Tipps für den Aufbau eines Helpdesks

Der Benutzerservice muss kein Ärgernis sein

12.12.2003
MAINZ (jha) - Kaum ein IT-Bereich in den Unternehmen ist derart vom Outsourcing bedroht wie der User Helpdesk. Die zentrale Anlaufstelle für IT-Probleme und -Fragen gilt als teuer und wenig geschäftskritisch. Viele Schwierigkeiten lassen sich jedoch durch Technikeinsatz und eine bessere Organisation beseitigen.

Besonders der First-Level-Support wird in vielen Unternehmen kritisch betrachtet. Als Kriterium für eine mögliche Auslagerung gilt die Regel: Je anspruchsloser die Arbeiten, desto näher liegt das Outsourcing. Telefonzentralen, deren Tätigkeiten sich darauf beschränken, die IT-Probleme der Anwender entgegenzunehmen, lassen sich am besten auslagern - möglicherweise sogar in europäische Billiglohnländer. Immerhin locken dort Stundensätze, die 80 bis 90 Prozent unter dem hiesigen Lohnniveau liegen.

Probleme im First-Level-Support

In der Praxis sind Entscheidungen selten nach so simplen Mustern zu fällen. "Offenkundig gibt es nur eine Richtung, in die sich der User Helpdesk entwickeln kann: Offshore und damit billiger. Leider steht dem der Kunde im Weg", beobachtet Bernd Enderle, Leiter European Info Center bei der Hewlett-Packard (HP) Deutschland GmbH, Böblingen, anlässlich der jährlichen IIR-Veranstaltung "User Helpdesk Forum 2003" in Mainz. Es hat sich nämlich gezeigt, dass die Mitarbeiter in den Fachabteilungen den unmittelbaren, qualifizierten und persönlichen Kontakt schätzen. Mechthild Mollbach-Elbert, selbständige Unternehmensberaterin für Benutzerservices, bringt es auf den Punkt: "Der Kunde möchte nicht mit Schmidtchen, sondern mit Schmidt sprechen."

Die in vielen Unternehmen praktizierte Arbeitsteilung im Helpdesk - einfache Anfragen werden vom First-, komplexere vom Second-Level-Support bearbeitet - ist mittlerweile umstritten. Dieses hierarchische Konzept ist mit vielen Nachteilen behaftet. Die Fluktuation unter den Mitarbeitern im First-Level-Support ist meistens hoch, daher fällt es schwer, die erforderliche Qualität zu gewährleisten. Je weniger Probleme die Mitarbeiter im First-Level-Support lösen und je unqualifizierter sie die Anfrage zur weiteren Bearbeitung aufnehmen, desto größer wird die Belastung für den Second-Level-Support. Außerdem leidet das Image der gesamten Support-Abteilung.

Passwort-Reset per Spracheingabe

Als bessere Alternative empfiehlt Beraterin Mollbach-Elbert einen User Helpdesk mit Front- und Backend-Strukturen und möglichst qualifizierten Arbeitskräften. Die Arbeitsteilung ist dabei weniger starr als im derzeit üblichen Modell. Nach wie vor gilt das Ziel, die Probleme sofort zu lösen, doch kann nach diesem Modell ein Support-Mitarbeiter in einem Moment mit dem Telefondienst und im nächsten mit der Problemlösung beschäftigt sein, je nachdem, welche Kompetenzen aktuell gefragt sind. Nebenbei reduziert sich bei dieser Arbeitsweise die Zahl der Schnittstellen, an denen es regelmäßig zu Reibungsverlusten und Qualitätseinbußen kommt.

Um Kosten einzusparen sollten zudem wiederkehrende Aufgaben möglichst automatisch erbracht werden. Als eine enorme Belastung für das Budget hat sich in der Vergangenheit beispielsweise immer wieder das Passwort-Reset erwiesen. "Passwort-Reset ist eine teure Sache, durchschnittlich ist es ein- bis zweimal pro Jahr und Anwender fällig", schildert Frank Niedermüller, Projekt-Manager bei T-Systems. Bei rund 10000 Mitarbeitern belasten die vergessenen Kennwörter das IT-Budget seiner Rechnung zufolge mit rund 240000 Euro pro Jahr.

Als sichere und praktikable Lösung hat sich das automatische Passwort-Reset mittels Spracherkennung erwiesen. Dabei werden die betroffenen Anwender auf einen Sprachcomputer umgeleitet, wo sie zufällig zusammengestellte Worte nachsprechen müssen. Der Rechner vergleicht das Stimmmuster mit einer gespeicherten Probe. Die Fehleranfälligkeit dieses Verfahrens liegt laut Niedermüller bei rund sieben Prozent. Dem steht ein Einsparpotenzial von 80 Prozent verglichen mit der herkömmlichen Lösung gegenüber. Aufwändig an diesem Verfahren bleibt Aufbau und Pflege der Sprachdatenbank. Sie muss zum Start einmalig von jedem Anwender besprochen, und in der Folge ungefähr alle zwei Jahre von jedem einzelnen aktualisiert werden, jeweils zusammen mit einem Bürgen.

Grundsätzlich gilt: Je weniger die Kunden in IT-Aufgaben involviert sind, desto besser. Im Zweifel ist die Arbeitszeit in den Fachabteilungen aus Unternehmenssicht wertvoller. Vor diesem Hintergrund sind auch die zunehmend beliebteren Self-Help- oder Self-Service-Dienste alles andere als ein Allheilmittel. Sie entlasten zwar das Helpdesk-Budget, allerdings um den Preis steigender versteckter IT-Kosten im Unternehmen. Hilfe zur Selbsthilfe will sehr gewählt und dosiert angeboten werden. "Wir liefern allgemeine Informationen etwa über neue Viren. Die Self-Help-Dienste bei uns im Haus sind nicht zur Lösung aktueller Probleme gedacht", erläutert Peter Bergmann, Abteilungsleiter Benutzerservice bei Giesecke und Devrient, München.

Echtes Einsparpotenzial liegt hingegen in den Prozessen des Benutzerservice. Als Mittel der Wahl, die Abläufe effizienter und kostengünstiger zu betreiben, hat sich das Regelwerk IT Infrastructure Library (Itil) etabliert - allerdings mit Abstrichen. "Itil kann für Administratoren zur Belastung werden, wenn sie die Abläufe zu starr auffassen", warnt Bergmann. "Es bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten und Praxisbeispielen, wir haben aber eine Reihe von Anpassungen vorgenommen."

Sämtliche Maßnahmen, den internen User Helpdesk kostengünstiger, effektiver und effizienter aufzustellen, sind kein Garant für dessen Verbleib im Hause, denn unterm Strich müssen sich die internen Kräfte immer mit externen Angeboten messen. Die kommen zum Großteil noch aus dem Inland, da die Auslagerung in Offshore-Länder bisher noch an mangelnden Sprachkenntnissen ausländischer Helpdesk-Mitarbeiter scheitert. Wie lange die Sprachbarriere noch hält ist ungewiss, denn in osteuropäischen Ländern wie Tschechien, Slowenien und Polen, wo die deutsche und englische Sprache weit verbreitet ist, entstehen nach und nach Offshore-Möglichkeiten. HP-Manager Enderle dürfte demnach kein Recht haben, wenn er flachst: "Vielleicht treffen wir uns zum User Helpdesk Forum 2010 in Singapur oder Bangalore."