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Xing-Chef

"Der deutsche Markt ist noch lange nicht abgegrast"

14.08.2012
Das deutsche Karriere-Netzwerk Xing ist deutlich kleiner als der US-Rivale LinkedIn, hat sich aber im deutschsprachigen Raum eine profitable Nische gesichert.

Der scheidende Xing-Chef Stefan Groß-Selbeck sprach nach Vorlage neuer Geschäftszahlen mit Andrej Sokolow von der dpa über die aktuelle Geschäftsentwicklung:

Herr Groß-Selbeck, ein wichtiges Standbein für Xing ist das Geschäft mit Personaldienstleistungen für Unternehmen. Bekommen sie da die Euro-Schuldenkrise zu spüren?

Groß-Selbeck: Was wir merken ist, dass unsere Unternehmenskunden eine größere Unsicherheit spüren als noch vor einem Jahr. Das äußert sich darin, dass sie etwas zögerlicher sind beim Einkauf von Stellenanzeigen. Sie wünschen sich größere Zeiträume, um ihre Pakete aus 50 oder 100 Stellenanzeigen zu verwenden - weil sie nicht wissen, wie viele Mitarbeiter sie einstellen wollen in den nächsten Monaten.

Also keine gute Zeit für das Geschäft mit Personalsuche?

Groß-Selbeck: Wir haben in der Vergangenheit gesehen, dass gerade auch in wirtschaftlich schlechten Zeiten die Menschen auf soziale Netzwerke zurückgreifen, um für mögliche Veränderungen bereit zu sein. Wir haben im ersten Halbjahr 436.000 neue Mitglieder allein im deutschsprachigen Raum gewonnen, das ist das stärkste erste Halbjahr seit drei Jahren. Ich glaube schon, dass in Zeiten der Unsicherheit Beziehungen - auch in Sozialen Netzwerken - eine besondere Rolle spielen.

Xing konzentriert sich auf den deutschsprachigen Raum. Das hilft dem Unternehmen zwar, sich wirtschaftlichen Turbulenzen in anderen Regionen zu entziehen - aber ist es nicht auch ein relativ begrenzter Markt, in dem sie aktiv sind?

Groß-Selbeck: Das dauert noch ziemlich lange, bis der deutschsprachige Raum abgegrast ist. Wir haben hier jetzt 5,7 Millionen Mitglieder, der deutschsprachige Raum hat rund 100 Millionen Einwohner, also haben wir eine Marktdurchdringung von knapp sechs Prozent. In den USA oder den Niederlanden liegt dieser Wert für vergleichbare Dienste bei zehn bis 15 Prozent. Ich glaube, dass wir noch erhebliches Wachstumspotenzial in unserem Kerngeschäft haben. Um das Wachstum ist mir nicht bange. Mir ist wichtig, dass wir das solide machen, dass wir mit Gewinn arbeiten und sinnvoll und überlegt investieren.