Der Aufschwung zahlt sich für Freiberufler noch nicht aus

12.04.2007
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Holger Eriksdotter ist freier Journalist in Hamburg.
Trotz steigender Nachfrage hinken die Stundensätze der Freelancer dem Aufschwung hinterher, wie eine CW-Diskussionsrunde ergab.

Von Holger Eriksdotter

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Das IT-Freelancer-Portal Gulp vermeldet zwar wieder steigende Stundensatzforderungen von Freiberuflern, aber noch handelt es sich mehrheitlich um Wunschdenken. Die gute Konjunktur im IT-Markt macht sich in der Brieftasche der Freiberufler noch nicht bemerkbar, so das Ergebnis einer CW-Diskussionsrunde.

Gute Auftragslage

"Die Auftragslage ist gut bis sehr gut", sagt Ulrich Bode, Herausgeber des "IT Freelancer Magazins" und selbst Informatiker und Freiberufler, "aber bei den Auftraggebern fehlt noch die Einsicht, dass wieder bessere Zeiten angebrochen sind." Markus Korinth, Teamleiter beim Personalvermittler Pass-IT in Aschaffenburg, bekräftigt: "Der Markt ist aufgeblüht, allein in den letzten Monaten haben wir einen Anstieg der Projektanfragen von rund 30 Prozent verzeichnet." Für die Freiberufler hat er gute Nachrichten: "Ich rechne damit, dass die Honorare spätestens zum Ende des Jahres ansteigen werden."

Nach Ansicht von Marktbeobachtern sprechen viele Gründe dafür, dass die gute Auftragslage anhalten wird. Unter anderem sind es spezifische fachliche Aufgaben und Lastspitzen im wieder anziehenden Projektgeschäft, die für Nachfrage sorgen: "Es gibt spezielle Qualifikationen, die Unternehmen punktuell für ein Projekt benötigen. Für sie lohnt es sich meist nicht, für eine Projektdauer von wenigen Monaten eigenes Know-how aufzubauen", sagt Wolfgang Beier, Personalchef bei Brainforce.

Thomas Algermissen vom Freiberufler-Netzwerk Its-people ergänzt: "Nach Jahren, in denen Systemhäuser Personal abgebaut haben, haben sie jetzt gar keine andere Wahl, als auf Freiberufler zurückzugreifen." Berater Harald Weber sieht es ähnlich: "In den letzten drei Jahren haben enge Märkte zu einer Anpassung auf der Personalseite geführt. Das lässt sich jetzt nicht mehr zurückdrehen." Dabei sei die Entwicklung nicht neu: "Der Trend in den Unternehmen geht eindeutig in die Richtung, Fixkosten abzubauen und sich für Projekte mit zusätzlichem Personal zu flexiblen Ausgaben zu verstärken", hat Algermissen beobachtet.

Die Tendenz zum Near- und Offshoring wird diese Entwicklung in Deutschland nicht bremsen. "Am ehesten wandern einfache Programmiertätigkeiten ins Ausland ab. Deshalb sind bei Freiberuflern andere Fähigkeiten und Qualifikationen wie das Erarbeiten von Konzepten und die Planung von Projektteilen gefragt", so Korinth von Pass-IT. Brainforce-Personalchef Beier sieht den deutschen Freiberuflermarkt nicht vom günstigeren Osten bedroht: "Off- und Nearshoring sind keine Alternativen für das Projektgeschäft, schon wegen der erforderlichen engen Kommunikation."

Qualität hat ihren Preis

Die Freiberufler sollten jedenfalls keine falsche Bescheidenheit an den Tag legen und ihren Anteil am Aufschwung einfordern: "Schließlich sind sie es, die bei nachlassender Konjunktur immer zuerst gehen müssen", resümiert Bode. "Wenn das Geschäft gut läuft, sollten sie die Chance haben, für schlechte Zeiten vorzubauen und sich ein wenig Speck anzulegen." Dieses Argument stößt indes nicht bei allen Auftraggebern auf Verständnis: "Es gibt trotz merklich verbesserter Auftragslage und Personalengpässen in stark nachgefragten Themen selbst jetzt noch Kunden, die die Honorare drücken wollen", schildert Pass-IT-Teamleiter Korinth - eine Einstellung, die möglicherweise auf die Auftraggeber zurückfallen könnte. "Letzten Endes bekommt der Kunde immer das, wofür er bezahlt", ist Algermissen von Its-People überzeugt. Bei guter Auftragslage hieße das eben auch, dass sich gute Freiberufler einen adäquat dotierten Job suchen, und der Kunde, der die Preise drückt, mit genau jenen Qualifikationen zurückbleibt, für die er zu zahlen bereit ist. (hk)