Der Bildschirm kann den Drucker nicht verdrängen

12.05.1978

MÜNCHEN - "Die einzig echte Innovation im CeBIT fand im Bereich der Drucker statt" - so ein Messebesucher. Tatsächlich drängten dieses Jahr weitaus mehr Interessenten als erwartet auf die Stände der Drucker - Aussteller. "Distributed Processing", "Bildschirme am Arbeitsplatz", "offene und geschlossene Netze" wurden zwar heiß diskutiert, aber damit ist dem Anwender nicht geholfen, den ständig steigenden Papierberg abzubauen. Und so gibt es die "ungeliebte" sechste Kopie der Endlosliste nach wie vor; wird es weiter geben, wie die Europa-Premiere eines neuen Hochleistungsdruckers in Hannover beweist. Der "Traum vom aktenlosen Büro" ist ausgeträumt, wie zwei Anwenderstimmen belegen:

Manfred Vaupel, EDV-Chef der SKF-Kugellager Fabriken in Schweinfurt, verarbeitet heute noch "Unmengen" Papier - und mit ihm die 100 größten Rechenzentren in Deutschland. "Wir versuchen seit etwa zwei Jahren, den Papierberg zu reduzieren. Der Gedanke, diesem Problem mit einer umfassenden Informationsanalyse im gesamten Unternehmen zu Leibe zu rücken, mußte wegen des enormen Arbeits- und Kostenaufwandes fallengelassen werden. Also: Weiterhin in langen Diskussionen um die Daseinsberechtigung jeder einzelnen Liste kämpfen." Auch der Einsatz von Bildschirm-Arbeitsplätzen für die Sachbearbeiter und damit der direkte Zugriff zu allen benötigten Informationen half nicht, die Papierpalette am RZ-Eingang zu verkleinern: "Hat man 200 Bildschirme installiert, befinden sich darunter mit Sicherheit 30 bis 50 Hardcopy-Drucker, die wiederum Papier produzieren helfen."

Die Gleichung "mehr Bildschirme - weniger Papier" geht nach Meinung von Vaupel sowieso nicht auf: "Alle für die Bildschirmverarbeitung neu hinzugekommenen Informationen müssen einmal ausgedruckt werden - vierteljährlich, monatlich, wöchentlich oder sogar täglich."

Und nachdem die Fachabteilungen heute immer anspruchsvoller -weil aufgeklärter - werden, will man da, wo die Listen benötigt werden, keine unleserlichen xten Kopien, sondern arbeitet lieber mit Originalen.

Papieraufwendiges auf Mikrofilm

Wolfgang Koppmeyer, Leiter der Datenverarbeitung bei Schubert & Saltzer in Ingolstadt, sieht jedoch den Drucker heute nicht mehr als Engpaß in der Datenverarbeitung, "was vor etwa fünf Jahren sicher noch der Fall war". Damals stand er selbst vor der Entscheidung, einen zweiten Off-oder Online-Drucker anzuschaffen. Er tat es nicht, denn inzwischen gab es die Möglichkeit, durch Spooling und Power-Betrieb Informationen auf Magnetbändern oder Platten abzustellen und sie erst dann auszudrucken, wenn der Drucker frei war. Später konnte er durch den Einsatz von Bildschirm-Terminals weitgehend auf den Ausdruck von Informationen verzichten: "Zwar hat das Datenvolumen für den direkten Zugriff vom Sachbearbeiter aus zugenommen, gedruckt wird aber wirklich nur noch das, was von der Steuer oder vom Betriebsprüfer für die Ablage gefordert wird." Braucht einer seiner Sachbearbeiter Informationen aus den großen Dateien, so kann er die COM-verfilmten Informationen an seinen Arbeitsplatz holen. Papieraufwendige Listen wie Lagerbestände, Inventurdaten, gesamte Dispositionsübersichten gibt es in Ingolstadt nur noch auf Mikrofiche. Koppmeyer: "Dieses Verfahren ist heute so billig geworden, daß wir auf die Papierausgabe weitgehend verzichten können." Zudem wollen die Fachabteilungen gar keine Endloslisten mehr. Einfach war die Umstellung auf die heutige Organisationsform jedoch nicht. Es gibt immer dann Schwierigkeiten, wenn einem Sachbearbeiter "seine" Liste weggenommen wird. Koppmeyer: "Dann braucht er für diese fehlende sicherlich zwei neue." Sein Rat: "Hier hilft nur eines: Das gesamte Unternehmen umkrempeln und an eine Neuorganisation herangehen."

Ein Bereich seines Hauses wurde kürzlich auf diese Weise reorganisiert. Statt ursprünglich neun unterschiedlicher Formulare mit mehreren Durchschlägen gibt es jetzt nur noch ein Formular mit insgesamt vier Kopien. Alle anderen Informationen kommen über Bildschirm-Terminals zum Mitarbeiter. Auch der Einkauf wird neu gestaltet: "Wir wollen die gesamte Bestelldatei über Bildschirme abwickeln. Künftig werden dort lediglich die Bestellungen - zweifach - ausgedruckt.

Einmal für die zentrale Registratur und einmal für den Lieferanten selber. Der Sachbearbeiter bekommt überhaupt kein Papier mehr zu sehen. "

Im CeBIT interessierte Koppmeyer lediglich eine andere Variante der Papierausgabe: Spezialdrucker, die im Rahmen der zunehmenden Textverarbeitung bei Schubert & Saltzer eingesetzt werden sollen. In diesem Bereich sind die Ingolstädter bereit, mehr Geld auszugeben, da der Output "für die Kunden draußen und nicht für den Papierkorb" bestimmt ist.