwegs verläßliche Wissensbasis aufzubauen, an der sich auch Österreich, die Schweiz sowie die DDR beteiligen könnten. Mit diesem Projekt möchte Häußer zugleich den Prozeß aufhalten, bei dem seiner Meinung nach Deutsch als Sprache der Technik verödet.

In diesem Zusammenhang verwies T & N-Geschäftsführer Professor Karl-Ludwig Plank auf die zu geringe Risikofreudigkeit der Großunternehmen. Plank lenkte den Blick auf drohende neue Versäumnisse in der deutschen Industriepolitik: Der mit Frankreich vereinbarte neue Satelliten-Standard erlaube keine Übertragung des hochauflösenden Fernsehens (HDTV). Die deutsche Wirtschaft, so Plank, müsse sich darauf einstellen, daß das HDTV-Geschäft von den Japanern gemacht werde.

Der Managementkreis des Diebold-Forschungsprogramms mit dem diesjährigen Thema "Informationstechnik und Individualität" wollte die Frage klären helfen, ob die Informationstechnik in jedem Fall ein Instrument zur Erzielung von Wettbewerbsvorteilen sei oder ob die Uniformität der Instrumente nicht zu einer Beeinträchtigung der menschlichen Kreativität führe. Letzteres wurde von den Teilnehmern überwiegend verneint. "Je besser die Technik ist, desto mehr müssen wir uns den Menschen zuwenden", forderte Professor Achim Zink, Generaldirektor, Badenia Bausparkasse.

Das Forschungsprogramm vereinigt Anwender und Hersteller der Informationstechnik sowie Institutionen der öffentlichen Hand.